GoT: The Watchers on the Wall

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So langsam dürfte das Muster für jeden klar erkennbar sein: In der neunten Episode der ungeraden Staffeln sterben ein oder mehrere Starks, in der neunten Episode der geraden Staffeln findet eine große Schlacht statt, die die gesamte Folge ausfüllt. Das wirft natürlich die Frage auf, ob dieses Muster für die fünfte Staffel durchbrochen wird – letztendlich kommt es darauf an, wie viel Material aus „A Feast for Crows“ und „A Dance with Dragons“ adaptiert wird, und es sind auch nicht mehr allzu viele Starks übrig, die man umbringen könnte. Aber konzentrieren wir uns erst einmal auf diese Episode. Wie schon in „Blackwater“ gibt es auch in „The Watchers on the Wall“ nur einen Schauplatz, der von einer Armee belagert und von einer verhältnismäßig kleinen und unterlegenen Truppe verteidigt wird.
Diese veränderte Episodenstruktur sorgt natürlich auch dafür, dass ich meine Artikelstruktur ändern muss. Die Episode folgt einem linearen Handlungsstrang, weshalb ich dieses Mal eine Einteilung in Abschnitte statt in Orte vorgenommen habe. Nebenbei ist erwähnenswert, dass Neil Marshall, der bereits die Schlacht um King’s Landing inszenierte, auch bei „The Watchers on the Wall“ Regie führt.
Betrachten wir zunächst kurz, wie der Angriff der Wildlinge im Roman verläuft. Dort erreicht die Gruppe, mit der Jon die Mauer überklettert hat, bereits kurz nach ihm Castle Black und greift es an. Zusammen mit dem Schmied Donal Noye und den wenigen anderen Männern, die noch dort sind, schaffen sie es, den Angriff abzuwehren. Erst danach attackiert Mance Rayders Armee von der nördlichen Seite der Mauer aus, und abermals sind es Jon und Donal Noye, die die Verteidigung übernehmen, da Ser Alisser Thorne und Janos Slynt erst nach der ersten Angriffswelle in Castle Black eintreffen.
Wie ich bereits vermutet hatte (es war ja auch nicht schwer zu erraten), finden in der Serie beide Angriffe gleichzeitig statt, sodass die schwarzen Brüder sowohl die Mauer als auch Castle Black verteidigen müssen.

Vor der Schlacht
Die Episode beginnt mit einer Unterhaltung zwischen Jon und Sam auf der Mauer; die beiden sprechen über Liebe, Ygritte und die Details der Schwurs. Anschließend begiebt sich Sam in die Bibliothek, liest über Wildlinge nach und führt ein ähnliches Gespräch mit Maester Aemon. Dessen doch recht spärliche Auftritte finde ich übrigens immer sehr gelungen. Während der Schlacht scheint sich Aemon allerdings unsichtbar gemacht zu haben – wahrscheinlich versteckt er sich einfach in der Bibliothek, die dürfte für die Wildlinge kaum interessant sein. Apropos: Auch die Wildlinge bereiten sich auf die Schlacht vor und man merkt ihn eine gewisse Nervosität an. Nett, dass hier Tormunds Bärengeschichte mit einfließt, auch wenn sie Ygritte nicht besonders gefällt.
Gerade hier zeigt sich, was für ein guter Regisseur Marshall doch ist, denn in diesen Szenen bringt er endlich das ein, was bisher im Jon-Snow-Handlungsstrang fehlte: Atmosphäre. Endlich ist die Anspannung vor der Schlacht greifbar; das hätte sie schon lange vorher sein sollen. Gerade im Gegensatz zu „Blackwater“ fällt hier noch einmal auf, dass der Aufbau zur Schlacht suboptimal war – der kleine Ausflug zu Craster’s Keep hat einiges an Anspannung genommen.
Bevor es richtig losgeht, trifft Gilly mit Baby auf Castle Black ein, gerade noch rechtzeitig, bevor die Hörner von den angreifenden Wildlingen künden. Von der Spitze der Mauer aus erblickt Jon nun das größte Feuer, das der Norden je gesehen hat.
Hier und in der folgenden Schlacht zeigt sich, dass Ser Alisser zwar ein Arsch, aber immerhin ein fähiger Arsch ist. Im Gegensatz dazu ist Janos Slynt, der später kurzzeitig den Befehl über die Mauer übernimmt, völlig unfähig.
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Der Riese Mag Mar Tun Doh Weg (Neil Fingleton) auf seinem Mammut

Ein paar kurze Gespräche folgen noch, Sam und Gilly küssen sich zum ersten Mal, danach erzählt er Pyp, wie es für ihn war, den Weißen Wanderer zu töten und dann geht es endlich los.
„The Watchers on the Wall“ weiß gerade an dieser Stelle (und auch noch zu späteren Zeitpunkten) mit sehr gelungenen Weitwinkelaufnahmen zu überzeugen; die Kamera schwenkt hier in einem Zug von den Wildlingen südlich der Mauer zu Castle Black, über die Mauer und zum Feuer, wo wir einen kurzen Eindruck von Mance Rayders Armee bekommen, inklusive zweier Riesen und eines vollständig animierten Mammuts. Ein Großteil der Armee bleibt leider zwischen den Bäumen, für Serienverältnisse ist das allerdings dennoch sehr aufwändig.

Die Schlacht
Die eigentlichen Kampfhandlungen beginnen südlich der Mauer, Styr, Tormund und der Rest verschaffen sich verhältnismäßig leicht Zutritt zu Castle Black. Wir erinnern uns, die Burgen der Nachtwache sind spezifisch darauf ausgelegt, dass man sie nach Süden nicht besonders gut verteidigen kann, damit kein Lord Commander auf die Idee kommt, sein eigenes Ding zu drehen.
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Pyp (Josef Altin) stirbt in Sams (John Bradley) Armen

Der Angriff sorgt dafür, dass Thorne sich nach unten begibt und das Kommando Slynt übergibt, der damit, wie bereits erwähnt, völlig überfordert ist. Thorne dagegen bekommt sogar die obligatorische heroische Ansprache besser hin, als man erwarten würde; der Mann beweist hier eindeutig Badass-Qualitäten.
Auf der Mauer sorgt Grenn derweil dafür, dass Slynt sich nach unten begibt, sodass das Kommando nun an Jon fällt. Wie im Roman, wo es außer Jon niemanden mehr gibt, der das Kommando übernehmen könnte, werden die Wildlinge mithilfe von Pfeilen und Fässern zurückgeschlagen. Die Serie setzt noch einige nette Eigenakzente, vor allem durch die Riesen, die ebenfalls mit Pfeilen schießen und die fiese Kette in der Mauer, die die Wildlinge auseinander reißt, die versuchen, sie zu erklimmen – vielleicht eine Entschädigung dafür, dass bei der Schlacht um King’s Landing keine übergroße Kette zum Einsatz kam?
Am Fuß der Mauer wird derweil fröhlich und ziemlich blutig weitergemetzelt, nur Janos Slynt beteiligt sich nicht, sondern versteckt sich bei Gilly. Dafür hat hat Styr aber umso mehr Spaß bei der Sache. Der erste namentlich bekannte Charakter stirbt allerdings durch Ygrittes Hand, die Pyp einen Pfeil durch den Hals schießt – er ist damit der erste von zwei (vielleicht auch drei) Figuren, die in dieser Episode sterben, obwohl sie „A Storm of Swords“ eigentlich überleben. Benioff und Weiss haben dies kommentiert; da in der Serie weit weniger Mitglieder der Nachtwache charakterisiert wurden, wollte man das Ganze durch den Tod von Pyp und Grenn, der später die Rolle des einarmigen Schmiedes Donal Noye einnimmt und bei der Verteidigung des Tores stirbt, emotionaler machen. Zwar spielen beide Figuren in „A Dance with Dragons“ noch eine Rolle, es ist aber zugegebenermaßen keine besonders bedeutende. Bei Alisser Thorne ist nicht ganz klar, ob er in der Serie überlebt, er wird im Kampf mit Tormund verwundet, allerdings scheint er nicht tot zu sein.
Das Tor nördlich der Mauer wird nur von einem kleinen Trupp angegriffen, was natürlich einerseits aus Budgetgründen geschieht, aber andererseits einer gewissen Logik nicht entbehrt: Mance schickt nur die, die wirklich nötig sind, um das Tor zu öffnen, da alle anderen nur untätig herumstehen und somit gute Ziele abgeben würden. Jon schickt Grenn nach untern, um das Tor zu verteidigen, wo er, wie bereits erwähnt, Donal Noyes Platz einnimmt und letztendlich stirbt.

Höhepunkt und Ende
Die Schlacht kommt zum Höhepunkt, als Jon sich nach unten begibt und im Gemetzel mitmischt, während Fragmente des GoT-Themas gespielt werden. Es folgt eine sehr gelungene 360-Grad-Aufnahme von Castle Black, die zeigt, wie eindrucksvoll dieses Set eigentlich ist.
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Styr (Yuri Kolokolnikov) mit Hammer im Kopf

Damit Jon sich endgültig als heroischer Krieger etablieren kann, braucht er natürlich einen passenden Gegner, den er in Gestalt von Styr findet. Der Zweikampf ist ziemlich intensiv inszeniert und endet schließlich damit, dass der Magnar von Thenn einen Hammer in den Schädel bekommt. Und schließlich kommt, was kommen muss: Jon und Ygritte stehen sich gegenüber. Im Roman findet er sie bereits sterbend, während sie hier, nachdem sie es nicht über sich gebracht hat, ihn zu erschießen, vor seinen Augen von einem Pfeil getroffen wird. Ihr Tod ist erwartungsgemäß ein wenig kitschig, vor allem, weil die Schlacht kurzzeitig völlig ausgeblendet wird, aber das ließ sich wohl schlecht vermeiden.
Die Schlacht neigt sich ihrem Ende zu, die Wildlinge in Castle Black sind fast alle tot, Mance‘ Armee nördlich der Mauer zieht sich vorerst zurück. Anders als im Buch wird Tormund, der sich dort bei Mance befand, gefangen genommen. Apropos: Es wäre nett gewesen, wenn man Mance auch das eine oder andere Mal gesehen hätte, etwa wie er den Befehl zu Angriff gibt.
Im Vorfeld der Episode wurde spekuliert, ob „The Watchers on the Wall“ wohl damit endet, dass Stannis auftaucht, dem ist aber nicht so. Wahrscheinlich haben Benioff und Weiss befürchtet, die Folge wäre dadurch „Blackwater“ zu ähnlich. Stattdessen endet sie damit, dass Jon sich zu Mance begibt, um zu verhandeln bzw. um ihn umzubringen. In „A Storm of Swords“ tut er das, weil Slynt und Thorne es befehlen, in der Serie dagegen aus eigenem Antrieb.
Stannis taucht damit wohl erst im Staffelfinale auf, und Jons Wahl zum Lord Commander werden wir mit ziemlicher Sicherheit erst in Staffel 5 sehen.

Fazit: Die Schlacht um Castle Black ist durchaus eindrucksvoll inszeniert, kann aber mit der Schlacht um King’s Landing nicht mithalten, und das aus mehreren Gründen. Zum einen wurde „Blackwater“ weitaus besser vorbereitet und zum anderen sind die Figuren, die an besagter Episode der zweiten Staffel beteiligt waren, in meinen Augen schlicht interessanter, weshalb ich emotional weit mehr involviert war. Angesichts des Materials, mit dem er arbeiten musste, hat Neil Marshall seinen Job allerdings hervorragend gemacht, vom reinen Regieaspekt gehört „The Watchers on the Wall“ eindeutig zu den besten Episoden, die Folge wirkt wie aus einem Guss, alles ist wunderbar miteinander verknüpft. Lediglich das Ende wirkt ein wenig unbefriedigend.

Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper
First of His Name
The Laws of Gods and Men
Mockingbird
The Mountain and the Viper

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

Ein Gedanke zu “GoT: The Watchers on the Wall

  1. Da muss ich dir zustimmen. Das ende war etwas unbefriedigend. Ich befürchte sogar, dass Stannis nur als Cliffhanger auftaucht und der eigentliche Angriff von Stannis der Auftakt der 5. Staffel darstellt. Es könnte natürlich auch die Ankunft von Arya in Bravoos als Staffelübergang herhalten…
    Lassen wir uns überraschen. Morgen Abend, spätestens Dienstag weiß ich es ja 🙂

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