Story: Als der ägyptische Pharao Sethos I. (Patrick Stewart) anordnet, alle neugeborenen israelitischen Kinder zu töten, legt eine verzweifelte Mutter (Ofra Haza) ihren Sohn in ein Körbchen und schickt ihn den Fluss hinab. Das Baby wird von der Gattin Sethos‘ (Helen Mirren) gefunden und als Findelkind aufgezogen. Unter dem Namen Moses (Val Kilmer) wächst besagtes Baby, in Unkenntnis seiner wahren Herkunft, zu einem jungen Mann heran, der zusammen mit seinem älteren Bruder Ramses (Ralph Fiennes) auch gerne Unheil stiftet. Doch schließlich kommt die Wahrheit ans Licht: Moses erfährt, dass er in Wahrheit ein Hebräer ist und tötet im Zorn einen ägyptischen Aufseher, der einen israelitischen Sklaven schindet. Bestürzt über seine eigene Tat flieht Moses nach Midian, wo er eine Frau (Michelle Pfeiffer) und eine neue Familie findet. Allerdings erteilt der Gott der Hebräer (Val Kilmer) Moses schon bald einen Auftrag: Er soll die versklavten Israeliten befreien. Als Moses nach Ägypten zurückkehrt, ist Ramses inzwischen Pharao, und er weigert sich partout, Moses‘ Volk ziehen zu lassen, sodass sich die beiden Brüder nun auf unterschiedlichen Seiten eines Konflikts befinden…
Kritik: „Der Prinz von Ägypten“ gehört für mich zu einer sehr merkwürdigen Kategorie: Filme, die mit jedem Ansehen besser werden. Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich: „Ganz in Ordnung.“ Als ich ihn zum zweiten Mal sah, dachte ich: „Eigentlich ziemlich gut.“ Inzwischen hat er sich fast schon auf die Liste meiner Lieblingszeichentrickfilme vorgearbeitet.
Dieser Streifen aus dem Hause Dreamworks gehört zu den ersten Produktionen besagten Studios. Nachdem Jeffrey Katzenberg, der als Vorstandsvorsitzender von Disney für die Disney-Renaissance mitverantwortlich war und den Maus-Konzern eher unfreiwillig verließ, wollte er mit dem neuen Studio, das er mitbegründet hatte, zeigen, dass er sehr wohl in der Lage war, an seine größten Erfolge als Produzent, zu denen u.a. „Die Schöne und das Biest“ und „Der König der Löwen“ gehören, anzuknüpfen. Während das qualitativ in meinen Augen durchaus gelungen ist, hatte „Der Prinz von Ägypten“ beim Mainstream-Publikum leider keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Beim Erscheinen war er zwar durchaus erfolgreich, im Gegensatz zu den beiden oben genannten Disney-Filmen verschwand er allerdings nach einiger Zeit in der Versenkung, sodass sich heute nur noch wenige an ihn erinnern, was eigentlich ziemlich schade ist.
Widmen wir uns nun allerdings dem Film selbst: Wenn man an eine Umsetzung der Moses-Geschichte denkt, kommt man wahrscheinlich eher selten auf den Gedanken „Zeichentrickmusical á la Disney“ – nicht zuletzt wegen solch pikanter Zutaten wie dem Tod der Erstgeborenen. Dennoch funktioniert das Ganze erstaunlich gut, denn „Der Prinz von Ägypten“ ist ein schönes Beispiel für einen Film, in dem alle Elemente wunderbar funktionieren und perfekt ineinander greifen. Natürlich wurde der Film gegenüber der Bibel-Vorlage ein wenig entschärft – er endet zum Beispiel damit, dass Moses mit den Zehn Geboten im Gepäck vom Sinai herabsteigt, das Goldene Kalb und alles, was danach kommt, wird nicht mehr gezeigt – bleibt dem Quellenmaterial ansonsten aber erstaunlich treu. Die Regisseure (Simon Wells, Brenda Chapman und Steve Hickner) und Drehbuchautoren (Philip LaZebnik und Nicholas Meyer) änderten vor allem Details, um die Geschichte ansprechender und emotionaler zu gestalten. In der Bibel scheint Moses beispielsweise zu wissen, dass er adoptiert ist, während dies im Film nicht der Fall ist. Die wichtigste Änderung ist jedoch die Beziehung zwischen Moses und dem Pharao (hier Ramses II., dies ist allerdings keinesfalls unumstritten). Beide sind Brüder und werden auch als solche dargestellt. Zu Beginn des Films sind sie unzertrennlich und auch später bedauern sie es zutiefst, dass sie auf unterschiedlichen Seiten stehen. Diese Beziehung ist der emotionale Kern des Films und funktioniert blendend, nicht zuletzt wegen der grandiosen Sprecher. Gerade in diesem Bereich weiß „Der Prinz von Ägypten“ vollständig zu überzeugen, selbst die kleinsten Nebenrollen sind prominent besetzt. Neben den in der Inhaltsangabe erwähnten sind unter anderem auch Sandra Bullock als Moses‘ Schwester Miriam, Jeff Goldblum als Moses‘ Bruder Aaron, Danny Glover als Zipporas Vater Jethro und Steve Martin und Martin Short als die ägyptischen Priester Hotep und Huy zu hören.
Auch sonst weiß so ziemlich jeder Aspekt der Produktion zu überzeugen. Die Optik, speziell die Gesichter, ist zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, dafür allerdings wunderbar episch und visuell beeindruckend, egal, ob Ägypten in Szene gesetzt oder das Rote Meer geteilt wird. Genauso stimmig sind Lieder und Score von Stephen Schwartz und Hans Zimmer. Gerade der Musical-Aspekt des Films hätte leicht schiefgehen können, dem ist allerdings nicht der Fall. In der Tat gibt es in meinen Augen unter den Liedern keinen „Stinker“ – etwas, das ich selbst über meinen liebsten Disney-Film nicht sagen kann. Jeder der sechs Songs passt wie die Faust aufs Auge. Deliver Us ist eine gänsehauterzeugende Eröffnungsnummer, All I Ever Wanted drückt schön Moses‘ Zweifel aus, Through Heaven’s Eyes ist das angenehmste und schmissigste Lied Films, ohne fehl am Platz zu wirken, Playing with the Big Boys geht am ehesten in Richtung Comdey-Song, passt aber wunderbar zur Szene, in der Gottes Macht den ägyptischen Zauberkünstlern gegenübergestellt wird, The Plagues (mein persönlicher Favorit, schon allein, weil Ralph Fiennes mitsingt) setzt die ägyptische Plagen wortgewaltig in eine musikalische Montage um und When You Believe sorgt für einen gelungenen Abschluss.
Fazit: Grandiose Dreamworks-Umsetzung der Moses-Geschichte. Dank toller Musik, Sprecher, der Schauwerte und des emotionalen Kerns sowohl für Gläubige als auch Atheisten und alles dazwischen geeignet.