Es geht wieder voran, sowohl inhaltlich als auch qualitativ. Wie schon in „The Lion and the Rose“ beansprucht auch in „The Laws of Gods an Men“ der King’s-Landing-Handlungsstrang die komplette zweite Hälfte der Episode, und wie schon in besagter Episode funktioniert das auch dieses Mal hervorragend. Insgesamt ist Staffel 4, meiner Meinung nach, besser strukturiert alles Staffel 3, es gab bisher keine Episode, in der alle Handlungsstränge angeschnitten wurden, und dass Dank der Roten Hochzeit das Personal ein wenig reduziert wurde fällt ebenfalls positiv auf.
Nebenbei: Auf der Intro-Karte taucht zum ersten Mal Braavos samt Titan auf.
Die Vorschau dieser Episode hat es angedeutet, die Bestätigung folgt auf dem Fuß: Braavos, das „Bastard-Kind“ des alten Valyria, sehen wir zum ersten Mal nicht zusammen mit Arya, sondern mit Stannis und Davos, die von der Eisernen Bank Kredit wollen. Die Totale von Braavos, samt Titan, ist äußerst gelungen, allerdings gibt es ansonsten nur das Innere zweier Gebäude zu sehen. Natürlich verschlingt ein Handlungsort wie Braavos, besonders, wenn man ihn distinktiv gestalten möchte, mit Sicherheit eine Menge Geld, weshalb es zwar nicht weniger schade ist, dass man Stannis und Davos nicht am Hafen oder in den Straßen sieht, aber doch letztendlich nachvollziehbar. Vielleicht sehen wir ja in der nächsten Staffel mehr von diesem Schauplatz, wenn Arya sich als Muschelverkäuferin betätigt.
Es zeigt sich jedenfalls, dass die Banken der Welt von Eis und Feuer den Unseren gar nicht so unähnlich sind: Überall muss man warten. Das Empfangszimmer ist dabei sehr schön gestaltet: Die Bittsteller müssen auf niedrigen Bänken sitzen, während die Bankangestellten in üppigen, thronähnlichen Stühlen platznehmen.
Letztendlich handelt es sich bei diesem Abstecher auch wieder um eine Beschäftigungstherapie, um Figuren nicht einfach für den Großteil einer Staffel verschwinden zu lassen. Diese Beschäftigungsszenen sind aber um einiges bekömmlicher als Jons Snows Ausflug zu Crasters Keep, da sie immerhin auf Buchmaterial basieren, das vorgezogen wurde, und weil Mark Gatiss mitspielt. Tycho Nestoris ist Mycroft Holmes gar nicht so unähnlich, aber es macht einfach Spaß ihm dabei zuzusehen, wie er andere Leute mit freundlichem Lächeln auseinander nimmt. Dank Davos (der wahrscheinlich ein besserer König als Stannis wäre) klappt das Vorhaben aber dennoch, und der ehemalige Schmuggler sucht seinen alten Freund Salladhor Saan, der nun, Staffel 1 ausgenommen, in jeder Staffel in genau einer Episode auftauchte.
Tycho Nestoris (Mark Gatiss)
Dreadford
Yara is back! Nachdem sie in der letzten Folge der dritten Staffel ankündigte, Theon retten zu wollen, kommt sie nun endlich bei der Dreadford an. Das mag lang erscheinen, wenn man allerdings bedenkt, dass sie ganze Westeros umsegeln musste, um von den Iron Islands zur anderen Seite zu gelangen, war sie wahrscheinlich nicht lange genug unterwegs. Zugegebenermaßen ist schwierig zu sagen, da nicht eindeutig ist, wie viel Zeit in der Serie vergangen ist.
Die Parallelemontage, die abwechselnd Yara bei ihrer Rede und eine Ramsay/Myranda-Sex-Szene zeigt, mutet irgendwie seltsam an, mir ist die symbolische Bedeutung (sofern eine vorhanden ist) nicht ganz klar? Wurde das so geschnitten um zu zeigen, dass Yara Ramsay ficken möchte, wenn auch auf völlig andere Weise als Myranda das tut?
Wie dem auch sei, ist ziemlich kurz gehalten und dient vor allem dazu, noch einmal zu zeigen, wie psychisch kaputt Theon ist. Letztendlich haben wir hier noch einmal Beschäftigungstherapie für einige Figuren, weshalb das Ganze auch ein wenig halbherzig wirkt: Für die Umstände, die Yara auf sich genommen hat, gibt sie dann doch erstaunlich schnell wieder auf. Und wo ist eigentlich Roose Bolton?
Hier stellt sich darüber hinaus die Frage, was das für die Iron Islands als Handlungsort bedeutet. In „A Storm of Swords“ ist Balon Greyjoy zu diesem Zeitpunkt bereits tot – in der Serie könnte das zwar ebenfalls der Fall sein, aber normalerweise zeigt die Serie solche Ereignisse, da sie ja nicht an die POV-Charaktere gebunden ist. In jedem Fall bin ich gespannt, ob wir in der nächsten Staffel Euron und Victarion Greyjoy zu Gesicht bekommen.
Der gelungenste Teil dieses Abschnitts der Folge ist in jedem Fall die Szene mit Theon und Ramsay. Was hier vorbereitet wird, stammt bereits aus „A Dance with Dragons“ und klingt vielversprechend. Hier wird noch einmal sehr schön die völlige kranke Beziehung zwischen Ramsay und Reek illustriert.
Meereen
Wie erwartet fließen bei Daenerys‘ Handlungsstrang nun bereits Inhalte aus „A Dance with Dragons“ ein: Die Drachen erweisen sich als immer schwerer zu kontrollieren, was zu Unfällen führt. Im Roman ist dies noch eindringlicher, da von den Drachen getötetes Vieh dort bereits an der Tagesordnung ist; stattdessen töten die Drachen ein Kind, und dessen Knochen werden vom Vater zu Daenerys gebracht.
Daenerys (Emilia Clarke) auf ihrer Bank. Im Hintergrund: Ser Jorah (Iain Glenn) und Ser Barristan (Ian McElhinney)
Außerdem tritt Hizdahr zo Loraq (Joel Fry), der bereits in „Breaker of Chains“ kurz zu sehen war, zum ersten Mal vor Daenerys. Während er im Roman allerdings Daenerys darum bittet, die Grubenkämpfe, die sie verboten hat, wieder zu erlauben, ist sein Anliegen in der Serie persönlicher Natur: Er will die Erlaubnis, seinen gekreuzigten Vater würdevoll zu begraben und behauptet, dass dieser an der Kreuzigung der Sklaven unschuldig war. Dadurch wird Hizdahr sympathischer, und darüber hinaus bringt das Ganze Daenerys dazu, ihre Handlungen zu hinterfragen.
King’s Landing
Wir beginnen die zweite Hälfte der Episode mit einem höchst amüsanten Treffen des Kleinen Rates. Oberyn ist von dem ganzen ziemlich gelangweilt, während Lord Tywin Mace Tyrell, inzwischen Meister der Schiffe und somit praktisch der Flottenadmiral Tommens, ebenso behandelt, wie Lady Olenna es tut – herrlich. Wirklich interessant ist, dass der Kleine Rat ziemlich genau über Daenerys‘ Situation informiert ist – dies war bereits zu einem früheren Zeitpunkt festzustellen, als Lord Tywin Oberyn in den Kleinen Rat berief. In den Romanen gibt es in Westeros zu dieser Zeit allenfalls Gerüchte über eine Drachenkönigin im Osten, allerdings keine detaillierten Berichte. Hier zeichnet sich bereits ab, dass Jorahs Verbannung doch noch kommen könnte. In „A Storm of Swords“ ist es Ser Barristan, der Daenerys mitteilt, dass Jorah Informationen über sie an Varys verkauft hat, in der Serie weiß er das allerdings nicht. Nun schreibt Lord Tywin einen Brief, und das ist immer gefährlich…
Bevor Tyrions Prozess beginnt, treffen sich Oberyn und Varys vor dem Eisernen Thron, um ein wenig über Essos und Varys‘ Asexualität zu plaudern, wobei wir auch noch mehr über den Gesandten aus Dorne erfahren. Gerade in kleinen Szenen wie diesen zeigen sich die Stärken der Serie, die auch Szenen abseits der POV-Charaktere zeigen kann.
Die Verhandlung ist im Großen und Ganzen sehr vorlagengetreu umgesetzt, auch wenn es einige kleinere Abweichungen gibt, die allerdings keinesfalls stören. Während im Roman Tywins Bruder Kevan (seit Staffel 2 haben wir diesen in der Serie nicht mehr gesehen) Tyrion über den Ablauf des Prozesses informiert, ist es hier Jaime, der den Angeklagten „betreut“ und ihm vorschlägt, zu gestehen um anschließend zur Mauer geschickt zu werden. In „A Storm of Swords“ sagen darüber hinaus noch weitaus mehr Personen gegen Tyrion aus, etwa Taena Merryweather, die in „A Feast for Crows“ zu einer Vertrauten Cerseis wird.
Ganz ohne Zweifel gehört die Verhandlung zu den Höhepunkten der vierten Staffel, hier zeigt sich „Game of Thrones“ mal wieder von seiner besten Seite: Als hervorragend gespieltes, intensives Charakterdrama. Nachdem Peter Dinklage in dieser Staffel bisher eher zurückstecken musste, reißt er nun die Show wieder gnadenlos an sich: Hier stimmt jede Geste und jede Betonung. Dies gilt auch für sämtliche anderen Beteiligten, wenn auch nicht ganz im selben Ausmaß: Großmaester Pycelles zurückhaltende Genugtuung, Ser Merryns Häme, Cerseis kleine Gesten, die genau verraten, was sie denkt und Oberyns gespielte Langeweile – alles hervorragend. Die ganze Szene ist voller kleiner Nuancen, cleverer Rückbezüge und Andeutungen, wie etwa Varys‘ Ausspruch: „Sadly, my lord, I never forget a thing.“
Tyrion (Peter Dinklage) vor Gericht
Die interessanteste Hinzufügung ist Jaimes Angebot, aus der Königsgarde auszutreten, wenn Tywin seinen Sohn nicht hinrichten lässt. Tywins Antwort lässt zumindest darauf schließen, dass er ohnehin vorhatte, Tyrion zur Mauer zu schicken, oder dass er Jaimes Angebot vielleicht sogar einkalkuliert hatte und der Prozess zu diesem Zweck überhaupt geführt wird. Was stattdessen fehlt ist Oberyns Angebot; im Roman bietet die Rote Viper Tyrion an, bei einem Gottesurteil als sein Champion gegen Gregor Clegane anzutreten, nachdem Bronn dies ablehnt. Während des Prozesses überlegt Tyrion, ob er lieber Obernys Angebot annehmen oder den Rat seines Onkels befolgen soll. Der Ausgang ist aber letztendlich derselbe, da Shaehs Aussage alles ändert. Sibel Kekilli reiht sich ebenfalls in die Riege der Schauspieler ein, die sich hier selbst übertreffen. Ihre Beschuldigung klingt wie auswendiggelernt, aber auch hier finden sich wieder kleine Nuancen, die darauf schließen lassen, dass Tyrions Zurückweisung in Folge 2 dieser Staffel mit für die Aussage verantwortlich ist, wahrscheinlich zusätzlich zu der Androhung von Gewalt. Nun stellt sich nur die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass Shae Cersei in die Hände gefallen ist. Bronn? Varys? Allzu viele andere Möglichkeiten gibt es nicht.
Die Episode endet mit Tyrions Monolog, der sich langsam zu einem meiner GoT-Lieblingsmomente mausert. Dinklage übertrifft sich hier noch einmal selbst und bringt jede seiner Zeilen mit tiefem, überzeugendem Hass hervor. Die gesamte Verachtung, die Tyrion während seines Lebens erfahren hat, bricht nun aus ihm heraus und ist praktisch greifbar. Die Intensität der Szene wird noch durch den gelungenen Einsatz von The Rains of Castamere gesteigert, das bedrohlich brodelnd Tyrions Worte unterlegt.
Fazit: Nach drei eher mittelmäßigen Episoden, in denen diverse Handlungsstränge nicht recht vorankamen, findet die Serie nun, dank der geradezu perfekten zweiten Hälfte dieser Episode, wieder zur Stärke des Staffelstarts zurück.
Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper
First of His Name
Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3
Tyrions Monolog war definitiv eine der besten Szenen, die die Serie bisher zu bieten hatte. Es muss ja nicht immer Gemetzel sein. Dinklage ist sowieso großartig in der Rolle, aber hier hat er eine Meisterleistung abgeliefert.
Dem gibt es praktisch nichts hinzuzufügen 😉
Das war definitiv die bisher beste Episode der ganzen Staffel. Und wie du schon gesagt hast: Peter Dinklage hat sich wirklich übertroffen. Obwohl ich ja das deutsche Buch 6 gelesen habe und wusste, wie das Trial ausgeht, war ich trotzdem so eingenommen von seiner schauspielerischen Leistung. Der ganze Schmerz, vor allem über Shaes Betrug, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ein großartiger Mann!
Jep, wird eindeutig Zeit für Peter Dinklages nächsten Emmy. Ich bin ja auch schon gespannt, wie er sich als Bolivar Trask in „X-Men: Days of Future Past“ macht – da darf er mal den Schurken geben.