GoT: The Rains of Castamere

season 3
Das ist die Episode, auf die alle gewartet haben. Buchleser wussten natürlich, was kommen musste, während aufmerksame Nichtbuchleser zumindest wussten, dass etwas kommen würde. Fast alle Buchleser (und da schließe ich mich mit ein) vereinte eine geradezu sadistische Erwartungshaltung, wie die Uneingeweihten wohl auf die Rote Hochzeit reagieren würden. Und wahrlich, wir wurden nicht enttäuscht. Bereits am Tag nach der Ausstrahlung tauchten auf YouTube Reaktionsvideos auf, aufgenommen von Eingeweihten, die sich am Schock und dem Entsetzen ihrer Freunde und Verwandten genüsslich weideten. Zusätzlich gab es Artikel, Tweets, und, und, und… Viele bezeichnen „The Rains of Castamere“ als das Schockierendste, was sie je im Fernsehen gesehen haben. Unter den Buchlesern gehen die Meinung dagegen relativ weit auseinander: Manche fanden die Umsetzung ebenso intensiv wie das entsprechende Kapitel oder sogar noch intensiver, während andere absolut unzufrieden waren.
Auch abseits der Roten Hochzeit passiert in dieser Episode einiges, allerdings gehen die anderen Handlungsstränge ein wenig unter. Buchleser erwarten die Rote Hochzeit und achten in erster Linie auf das Geschehen bei den Twins (jedenfalls ging es mir bei der ersten Sichtung so), während für Nichtbuchleser die anderen Ereignisse dieser Episode schlicht von der Hochzeit überschattet werden. Vor allem Daenerys‘ Handlungsstrang wirkt vom Rest des Geschehens ziemlich abgesondert, was in dieser Episode ein wenig unglücklich ist – ich hatte erwartet, dass ihr Handlungsstrang in dieser Episode pausiert. Immerhin erwies sich meine Vermutung beim King’s-Landing-Personal als korrekt.

Yunkai
Nachdem sie nun die Second Sons auf ihre Seite gebracht hat, möchte Daenerys Yunkai, das nach wie vor von hohen Mauern geschützt wird, einnehmen. Ihr neuer Verbündeter Daario Naharis schlägt vor, durch einen geheimen Seiteneingang hineinzukommen. Alles in allem weicht die Eroberung Yunkais in der Serie stark von den Ereignissen im Roman ab, wo Daenerys die feindlichen Söldner alkoholisiert und dann einen Überraschungsangriff startet. In der Serie erinnert die Eroberung Yunkais eher an die Eroberung Meerens, wo Daenerys‘ Leute ebenfalls in die Stadt eindringen, was abermals zu Spekulationen einlädt: Werden Yunkai und Mereen in der Serie zu einer Stadt fusioniert?
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Grauer Wurm (Jacob Anderson)

Jedenfalls ist bereits spürbar, dass sich Daenerys zu Daario hingezogen fühlt. Ebenso spürbar ist Jorah Mormonts Abneigung gegenüber dem Söldnerführer. Schließlich wird beschlossen, dass Jorah, Daario und Grauer Wurm, der Anführer der Unbefleckten, in die Stadt eindringen, während Ser Barristan, wie im Roman, bei Daenerys zurückbleibt. Möglicherweise sind es Jorahs Abschiedsworte an Barristan, die ihn schließlich dazu veranlassen, seiner Königin von Jorahs Verrat zu berichten – vorausgesetzt, dass dies in der Serie noch vorkommt.
Die vollständige Eroberung der Stadt wird nicht gezeigt, wohl aus Budgetgründen, aber immerhin der Anfang, das Einschleichen á la trojanischer Krieg (nur ohne hölzernes Pferd) bekommen wir zu sehen, inklusive einer Actionszene, in welcher sehr schön die verschiedenen Kampfstile von Daario, Jorah und Grauer Wurm herausgearbeitet werden. Vor allem Letzterer beweist, dass er es durchaus mit den besten Kämpfern der Serie aufnehmen kann. Das Ganze endet in einem Minicliffhanger, bis schließlich Jorah und Grauer Wurm wieder bei Daenerys auftauchen und von ihrem Sieg berichten. Besonders muss in dieser kleinen Szene Iain Glenn gelobt werden, dessen Mimik genau zeigt, dass Daenerys‘ Frage nach Daario (der natürlich überlebt hat) ihm das Herz bricht.
Obwohl die Umsetzung eigentlich gut ist, wirken die Ereignisse in Essos noch stärker von allem anderen entfernt, als dies sonst der Fall.

Nördlich der Mauer
Sam und Gilly wandern immer noch in Richtung Mauer, die sie in dieser Episode auch erreichen (allerdings nach wie vor ohne Kalthand). Sam nutzt die Gelegenheit gleich, um ein wenig mit seinem Buchwissen anzugeben, was auch prompt funktioniert; Gilly hält ihn für einen Zauberer. Martin hatte schon immer große Sympathie für Bücherwürmer, und wer könnte es ihm verdenken.

Südlich der Mauer
Unglaublich, aber wahr: Rickon spricht! Nachdem er fast die gesamte Staffel lang geschwiegen hat, gibt er etwas von sich, und das in der Folge, in der er sich wohl ersteinmal für längere Zeit verabschiedet. Die beiden Stark-Kinder, die Reeds, Osha und Hodor erreichen die Schenkung (in den Romanen spielt sich das Ganze in Queenscrown ab). Die Gruppe findet in einem Turm Unterschlupf, wo wir erfahren, dass Hodor Gewitter nicht mag.
Hier findet auch das erste Beinahezusammenreffen der Starks statt, denn Jon Snow ist ganz in der Nähe. Die Wildlinge rücken weiter vor (und das in nicht gerade subtiler Weise), während Jon Snows Loyalität ein weiteres Mal auf die Probe gestellt wird, dieses Mal mit fatalem Ausgang. Ein weiteres Mal soll Jon eine Hinrichtung vornehmen, dieses Mal an einem Pferdezüchter der Nachtwache, und ein weiteres Mal kann er es nicht, weshalb es schließlich zur Auseinandersetzung kommt. Es folgt die finale Konfrontation mit Orell, den nun doch noch sein Schicksal ereilt. Sogar der Übergang seines Geistes in den Adler wurde mit eingebaut, auch wenn der Adler selbst nicht lange überlebt.
Derweil lernt Bran, dass er nicht nur in den Geist von Summer, sondern auch in den Hodors, dessen Angst vor dem Gewitter immer stärker wird, schlüpfen kann, um ihn so zu beruhigen, damit sie nicht von den Wildlingen entdeckt werden. Laut Jojen beherrscht kein anderer Warg dieses Kunststück. Kurz darauf hilft Bran Jon im Kampf gegen die Wildlinge, in dem er von Summer Besitz ergreift und Jon so die Flucht ermöglicht.
Nachdem sich die Lage wieder beruhigt hat, kommt es zur Trennung zwischen den Stark-Brüdern: Osha und Rickon bleiben südlich der Mauer, während Bran, die Reeds und Hodor sich weiter nach Norden aufmachen (womit die Serie wieder zur Vorlage zurückkehrt). Dies sind durchaus bedeutende Momente, die alle für die jeweilige Handlung sehr einflussreich sind, im Vergleich zur Roten Hochzeit allerdings verblassen.

Die Twins
Bevor Robb Walder Frey gegenübertritt, führt er ein letztes Gespräch mit seiner Mutter, in welchem beide noch einmal über den Plan, Casterly Rock anzugreifen, sprechen. Diese Konversation ist die erste in einer Reihe von Maßnahmen, die dazu dienen, den Zuschauer in Sicherheit zu wiegen: Endlich scheint alles für die Starks nach Plan zu verlaufen: Catelyn und Robb söhnen sich aus und sie gibt ihm praktisch ihren Segen. Im den Romanen sieht die Situation etwas anders aus, da Robb dort nicht plant, Casterly Rock anzugreifen, sondern den Norden zurückzuerobern. Auch hat er vor, seine Mutter quasi abzuschieben und in Seaguard unterzubringen, was diese, ebenso wie Robbs Absicht, Jon Snow als Eddard Starks Sohn zu legitimieren und ihn zu seinem Erben zu machen, nicht besonders gut aufnimmt. In der Serie ist hiervon keine Rede.
Die Ankunft auf den Twins ist ein wenig reduziert (kein Vorfall mit Greywind o.ä.), im Großen und Ganzen aber sehr buchgetreu. Auffällig ist, dass Walder Frey nicht, wie in den Romanen, erst auf Nachfrage etwas zu essen serviert, sondern dass direkt Brot und Salz herumgegeben werden. Vielleicht wäre es geschickt gewesen, in einer der vorherigen Episoden noch einmal auf das Gastrecht und seinen heiligen Status hinzuweisen, ähnlich wie in „Second Sons“ die Bedeutung von The Rains of Castamere erklärt wurde.
Robb muss sich nun bei Walder Freys Töchtern und Enkelinnen entschuldigen. Hierbei ist vor allem Edmure auffällig (und ziemlich komisch), der nervös alle ausgiebig mustert und sich fragt, ob seine Zukünftige wohl ebenfalls so aussieht wie die hier vorgeführten Damen. Anschließend nimmt Walder Talisa ausgiebig in Augenschein und erklärt gönnerhaft, dass er, wäre er an Robbs Stelle gewesen, ähnlich gehandelt hätte.
Derweil haben Arya und der Bluthund die Twins fast erreicht. Auf dem Weg treffen sie einen Wagenfahrer mit gebrochener Achse, der Fleisch für die Hochzeit bringen soll. Diese Gelegenheit wird noch einmal genutzt, um einen wichtigen Charakterzug der Starks herauszuarbeiten (etwas Ähnliches findet sich in dieser Episode auch bei Jon Snow): Ihre Ehre und ihr Mitleid. Interessanterweise sind es beides Mal alte Männer, die gerettet werden sollen – ironisch, wenn man bedenkt, dass es zwei andere alte Männer sind, die schließlich das Schicksal des Hauses besiegeln. Dennoch scheint Sandor Glegane allgemein eine schwache Seite für Stark-Mädchen zu haben. Schließlich erreichen auch die beiden die Twins und das zweite Beinahezusammentreffen rückt näher. Wie der Bluthund korrekt bemerkt, fürchtet Arya (zurecht), dass kurz vor dem Ziel noch alles schief gehen könnte. Sowohl Arya als auch Sandor beweisen hier, dass sie sehr gut in der Lage sind, den jeweils anderen zu durchschauen.
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Edmure (Tobias Menzies) und Roslin (Alexandra Dowling)

Und nun kommen wir zum eigentlichen Kern, der Hochzeit. Gerade hier gibt es im Vergleich zu den Romanen einige wirklich signifikante Änderungen, und damit meine ich nicht einmal die Anwesenheit Talisas und des Blackfish. Die gesamte Herangehensweise ist unterschiedlich. Im Buch herrscht von Anfang an eine extrem unangenehme Atmosphäre, die sich nach und nach immer weiter steigert und auch sehr stark mit Catelyns Perspektive zusammenhängt (die zuerst vermutet, dass alles noch eine persönliche, aber keine tödliche Rache Walder Freys ist, die man eben erdulden muss): Es ist extrem warm und stickig, das Essen ist schlecht, die Musiker spielen grauenvoll (aus gutem Grund, denn die meisten sind keine Musiker, sondern Schützen). Das Ganze Unbehagen steigert sich kontinuierlich, bis, nachdem Edmure und Roslin (Alexandra Dowling) das Fest verlassen haben, um die Ehe zu vollziehen, The Rains of Castamere erklingt und die Feier nahtlos ins Gemetzel übergeht. In der Episode dagegen scheint zuerst alles gut zu laufen: Edmures Braut entpuppt sich als Walder Freys attraktivste Tochter, und die Gäste scheinen die Hochzeitsfeier zu Beginn sogar als angenehm zu empfinden – zumindest die Musikanten spielen nicht schrecklich. Die Buchhochzeit baut stärker auf Atmosphäre und Steigerung des Horrors, während die Serienhochzeit den Schock in den Vordergrund stellt. Bis zu dem Zeitpunkt, als die Musiker beginnen, The Rains of Castamere zu spielen, scheint alles in Ordnung zu sein (fast schon zu gut): Catelyn und Robb lachen, scherzen sogar, die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Die Anzeichen für das Kommende sind subtiler: Zuerst trinkt Roose Bolton nur keinen Alkohol.
Bevor ich zum Verlauf des Massakers komme, noch ein paar kleine auffällige Details: Vor und während dem Betten spielen die Musikanten, wie schon auf Sansas und Tyrions Hochzeit, The Bear and the Maiden Fair.
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Walder Frey (David Bradley)

Da der Blackfish pinkeln muss und während des Massakers nicht anwesend ist, kann man wohl davon ausgehen, dass er überlebt hat und später, wie gehabt, Jaime Lannister gegenübertritt.
Catelyn erzählt Roose Bolton, dass Ned Stark das Betten auf ihrer Hochzeit nicht zugelassen habe; dies steht in starkem Kontrast zum Roman, wo sich Catelyn während der Feier ebenfalls an ihre eigene Hochzeit erinnert.
Und noch ein besonderes Bonbon: Talisas und Robbs Sohn soll Eddard heißen – eindeutig kein gutes Omen.
Schließlich werden die Tore geschlossen und The Rains of Castamere erklingt. Ab diesem Moment wird auch die Serienhochzeit verdächtig und Catelyn schwant bereits Übles, ebenso wie Greywind, der in einem Pferch außerhalb festgehalten wird. Sandor und Arya erreichen derweil die Hochzeit, werden aber nicht hereingelassen.
Im Gegensatz zum Roman geht die Feier nicht einfach ins Gemetzel über: Nachdem die Musikanten zu spielen aufgehört haben, hält Walder Frey erst eine kleine Ansprache, bevor einer seiner Söhne damit beginnt, seinen Dolch mehrfach in Talisas Bauch zu rammen. Kurz darauf wird Robb von Armbrustbolzen gespickt (Boromis Sohn bringt das natürlich nicht sofort um) und das Schlachten beginnt. Talisas Tod macht das Ganze noch ein wenig harscher und tragischer, an anderer Stelle wird allerdings geschont: Catelyns Tod ist, so unglaublich das auch klingt, hier angenehmer als im Buch, wo sie sich erst das Gesicht völlig zerkratzt und über dem Anblick ihres toten Sohnes den Verstand verliert.
Ich muss leider sagen, dass ich von der Roten Hochzeit sogar minimal enttäuscht bin, allerdings wirklich nur minimal. Das hängt nicht mal so sehr mit der Verschiebung des Fokus von Atmosphäre auf Schock zusammen (obwohl gerade dieses Thema viel Diskussionsstoff bietet – funktioniert diese Herangehensweise für ein visuelles Medium besser oder nicht?), sondern eher damit, dass ich mir die Hochzeit, die ich persönlich für eines der stärksten Stücke Literatur überhaupt halte, sehr detailliert ausgemalt habe, vor allem musikalisch. Das eigentliche Schlachten wird von relativ schrillem Underscoring begleitet – ich persönlich hätte mir gewünscht, dass, wie im Roman, weiter The Rains of Castamere gespielt wird, bis am Ende nur noch die Trommeln zu hören sind. Auch gelungen hätte ich den The-Compass-and-the-Ruler-Ansatz gefunden: In besagtem Stück aus dem Soundtrack von „From Hell“ geht die intradiegetische Musik in die extradiegetische über. Djawadi hätte das ebenso machen können und sein Orchester eine besonders garstige Variation des Rains-of-Castamere-Themas spielen lassen können, ähnlich der Version des Hauptthemas in der letzten Folge der zweiten Staffel.
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Catelyn (Michelle Fairley) wird vom Schwarzen Walder (Tim Plester) ermordet

Letztendlich ist das allerdings Kritik auf sehr hohem Niveau. Der eindeutige Gewinner dieser Episode ist David Bradley als Walder Frey, der genauso eklig und widerlich ist, wie er sein muss. Perfektes Mienenspiel, Hut ab. Ebenso gelungen fand ich Greywinds Hinrichtung, welche die arme Arya mitansehen musste, und Walder Freys Frau gibt in der Tat eine bessere Geisel ab als ein geistig behinderter Enkel. Und schließlich die Stille während des Abspanns: Ein grandioser Schachzug.

Fazit: Sehr gelungene Umsetzung der Roten Hochzeit, die aber in meinen Augen noch besser hätte sein können. Der Rest der Episode überzeugt ebenfalls, verblasst aber wegen der letzten Viertelstunde.

Game of Thrones Staffel 3:
Valar Dohaeris
Dark Wings, Dark Words
Walk of Punishment
And Now His Watch Is Ended
Kissed by Fire
The Climb
The Bear and the Maiden Fair
Second Sons
Mhysa

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

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