Klassiker-Review
Story: Nach der Scheidung ihrer Eltern beginnt sich das zwölfjährige Mädchen Regan MacNeil (Linda Blair) ein wenig merkwürdig zu verhalten. Zuerst scheint dies nichts Außergewöhnliches zu sein, doch dann beginnt sich ihre Mutter, die Schauspielerin Chris (Ellen Burstyn), ernsthaft Sorgen zu machen, da sich merkwürdige Vorkommnisse häufen. Nicht nur uriniert Regan während einer Party auf den Teppich und verhält sich ihren Ärzten gegenüber äußerst unflätig, auch mit dem Tod des Regisseurs Burke Dennings (Jack McGowran) scheint sie etwas zu tun zu haben. Die Situation wird immer seltsamer, sodass Chris bald in der Tat glaubt, dass Regan wirklich von einem Dämon besessen ist. Der Jesuitenpriester Damien Karras (Jason Miller), den Chris um Hilfe bittet, will nicht recht an dämonische Besessenheit glauben, doch langsam scheint es für Regans Zustand (die inzwischen anatomische Unmöglichkeiten vollbringt) keine andere Erklärung mehr zu geben…
Kritik: Der auf William Peter Blattys gleichnamigem Roman basierende Film gehört zu den absoluten Klassikern des Horror-Genres; ihm folgten nicht nur diverse Sequels und Prequels, sondern gleich ein ganzes Subgenre.
Es handelt sich bei diesem Film um eine sehr vorlagengetreue Adaption, was nicht weiter verwunderlich ist, immerhin war Blatty sowohl als Produzent als auch als Drehbuchautor tätig, während William Friedkin Regie führte. Figuren, Handlungsablauf, Struktur etc. entsprechen dem Roman sehr genau, lediglich einige Details, Feinheiten und Hintergrundinformationen fallen dem Medienwechsel zum Opfer. So nennt der Film zum Beispiel nie den Namen der höllischen Kreatur, die von Regan Besitz ergreift. Zwar ist „Pazuzu“ der Name eines Dämonen aus der assyrischen und babylonischen Mythologie, aber er klingt reichlich albern, weshalb es wohl auch besser ist, dass er im Film nie fällt.
Vor allem zu Beginn des Films bemühen sich Blatty und Friedkin um einen langsamen, schleichenden Spannungsaufbau, sie geben dem Zuschauer Zeit, die Charaktere kennen zu lernen. Regans Besessenheit manifestiert sich langsam, erst kommt es zu kleinen Seltsamkeiten, die sich immer weiter steigern. Gerade in der ersten Hälfte scheint es immer wieder ungewiss, ob Regan wirklich besessen ist oder doch nur an einer ausgefallenen Geisteskrankheit leidet, wobei diese Ambiguität im Roman noch stärker ist. Wenn der Film (bzw. der Dämon) dann aber loslegt, legt er richtig los. Gerade diesbezüglich ist „Der Exorzist“ ziemlich gut gealtert, die Effekte und das Make-up überzeugen auch heute noch, und viele Ausbrüche des Dämons erscheinen immer noch ziemlich heftig – im Jahr 1973 waren sie mehr, als so manch ein Kinozuschauer verkraften konnte. Das einzige Problem dabei: Der Kultstatus dieses Films kann auch eine negative Wirkung haben. Es gibt zu viele Parodien und Nachahmungen der diversen ikonischen Szenen, die ihre Wirkung ein wenig verwässern könnten – dies kann man dem Film selbst freilich nicht vorwerfen. Ohnehin bleiben die grandiosen schauspielerischen Leistungen, vor allem von Linda Blair (man bedenke nur ihr Alter) und Mercedes McCambridge (die dem Dämon ihre tiefe, furchterregende Stimme leiht), aber auch von Jason Miller, Max von Sydow und Ellen Burstyn, über jeden Zweifel erhaben.
Wie erwähnt zog der Erfolg von „Der Exorzist“ viele ähnlich geartete Filme nach sich, von denen allerdings keiner (zumindest keiner, den ich gesehen habe) qualitativ auch nur halbwegs in die Nähe des Genrepioniers kommt. Die meisten schaffen es nicht einmal, der Grundprämisse irgendetwas neues abzugewinnen. Dasselbe gilt leider auch für die diversen Nachfolgefilme, von denen lediglich einer in die Nähe des ersten Teils kommt. „Exorzist II: Der Ketzer“ ist dabei der schlimmste Teil und kann guten Gewissens als Müll bezeichnet werden. „Der Exorzist III“ ist der gelungenste Nachfolger, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass Blatty hier abermals einen seiner eigenen Romane („Legion“) adaptierte und dabei nicht nur für das Drehbuch, sondern auch für die Regie verantwortlich war (und dabei konsequent den fürchterlichen zweiten Teil ignorierte). Darüber hinaus weiß der dritte Film der Reihe vor allem mit äußerst atmosphärischen und subtil-erschreckenden Dialogsequenzen zu überzeugen, die Jason Miller und Brad Dourif die Möglichkeit zu dämonischer guter Schauspielkunst geben.
Und schließlich gibt es noch zwei Prequels, die beide von der ersten Begegnung Father Merrins (in beiden gespielt von Stellan Skarsgård) mit dem Dämon erzählen. Im Grunde handelt es sich um zwei Versionen desselben Film. Die ursprüngliche Schnittfassung von Paul Schrader war dem Studio nicht horrormäßig genug, weshalb es Renny Harlin anheuerte, der große Teile des Films neudrehte. Letztendlich wurden allerdings beide Versionen veröffentlich (die Harlin-Version heißt „Exorzist: Der Anfang“, während die Schrader-Fassung den Titel „Dominion: Exorzist – Der Anfang des Bösen“ trägt). Letztendlich finde ich beide Versionen nicht besonders gelungen, Harlins Film ist in der Tat ein wenig unheimlicher, während Schraders psychologischer und besser durchdacht ist, aber von der Qualität des Originals und selbst des dritten Films sind beide ziemlich weit entfernt.
Fazit: „Der Exorzist“ gilt völlig zurecht als Meilenstein des Horrorfilms, was sich über die diversen offiziellen und inoffiziellen Nachfolger allerdings nicht sagen lässt.