Eine kleine Anekdote zu Beginn: Wer einen Blick auf die Tracktitel der Soundtrackalben der Hobbit-Trilogie wirft, wird merken, dass Shore, wie schon bei der HdR-Trilogie, auf diese Weise viele der Kapitelnamen von Tolkiens Roman untergebracht hat, 14 von 19, um genau zu sein. Für meine abschließende, ausführliche Besprechung von „Die Schlacht der fünf Heere“ habe ich mir die Überschriften der einzelnen Abschnitte dieses Mal vom Soundtrackalbum geliehen, da sie in meinen Augen wirklich wunderbar passen. Wie schon zuvor gehe ich nicht immer ganz streng chronologisch vor, sondern arbeite zum Teil auch nach zusammengehörenden Handlungssträngen. Und wie üblich gibt es zu Beginn einige allgemeine Beobachtungen.
„Die Schlacht der fünf Heere“ umfasst ziemlich genau das letzte Drittel des Romans, nämlich die Kapitel 14 bis 19, und beginnt dort, wo „Smaugs Einöde“ aufgehört hat, was ihm eine Sonderstellung unter allen Mittelerde-Filmen einräumt: Der letzte Teil der Hobbit-Trilogie ist der einzige Film dieses Franchise, der nicht mit einem Prolog in Form eines Rückblicks beginnt. Dies sorgt auch dafür, dass sich „Die Schlacht der fünf Heere“, trotz einer relativ einfach zu identifizierenden und ziemlich klassisch anmutenden Drei-Akt-Struktur, nicht wie ein kompletter Film anfühlt. Der erste Akt besteht dabei aus den ganzen Kriegsvorbereitungen und geht etwa bis zum Auftauchen von Dáin Eisenfuß, der zweite umfasst die titelgebende Schlacht, während der dritte das Finale auf dem Rabenberg und das Ende des Films beinhaltet.
Wie ich bereits in meiner kürzeren Kritik zum Film geschrieben habe, fand ich „Die Schlacht der fünf Heere“ zumindest gelungener als „Smaugs Einöde“ – dieses Urteil gilt vor allem den ersten beiden Akten des Films die, mit Abstrichen und Einschränkungen, im Großen und Ganzen ziemlich gelungen sind. Die meisten Probleme des Streifens häufen sich leider im Finale.
Fire and Water
In Anbetracht des Cliffhangers, mit dem der Vorgänger endete, ist es natürlich naheliegend, dass „Die Schlacht der fünf Heere“ direkt an diesen anknüpft, aber ein wenig fehlt ein Prolog schon. In den Weiten des Internets finden sich da auch durchaus brauchbare Ideen, so wäre es zum Beispiel interessant gewesen, das Treffen der Zwergenfürsten, von dem Thorin in „Eine unerwartete Reise“ erzählt, zu zeigen. Dabei hätte auch Dáin dem Zuschauer gleich vorgestellt werden können. Aber nun gut, dann eben kein Prolog. Stattdessen beginnt Smaug seinen Angriff auf Seestadt direkt. Bei Tolkien wird dies eher distanziert geschildert, was vor allem auch daran liegt, dass im Roman keine Figur dort ist, die den Leser interessiert – Bard wird hier erst vorgestellt. Im Film dagegen ist Smaugs Angriff intensiver und persönlicher gestaltet, und natürlich sind eigentlich sogar zu viele bekannte Figuren hier, neben Bard und seinen Kindern auch Tauriel, Fíli, Kíli, Bofur und Óin. Die Zwerge und Tauriel haben aber kaum etwas zu tun, was mich in meiner Ansicht bestärkt, dass ihr ganzer Subplot im Finale von „Smaugs Einöde“ ziemlich unnötig war.
Den Angriff und die anschließende Drachentötung finde ich im Große und Ganzen eigentlich ziemlich gelungen. Auch hier findet sich bei Tolkien nicht besonders viel, mit dem man arbeiten kann, Bard ist Teil einer Gruppe Bogenschützen und schafft es, Smaug abzuschießen, es gibt keine Windlanze und der schwarze Pfeil ist ein normaler Pfeil für den Bogen. Als Fan von Benedict Cumberbatches Darstellung des Drachen freut es mich, dass er auch noch einmal zu Wort kommen darf. Leider leidet die Szene unter einer für Jacksons Hobbit-Trilogie übliche Überdramatisierung, da Bard die Windlanze nicht erreicht und sich erst einen Ersatz macgyvern muss. Es ist wohl müßig zu erwähnen, dass Bain durch die Aktion eigentlich zumindest eine aufgeschnittene Wange haben sollte, wenn nicht viel mehr.
Smaug (Benedict Cumberbatch) in den brennenden Trümmern von Seestadt
Nun denn, der Drache ist tot, für die Einwohner Esgaroths ist das aber nicht unbedingt ein Grund zu feiern, wer überlebt hat, hat dennoch so gut wie alles verloren, was der Film auch durchaus gut zeigt. Ebenfalls gelungen finde ich, wie Bard sich langsam und widerwillig in seine Führungsrolle einfindet – ganz allgemein finde ich Luke Evans hier noch besser als in „Smaugs Einöde“, er sorgt dafür, dass seine Figur zugleich glaubhaft und bodenständig bleibt, aber genug Charisma besitzt, sodass sich die Menschen von Esgaroth automatisch zu ihm als Anführer gezogen fühlen. Leider tritt an dieser Stelle nun auch einer der Problemfaktoren des Films auf, der den Namen Alfrid trägt. Während Stephen Frys Brügermeister zusammen mit Smaug das Zeitliche gesegnet hat (der Drache ist auf ihn drauf gefallen), hat sein von Ryan Gage gespielter Assistent leider überlebt und bekommt im Rest des Films viel zu viel Leinwandpräsenz, wohl vor allem, um die düstere Stimmung ein wenig mit Humor aufzulockern. Das Problem ist nur: Alfrid ist weder besonders witzig, noch besonders interessant, er ist lediglich ein unsubtiler, übertrieben dargestellter, absolut selbstsüchtiger Speichellecker, dessen Tiraden einfach nicht amüsant sind, selbst wenn er ein Korsett trägt.
Guardians of the Three
Ach ja, da war ja noch ein Subplot, Gandalf ist immer noch in Dol Guldur gefangen. Zum Glück schauen die Mitglieder des Weißen Rates persönlich vorbei, um ihn wieder zu befreien und Sauron auch gleich aus seiner Festung zu werfen.
Über diesen Angriff auf die Festung des Dunklen Herrschers schreibt Tolkien nicht sehr viel, in den Anhängen des HdR findet sich lediglich die Information, dass der Weiße Rat sich endlich darauf geeinigt habe, den Nekromanten anzugreifen, und dass es ihnen gelungen sei, diesen aus Dol Guldur zu verbannen. Wie genau man sich diesen Angriff vorzustellen hat, ob Galadriel und Elrond die Armeen von Lothlórien und Bruchtal in die Schlacht führten oder es sich um eine persönliche Konfrontation handelt, hat Tolkien nie festgelegt. Jackson, Walsh und Boynes entschieden sich letztendlich für Letzteres. Mit der grundsätzlichen Entscheidung bin ich einerseits zufrieden, und ich habe mich auch sehr auf diese Szene gefreut, andererseits ist die Umsetzung allerdings sehr zwiespältig – wie so oft in der Hobbit-Trilogie ist Jacksons mal wieder übers Ziel hinausgeschossen. Das betrifft vor allem die Nazgûl, bzw. den Kampf mit ihnen, und Galadriel. Gerade bezüglich der Ringgeister hätte ich mir etwas Abstrakteres gewünscht – schließlich sollte man sie ja in der materiellen Welt überhaupt nicht sehen können. Zum Beispiel hätten sie als sich verformende, schwarze Schattengebilde dargestellt werden können, quasi als Teile von Saurons Nekromanten-Form. So, wie sie jetzt sind, erinnern sie an die Armee der Toten aus „Die Rückkehr des Königs“, wenn auch weniger grün. Das ist besonders schade, weil sich in dem Begleitbuch „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Kunst & Gestaltung“ einige sehr interessante Entwürfe finden. Auch die Art des Kampfes gegen die Neun behagt mir nicht besonders, die Auseinandersetzung wirkt viel zu Martial-Arts-mäßig und irgendwie schlicht unpassend.
Galadriel (Cate Blanchett), die so aussieht, als sei sie gerade aus einem Fernseher gekrochen
Und schließlich wäre da noch die eigentliche Vertreibung Saurons durch Galadriel. Anders als viele andere finde ich es wenige bedenklich, dass Galadriel den Dunklen Herrscher fast im Alleingang besiegt, wenn man sich den Rest von Tolkiens Legendarium ansieht (ich denke da vor allem an den Kampf Fingolfins gegen Morgoth und die Tatsache, dass die Elbenfürsten des Ersten Zeitalters, zu denen Galadriel letztendlich ja auch gehört, durchaus in der Lage waren, es mit Balrogs aufzunehmen), passt das durchaus, auch wenn ich mir noch ein wenig mehr Zusammenarbeit des Weißen Rates gewünscht hätte. Was mich stört, ist die Art und Weise, wie die Vertreibung inszeniert ist. Oder, genauer: Warum sieht Galadriel aus, als wäre sie gerade aus einem Fernsehr gekrochen, nachdem jemand eine Woche zuvor ein bestimmtes Video angeschaut hat? Galadriel im dunkle-Königin-Modus halte ich an dieser Stelle für fehlplatziert. In „Die Gefährten“ war es die Verführungsmacht des Einen Ringes, der diese Verwandlung bewirkt hat. Hier benutzt sie allerdings nur Nenya, ihren Elbenring, den Sauron niemals berührt hat und über den er nur Macht hat, wenn er den Einen Ring am Finger trägt.
Ein weiteres Problem mit dieser Szene ist, dass sie vom Rest völlig losgelöst scheint und so wirkt, als wolle Jackson sie nur schnell abhaken. Dieser Eindruck entsteht vor allem, weil später praktisch kein Bezug mehr auf sie genommen wird, vielleicht kann die Special Extended Edition hier ja Abhilfe schaffen.
Noch eine kleine Anekdote zum Schluss: Zu Beginn der Szene sieht man kurz den ursprünglichen, von Conan Stevens dargestellten Azog/Bolg. Und ja, ich bin nach wie vor der Meinung dass er weitaus besser gewesen wäre als die jeweilige Motion-Capture-Version der beiden.
Dragon-sickness
Während die heimatlosen Bewohner von Seestadt in den Ruinen von Thal nach Schutz suchen und sich Elbenfürsten, Maiar und Ringgeister in Dol Guldur bekämpfen, nehmen die Zwerge den Erebor in Besitz. In der Tat finden sich hier auch die mitunter besten Szenen des Films, denn die Erebor-Abschnitte gehören ganz eindeutig Richard Armitage, der den immer wahnsinniger werdenden Thorin grandios verkörpert, sowie Martin Freeman, dessen Bilbo konstant mit sich hadert, ob er seinem Freund den Arkenstein nun aushändigen soll oder nicht. Gerade die Eichelszene ist diesbezüglich wunderbar gelungen: So sieht eine gute, passende Erweiterung des Quellenmaterials aus. Genau derartige Szenen hätte es in „Smaugs Einöde“ gebraucht, anstatt der unnötigen Drachenhatz oder des Liebesdreiecks. Auf diese Weise hätte man auch gut die Beziehung Thorin/Bilbo entwickeln können: Am Ende von „Eine unerwartete Reise“ verdient sich Bilbo Thorins Respekt und in „Smaugs Einöde“ steigert sich die gegenseitige Sympathie – um wie viel stärker wären etwa der Höhepunkt von Thorins Wahnsinn (als er versucht ist, Bilbo zu töten), seine Todesszene oder Bilbos Ausspruch bei der Auktion, Thorin sei sein Freund, gewesen, hätte der Aufbau hierfür schon in „Smaugs Einöde“ stattgefunden. Nun ja…
Thorin (Richard Armitage), König unter dem Berg
Was viele in diesem Zusammenhang kritisiert haben, ist Thorins Überwindung der Drachenkrankheit, sowohl was Geschwindigkeit als auch die eigentliche Überwindungsszene anging, wobei ich allerdings ehrlich sagen muss: Das hat mich kaum gestört. In der Tat scheint das vor allem ein Kritikpunkt von Nichtbuchlesern zu sein. Wer Tolkiens Roman kennt, weiß, dass das dort praktisch überhaupt nicht thematisiert wird, Thorins wachsender Wahnsinn wird eher berichtet denn detailliert geschildert, und nachdem Bilbo aus dem Erebor verschwunden ist, gibt es von dieser Front überhaupt nichts mehr, das nächste Mal tauchen Thorin und Kompanie auf dem Höhepunkt der Schlacht wieder auf, und dann gibt es noch eine letzte Unterhaltung zwischen ihm und Bilbo auf seinem Totenbett. Von einer wirklichen Entwicklung oder Überwindung kann hier keine Rede sein, insofern wurde dieser Teil gegenüber der Vorlage schon stark erweitert, und ehrlich gesagt hat mir die Szene mit dem symbolischen Versinken in Gold recht gut gefallen. Hätte Jackson das Ganze noch besser, ausführlicher und subtiler darstellen können? Höchstwahrscheinlich, aber angesichts der anderen Schwächen des Films bin ich mit diesem Subplot im Großen und Ganzen ziemlich zufrieden.
The Gathering of the Clouds
Da ich auch diesen Teil des Films ziemlich gerne mag, fangen wir gleich mit dem Unangenehmen an, nämlich einem weiteren, völlig unnötigen Subplot: Tauriel und Legolas gehen nach Gundabad. Warum? Weil sie bis zum letzten Drittel des Films sonst nichts zu tun haben. Das Beste, was sich über diesen Handlungsstrang sagen lässt, ist, dass er wenigstens nicht viel Platz einnimmt, ansonsten gehört er zu den schlechtesten Streckungen. Schon allein geographisch ergibt das überhaupt keinen Sinn, inhaltlich ist das Ganze auch so unnötig wie ein Kropf (die aus Gundabad kommende Armee wird später von Beorn und den Adlern innerhalb von weniger als fünf Minuten besiegt, sodass es praktisch kaum einen Unterschied macht) und darüber hinaus finden sich hier auch noch mitunter die schlechtesten Dialoge, die Jackson und Co. wohl jemals verfasst haben. „These bats are bred for a single purpose.“ „Which purpose?“ „For war.” In „Die zwei Türme“ war das ähnliche Zitat immerhin noch halbwegs passabel (wenn auch da schon ein wenig plakativ), hier ist der Dialog einfach nur noch peinlich.
Dáin Eisenfuß (Billy Connolly)
Aber wenden wir uns dem angenehmeren Teil zu: Bards weiteres Hineinwachsen in seine Rolle als Anführer, Thranduils Auftauchen, die Kriegsvorbereitungen und letztendlich die Verhandlung – all das hat mir ziemlich gut gefallen, was wohl in erster Linie Luke Evans und Lee Pace zu verdanken ist. Vor allem aber sind dies wirklich sinnvolle Erweiterungen, Tolkien deutet das meiste davon nur an, der Film gestaltet es aus und gerade hier ist das auch ziemlich gut gelungen. Der Höhepunkt ist natürlich Bilbo, der Thranduil und Bard den Arkenstein bringt, allein wegen des Zusammenspiels von Ian McKellen, Lee Pace, Luke Evans und Martin Freeman – das sind die Momente, in denen der Geist der Vorlage am deutlichsten hervortritt und die einem vor Augen führen, wie gut die Hobbit-Filme hätten werden können.
Lediglich Alfrids weitere Präsenz nervt nach wie vor, wobei ich hier differenzieren muss: Es gibt zwei gelungene Alfrid-Szenen, die in der Tat durchaus ein wenig passenden Humor in den Film bringen: Die Elbenarmee, die sich an ihm vorbeigeschlichen hat, und der verschwundene Bilbo. Diese beiden Szenen sind lustig, weil sie nicht erzwungen wirken, sondern natürlich und subtil sind. Alle anderen Auftritte von Alfrid sind dagegen völlig übertrieben und hätten am besten ersatzlos der Schere zum Opfer fallen sollen, vor allem, weil sie Zeit fressen, die an anderer Stelle fehlt. So hätte ich zum Beispiel lieber mehr von Dáin Eisenfuß gesehen. Ja, bei Tolkien bekommt der Herr der Eisenberge auch nicht viel mehr Platz, aber das ist eine Figur, bei der sich Erweiterungen auch wirklich lohnen würden, denn mir gefällt Billy Connollys Interpretation des Charakters durchaus gut (so schottisch). Interessanterweise ist er der erste digitale Zwergencharakter, was mir beim ersten Kinobesuch eher unangenehm aufgefallen ist, während es beim zweiten weniger offensichtlich schien.
The Battle for the Mountain
Die eigentliche, titelgebende Schlacht beginnt, als sich die Heere der Zwerge und Elben (Letzteres unterstützte von den Menschen von Seestadt) gerade aufeinander stürzen wollen und die Orks wie aus dem Nichts auftauchen.
Klären wir nun zuerst einmal, was mit den fünf Heeren überhaupt gemeint ist. Auf der Seite der freien Völker gibt es keine Probleme: Elben, Menschen, Zwerge. Bei den Dienern des Bösen finden sich allerdings Änderungen gegenüber der Vorlage, im Roman waren es ein Wargheer und ein Orkheer, während es hier zwei Orkheere sind, das, mit dem Azog anrückt und das bereits erwähnte Ersatzheer aus Gundabad. Von Wargen ist während der Schlacht im Film überhaupt nichts zu sehen, stattdessen gibt es aber Trolle, die allesamt weitaus weniger beeindruckend sind als ihre Vettern aus der Ring-Trilogie.
Ebenso ist der Grund für das anrückende Orkheer ein anderer. Bei Tolkien ist der auslösende Faktor der von den Zwergen verursachte Tod des Großork. Im Anschluss an diesen versammelt Bolg die Orkstämme des Nebelgebirges und rückt aus, sobald er von Smaugs Ende erfährt. Im Film wird Azog dagegen von Sauron mit der Eroberung des Erebor beauftragt.
Thranduil (Lee Pace), bereit für die Schlacht
Die Schlacht selbst ist, trotz einiger Logikprobleme, ganz in Ordnung, allerdings fehlt ihr sowohl die Intensität der Schlacht um Helms Klamm als auch die schiere Größe der Schlacht auf den Pelennorfeldern. Der interessanteste Aspekt ist, dass die Orks dieses Mal sehr viel strategischer vorgehen, nicht zuletzt Dank einer durchaus ausgefeilten Signalmechanik. Nebenbei, Azog ist in diesem Film optisch eindeutig am gelungensten, vor allem gegenüber „Eine unerwartete Reise“ wurden die Animationen des Charakters noch einmal deutlich verfeinert und mit Rüstung und Schwert-Prothese sieht er um einiges beeindruckender aus.
Leider gibt es immer wieder einige Aspekte, die das eigentlich halbwegs gelungene Kampfgeschehen runterziehen. Muss Dáin wirklich behelmte und gerüstete Orks mit bloßem Schädel ausschalten? Und wozu die Werwürmer (die wirklich verdammt nach „Dune“ aussehen), wenn sie in der eigentlichen Schlacht nicht einmal zum Einsatz kommen?
Aber es gibt aber auch viele gelungene Momente. Besonders einprägsam fand ich Thranduils Schock darüber, wie viele seiner Soldaten getötet wurden, und auch der Ausbruch von Thorin und Kompanie aus dem Berg hatte die gewünschte Wirkung, auch wenn ich an dieser Stelle noch einmal gerne das Misty-Mountains-Thema gehört hätte.
To the Death
Auch wenn die ersten beiden Akte alles andere als fehlerlos waren, waren sie doch zumindest im Große und Ganzen in Ordnung – die meisten Probleme des Hobbit-Finales sammeln sich, wie bereits erwähnt, im dritten Akt. Im Grunde ist es auch hier wieder die Vorlage (und Tolkiens Angewohnheit, sich nicht an dramaturgische Grundregeln zu halten), aus der das grundsätzliche Problem erwächst: Ein wirkliches Finale gibt es dort nicht. Die Schlacht wird sehr distanziert geschildert, vieles erfahren wir sogar erst im Nachhinein, und zu allem Überfluss wird der Protagonist auch noch ohnmächtig. Jackson, Walsh, und Boyens standen nun vor der Aufgabe, aus Tolkiens sehr knappen Schilderungen ein emotional mitreißendes Finale zu machen. Zu diesem Zweck wählten sie einige Figuren aus, die sie von der Hauptschlacht separierten, um ein intimeres und persönlicheres Finale zu bekommen. Dieses findet auf dem Rabenberg statt, bei dem es sich um einen im Roman erwähnten Aussichtsturm handelt, in der Tat verliert Bilbo dort auch in der Vorlage das Bewusstsein.
Azog (Manu Bennett) überblickt sein Heer
Die Probleme des Finales fangen mit der Figurenauswahl an. Dass Thorin, Fíli und Kíli dort sein würden, war ziemlich klar, immerhin müssen sie noch den Heldentod sterben. Als Titelheld des Romans ist auch Bilbos Anwesenheit vonnöten, und dass Azog dort sein würde, war ebenfalls absehbar, denn wer sonst sollte als Thorins Endgegner fungieren? Aber Legolas, Tauriel und Bolg? Natürlich, dies setzt die unnötigen Handlungsstränge aus „Smaugs Einöde“ fort, und auch hier war klar, dass diese irgendwie beendet werden, aber leider mal wieder zugunsten von Charakteren, die die Leinwandzeit viel eher verdient hätten. Die Hauptschlacht vor den Toren des Erebor wird im dritten Akt völlig ausgeblendet, was bedeutet, dass Gandalf, Bard und neun von 13 Zwergen abwesend sind.
Beinahe ebenso problematisch ist, dass sich dieses Finale fürchterlich hinzieht und sich hier fast alle Negativaspekte der Hobbit-Trilogie noch einmal auf einem Haufen ansammeln: Unnötige Actionausdehnung, Stunts weit jenseits jeder physikalischen Glaubwürdigkeit (Legolas rennt eine abstürzende Treppe hinauf, die Feldermausaktion etc.) und die kontraproduktive Charakterisierung.
Werfen wir noch einmal einen Blick auf Tauriel. Wie ich schon mehrfach sagte, bin ich nicht grundsätzlich gegen diese Figur, ich denke, Evangeline Lilly spielt sie ganz in Ordnung, und wäre sie eine hinzugefügte Nebenfigur wie Gamling oder Lurtz in den HdR-Filmen, hätte ich mit ihr sicher kein Problem. Aber so, wie sie im fertigen Film ist, halte ich Tauriel letztendlich für kontraproduktiv, gerade unter dem Gesichtspunkt „weibliche Repräsentation“ bzw. „starke Frauenfigur“ – sie ist ganz schlicht und einfach ziemlich schlecht geschrieben und in die Geschichte integriert. In erster Linie wird sie über ihre Beziehung zu Männern definiert (Kíli, Legolas), verfügt kaum über eigenständige Charaktereigenschaften, muss während des Finales von Legolas gerettet werden und darf dann noch nicht einmal Bolg, der zuvor Kíli getötet hat, selbst den Garaus machen – auch das übernimmt Legolas. Wahrscheinlich überinterpretiere ich nur, aber auf mich wirkt das so, als sei das, was Bolg Legolas angetan hat (die blutige Nase in „Smaugs Einöde“), schlimmer als das, was er Tauriel angetan hat. Das ist wohl kaum im Sinne des Erfinders.
Dabei hätte man aus ihr relativ problemlos einen gut funktionierenden, autonomen Teil der Handlung machen können. Statt der flachen Romanze hätte sie einfach eine junge, aufgeschlossene Elbin sein können, die entdeckt, dass sie Thranduils Abneigung gegen alles nicht-elbische nicht teilt und dass Zwerge durchaus auch anständige Leute sein können. Statt Kíli aus Liebe zu folgen, hätte Thranduil sie (und meinetwegen auch Legolas) damit beauftragen können, den Zwergen zu folgen, schließlich hat er ja durchaus ein Interesse an ihrer Mission. Bei Smaugs Angriff helfen sie den Menschen von Seestadt (indem sie zum Beispiel Bards Kinder retten, ohne Athelas-Heilungsszene und am besten auch ganz ohne zurückgebliebene Zwerge), und anschließend kehren sie nach Smaugs Tod zu Thranduil zurück, um ihm Bericht zu erstatten und dann später mit ihm und der Elbenarmee wieder anzurücken. Während der Schlacht bekommen sie noch ein paar nette Actionszenen, und das war’s dann auch, keine Beteiligung am Finale, keine unverdiente Beförderung zu Hauptfiguren.
Ebenso wirken auch die anderen Kämpfe in die Länge gezogen, und vor allem die Tode von Fíli und Kíli sind erstaunlich unemotional inszeniert, vor allem, wenn man sich da die Todesszenen der HdR-Trilogie vor Augen führt. Und schließlich ist da noch das Auftauchen der Adler und Beorns, das so wirkt, als sei es nur da, weil es im Roman eben an dieser Stelle vorkommt, aber im Grunde macht es keinen Unterschied.
Der mit Abstand gelungenste Augenblick dieses Abschnitts ist Thorins Tod, was abermals vor allem an Richard Armitage und Martin Freeman liegt, zusammen mit der Übernahme von Tolkiens Dialog und dem Rückbezug auf die Eichelszene. Wäre nur der Weg dorthin nicht so holprig gewesen.
The Journey Home
Leider enden die Probleme nicht mit dem Rabenberg. Der Schluss des Films wirkt merkwürdig unfertig. Während Tauriel, Thranduil und Legolas gewissermaßen Abschiedsszenen erhalten, inklusive einer weiteren Holzhammerverbindung zum HdR (was hat Thranduil mit Arathorn zu tun?), kommen viele andere Figuren zu kurz. Bard sehen wir einmal kurz bei etwas, das ein Teil von Thorins Begräbnis sein könnte, und von Dáin bekommen wir auch nichts mehr mit. Dieses Ende wirkt geradezu unzweckmäßig grimmig und zeigt wieder einmal die gespaltene Natur der Hobbit-Filme. Hier haben wir einen Fokus auf Bilbo und den Verlusten. Nach allem, was wir wissen, könnte Dáin genauso gut tot sein, die Linie Durins wäre damit ausgelöscht, was mit Bard und den Menschen von Seestadt passiert, erfahren wir auch nicht, und alles was Bilbo letztendlich davon hat, ist die Bürde des Einen Rings und ein aufgelöster Hausstand. Genau das passt allerdings nicht wirklich zum Rest des Films mit seinem Zwergen-, Elben- und Menschenfokus, den Albernheiten und physikalischen Absurditäten. Natürlich kann eine Mischung aus ernst und humorvoll wirken, aber hier liegen die Pole einfach zu weit auseinander – ein weiterer Grund, weshalb die Hobbit-Trilogie, anders als die Verfilmung des HdR, niemals über die Summe ihrer Teile hinauswächst.
Bilbo (Martin Freeman) ist nicht der, der er einmal war
Bleibt die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Wollte Jackson eine ähnliche Reaktion wie bei „Die Rückkehr des Königs“ verhindern, als viele meinten, der Film habe zu viele Enden? In der Tat gibt es im Roman noch einen ganzen Haufen kurzer Abschiedsszenen, u.a. mit Bard, Thranduil, Beorn und Elrond. Oder waren es doch eher die Verantwortlichen bei Warner, die auf eine bestimmte Laufzeit pochten? Vielleicht schafft es ja die Special Extended Edition, das Ende des Films ein wenig runder zu machen.
Allerdings muss ich sagen, Bilbos Abschied von den Zwergen fand ich extrem gelungen. Optimal gespielt, eine schöne Umsetzung der Szene im Roman, subtil aber gleichzeitig emotional – gerade, wenn man sich den Anfang von „Eine unerwartete Reise“ in Erinnerung ruft. Wenn Bilbo sagt, die Zwerge dürften jederzeit und auch noch unangemeldet bei ihm auftauchen, ist das nach seinen Maßstäben wirklich etwas Besonderes.
Fazit:
Meinen bisherigen Fazits zu „Die Schlacht der fünf Heere“ (und der Hobbit-Trilogie im Allgemeinen) bleibt kaum etwas hinzuzufügen. Während der finale Teil zwar besser gelungen ist als „Smaugs Einöde“, gibt es doch immer noch massive Probleme bei Struktur, Figuren und, vor allem, Gesamtkonzept. Leider lassen sich die Parallelen zu den Star-Wars-Prequels kaum leugnen…
Siehe auch:
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Soundtrack
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 3
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Analytische Rezension
Die Hobbit-Trilogie: Resümee
Nur wurde meiner Meinung nach die PQ immer besser und gerade revenge of the Sith haut einiges raus, während Eine unerwartete Reise, zumindest für mich der deutlich beste teil der Hobbit-Reihe war
Schöne Analyse, die eigentllich alle „Missstände“ aufdeckt und der ich mich so.anschließen würde
Danke.
Stimmt, die Prequels sind qualitativ angestiegen, während die Hobbit-Filme eher wie eine Parabel sind, die allerdings weiter unten aufhört, als sie angefangen. Aber deshalb sind’s auch nur Parallelen 😉
Tolle Analyse (ein paar Tippfehler gäbe es noch auszumerzen… ;)), der ich weitestgehend zustimme! Ich habe den Film allerdings nur einmal gesehen und mir nie die Mühe gemacht, so genau Buch und Film zu vergleichen. Danke, dass du das übernommen hast! 🙂
Insbesondere, was du zu Tauriel, Legolas, Alfrid und Gundabad geschrieben hast, unterschreibe ich ohne Wenn und Aber. Auch finde ich beruhigend, dass du die Tode von Kili und Fili auch als so unemotional inszeniert empfunden hast.
Auch die Stärken des Films (Thranduil, Smaug, Bard, Thorin und Bilbo) sehe ich genauso.
Danke (nach 21 Uhr entfleuchen die Fehler gerne meinem korrigierenden Blick ;))
Schön, dass wir das alles sehr ähnlich sehen.