Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia

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Story: Die vier Geschwister Peter (William Moseley), Susan (Anna Popplewell), Edmund (Skandar Keynes) und Lucy (Georgie Henley) werden während des Zweiten Weltkriegs aufs Land zum verschrobenen Professor Digory Kirke (Jim Broadbent) geschickt, um den deutschen Bombenangriffen zu entgehen. Dort entdecken sie beim Versteckenspielen, dass ein alter Wandschrank in Wahrheit das Tor in ein magisches Land namens Narnia ist. In diesem Land herrscht ewiger Winter und die aus Fabelwesen bestehende Bevölkerung wird von der Weißen Hexe Jadis (Tilda Swinton) unterdrückt. Es gibt allerdings Hoffnung, denn der mächtige Löwe Aslan (Liam Neeson) rüstete zum Kampf gegen die Hexe. Darüber hinaus wurde die Ankunft der Kinder vor langer Zeit prophezeit, ihnen ist es vorherbestimmt, die neuen Könige und Königinnen von Narnia zu werden. Allerdings muss die Weiße Hexe zuerst besiegt werden, was sich als schwierig erweisen könnte, da eines der vier Kinder zum Verräter wird und alles in Gefahr bringt…

Kritik: Was tut man als großes Studio, wenn Fantasy durch den Erfolg der Harry-Potter- und Herr-der-Ringe-Filme gerade enorm beliebt wird? Man versucht, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Derartige Überlegungen hatten viele Studios, die hofften, den Erfolg von Warner wiederholen zu können, weshalb im Fahrwasser der beiden oben genannten Filmreihen viele ähnlich gelagerte Romanadaptionen, die zu erfolgreichen Serien ausgearbeitet werden sollten, ins Kino kamen. Während die meisten, etwa „Der goldene Kompass“ oder „Eragon“, Schiffbruch erlitten, waren die Versuche des Disney-Studios noch am ehesten von Erfolg gekrönt.
Um möglichst jede Schicht ansprechen zu können, wählte Disney eine siebenteilige, britische Kinderbuchserie (wie Harry Potter) aus, die zu allem Überfluss auch noch von Clive Staples Lewis, einem Freund Tolkiens, verfasst worden war, und das etwa zur selben Zeit wie der „Herr der Ringe“.
Die Narnia-Romane sind in Großbritannien enorm bekannte und beliebte Klassiker der Kinderliteratur, während sie in Deutschland vor dem Erscheinen der Filme relativ unbekannt waren und erst durch diese ein größeres Publikum gewinnen konnten. Bei mir war es allerdings andersherum, da ich die gesamte Romanreihe bereits als Kind gelesen hatte und deshalb, trotz plakativ-religiöser Allegorie, eine gewisse Schwäche für die Reihe hatte und habe.
Im Vorfeld der Verfilmung stand man erst einmal vor einem inzwischen nur allzu bekannten Problem: Zwar sind die Narnia-Romane Fantasy, aber sie sind nun einmal nicht epische High Fantasy, sondern eher kindgerechte und märchenhafte Fantasy. Regisseur Andrew Adamson musste einen ähnlichen Drahtseilakt hinlegen wie Peter Jackson bei den Hobbit-Filmen: Man hat eine Vorlage, die eindeutig ein Kinderbuch ist, und muss sie nun episch aufplustern, um den Publikumsgeschmack zu treffen. Hinzu kommt, dass die Narnia-Romane allesamt sehr dünn und nicht besonders ergiebig sind. Somit ist die Verfilmung letztendlich inhaltlich recht stark erweitert, auch wenn sie sich im Großen und Ganzen ziemlich eng an die Vorlage hält. Die vier Protagonisten sind beispielsweise älter als bei Lewis und charakterlich auch besser ausgearbeitet. Der Film beginnt nicht erst mit ihrer Ankunft im Haus des Professors, der Zuschauer sieht bereits, wie sie aus London fliehen, was in der Tat hilfreich ist. Die vier Darsteller sind durchaus akzeptabel, nicht außergewöhnlich, aber auch nicht schlecht, wobei sie in den kommenden Narnia-Filmen beweisen, dass ihre Leistung noch steigerungsfähig ist.
Die erste Hälfte des Films hält sich ziemlich eng an Lewis‘ Vorlage, inklsuive des Fauns Mister Tumnus (James McAvoy) und der sprechenden Biber (Ray Winstone und Dawn French). Die meisten Erweiterungen finden sich in der zweiten Hälfte, die sich bemüht, alles sehr viel größer und epischer zu machen, als es bei Lewis ist. Das beginnt bei der Flucht der Kinder zu Aslan, die im Roman ziemlich unspektakulär ist, während im Film die Wölfe der Weißen Hexe und ein gefrorener Fluss hinzugefügt wurden. Und in dieser Art geht es weiter. Im Roman hat der Konflikt mit der Weißen Hexe verhältnismäßig kleine Ausmaße. Lewis nennt nie Zahlen, aber wenn man von seiner Schilderung ausgeht, handelt es sich beim finalen Kampf nur um ein eher kleines Scharmützel. Von besagtem Kampf bekommt der Leser im Roman ohnehin kaum etwas mit, da die Erzählung an dieser Stelle nur Susan und Lucy folgt. Im Film dagegen handelt es sich bei der finalen Auseinandersetzung, der viel Zeit eingeräumt wird, um eine ausgewachsene Schlacht, die wohl vor allem da ist, um das Herr-der-Ringe-verwöhnte Publikum anzulocken – wobei gerade diesem die Schlacht wahrscheinlich zu sauber sein dürfte.
Mit Jacksons Tolkien-Verflimung kann „Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia“ nun freilich nicht mithalten, aber letztendlich geht es mir bei den Verfilmungen ähnlich wie bei den Romanen: Ich habe eine gewisse Schwäche für sie. Das liegt nicht zuletzt auch an Liam Neeson und Tilda Swinton als Aslan und Jadis, die ohnehin die eigentlichen Stars sind. Die Holzhammer-Allegorie (Aslan ist Jesus) ist auch im Film vorhanden und ähnlich unsubtil, und leider schwingen Lewis‘ doch sehr konservative Ansichten immer noch durch, auch wenn man sich bemüht hat, das zu entschärfen. An einigen Stellen wäre es vielleicht besser gewesen, ein wenig zu kürzen, speziell in Bezug auf die Episode mit dem Weihnachtsmann, die im Film doch ziemlich Fehl am Platz wirkt und eigentlich auch unnötig ist, da die Kinder ihre Waffen ebenso gut von Aslan hätten bekommen können.
Wenn man darüber allerdings hinwegsehen kann, ist der erste Narnia-Film ein kurzweiliges Fantasy-Abenteuer, das zu gefallen weiß, wenn man nicht zu viel von ihm erwartet.
Fazit: Andrew Adamson bemüht sich, C. S. Lewis‘ religiöse Kindergeschichte zu modernisieren und für ein Herr-der-Ringe-Publikum attraktiv zu machen. Das gelingt nicht vollständig, aber als nettes Guilty Pleasure für Fantasy-Fans eignet sich „Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia“ allemal.

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