Nachdem ich für meinen Artikel über GoT-Staffel 2 doch ziemlich lange gebraucht habe, werde ich für Staffel 3 mal etwas neues ausprobieren: Brandaktuelle Episodenreviews, die, wenn alles wie geplant läuft und mir nicht etwas einen Strich durch die Rechnung macht, immer in der Woche nach Ausstrahlung folgen. Ich muss wohl nicht zusätzlich erwähnen, dass es hier massive Spoiler sowohl zur Serie als auch zu den Romanen geben wird. Wer die Serie noch nicht kennt, sollte also lieber meine spoilerfreie Rezension zu Staffel 1 lesen, die Episoden-Reviews sind nur für diejenigen, die die Folge schon gesehen (und möglichst die Bücher gelesen) haben oder sich nicht um Spoiler scheren.
Der Titel der ersten Folge der dritten Staffel ist quasi eine direkte Antwort auf den Titel der letzten Episode von Staffel 2. Nach Valar Morghulis (Valyrisch für: „Alle Menschen müssen sterben“) folgt die klassische Antwort auf diesen Ausspruch: Valar Dohaeris (ebenfalls Valyrisch: „Alle Menschen müssen dienen“). Anders als in der Folge „Valar Morghulis“ kommt die titelgebende Phrase in dieser Episode nicht vor (sie dürfte wohl erst in Staffel 4 auftauchen), und auch die Arya-Handlung nimmt erst einmal eine Auszeit, der Titel ist also auf anderer Ebene angesiedelt und bezieht sich wohl in erster Linie auf die Unberührten , aber auch auf alle anderen die dienen müssen (die Mitglieder der Nachtwache, Könige und Königinnen, die eigentlich dem Volk dienen sollten etc.).
Auffällig ist, dass einige Handlungsstränge erst einmal zurückgefahren wurden: Neben Arya fehlen auch Bran, Theon Greyjoy (den man in der Serie wohl, im Gegensatz zum Roman, zu sehen bekommen wird), Jaime und Brienne (ironisch, wenn man bedenkt, dass nach dem Prolog das erste Kapitel ein Jaime-Kapitel ist). Dennoch begrüße ich die Struktur dieser Episode. Gerade in der zweiten Staffel gab es für meinen Geschmack mitunter zu viele Sprünge zwischen den Charakteren, die jeweils nur in sehr kurzen Szenen auftraten. „Valar Doehris“ dagegen nimmt sich länger Zeit. Die Szenen sind mitunter fast schon kammerspielartig geworden (im positiven Sinn) und konzentrieren sich stark auf die Charaktere. Der Exploitationfaktor ist dagegen ziemlich gering, es gibt lediglich eine kurze Szene mit Bronn im Bordell und eine abgetrennte Brustwarze.
Eigentlich weiß diese erste Episode der dritten Staffel rundum zu überzeugen, wäre da nicht der Anfang…
Im Intro sind dieses Mal bis auf eine Ausnahme – Astapor – nur bereits bekannte Orte auf der Karte zu sehen. Anzumerken ist allerdings, dass Winterfell qualmt.
Nördlich der Mauer
Nachdem eine abgeänderte Version des Prologs von „A Storm of Swords“ bereits als episches, wenn auch nicht ganz logisches Finale der zweiten Staffel diente (warum bringen die Weißen Wanderer Sam nicht einfach um?), geht es in Staffel 3, noch vor dem Intro, direkt mit Sam weiter. Der Cliffhanger wird leider ziemlich unbefriedigend aufgelöst, von einer möglichen Schlacht ist nichts mehr zu sehen (lediglich Kampfeslärm ohne Bilder deutet darauf hin). Stattdessen trifft Sam wieder auf Mormont und seine Brüder, während sich Ghost (sollte der nicht bei Jon sein?) mit einem Wiedergänger anlegt.
Mance Rayder (Ciarán Hinds)
Nach dem Intro springen wir dann auch sofort zu Jon, der mit Ygritte im Lager der Wildlinge angekommen ist, und treffen zusammen mit ihm, neben dem ersten Riesen der Serie (sofort sympathisch) zum ersten Mal auf Tormund Giantsbane (Kristofer Hivju) und Mance Rayder (Ciarán Hinds). Beide sind sehr gut getroffen, wobei ich vor allem Ciarán Hinds wirklich äußerst gut in seiner Rolle finde. Schon als Gaius Iulius Caesar in HBOs „Rome“ hat er gezeigt, dass er ein enormes Charisma besitzt und glaubhaft einen Anführer darstellen kann. Als Mance Rayder tut er dies abermals. Man versteht, weshalb er die Wildlinge anführt und man kann ihn sich ebenso gut als Mitglied der Nachtwache vorstellen. Auch das Gespräch zwischen ihm und Jon ist sehr schön umgesetzt.
Dragonstone
Davos‘ Handlungsstrang wurde recht stark vereinfacht. Wie im Buch wird er von Salladhor Saans Leuten gerettet und nach Dragonstone gebracht. Die Begegnung mit Stannis‘ Tochter Shireen und Robert Baratheons Bastard Edric Storm fällt ebenso weg wie die ausführliche Planung des Mordes an Melisandre, Davos macht lediglich Andeutungen. Er wird auch nicht von Ser Axell Florent in Gewahrsam genommen. Stattdessen entschieden sich die Macher, das Ganze direkter zu gestalten. Davos wird zu Stannis gebracht und greift Melisandre (scheinbar) im Affekt an. Liam Cunningham spielt Davos gewohnt überzeugend und das Wiedersehen mit Salladhor Saan ist ebenfalls erfreulich. Stannis ist seit der letzten Staffel noch stoischer geworden und gibt kaum mehr ein Wort von sich – die Atmosphäre der Szene erinnert ein wenig an die letzten Tage im Führerbunker.
Man darf wohl gespannt sein, wie sich dieser Handlungsstrang entwickelt, da nach dem Buch mit Davos, Stannis und Melisandre nicht allzu viel passiert, bis sie zur Mauer aufbrechen (was wohl erst in der vierten Staffel passieren dürfte) – in erster Linie lernt Davos lesen und denkt viel nach. Möglicherweise verbringt er ja ein, zwei Folgen im Kerker von Dragonstone oder der Handlungsstrang wird noch um zusätzliche Elemente erweitert. Wir werden wohl auf jeden Fall bald Stannis‘ Frau Selyse (Tara Fitzgerald) und seine Tochter Shireen (Kerry Ingram) zu sehen bekommen.
Harrenhal
Ich muss sagen, Robb Starks Besuch in Harrenhal hat mich ein wenig überrascht. Das Ganze dürfte wohl vor allem mit den Änderungen in Staffel 2 zusammenhängen; während im Roman Roose Bolton (durch Aryas Mithilfe) Harrenhal übernimmt, ist dies in der Serie (noch?) nicht der Fall. Ebenso erfährt Catelyn von Robbs Hochzeit erst in Band 3, während sie in Staffel 2 selbst dabei war. Wie genau diese Änderung zu diesem Zeitpunkt zu bewerten ist, lässt sich schwer sagen. Momentan kann man wohl davon ausgehen, dass hier ein etwas umständlicher Weg zu dem Zustand gewählt wurde, in dem Harrenhal sich befinden muss, wenn Jaime und Brienne eintreffen.
Sehr schön wird allerdings das sich verschlechternde Verhältnis zwischen Robb und Catelyn dargestellt – erstaunlich, was Michelle Fairley mit ein paar Blicken alles vermitteln kann. In dieser Szene feiert auch Qyburn (Anton Lesser), der Maester ohne Kette, eine ebenso interessante wie mysteriöse Nebenfigur, sein Debüt. In „A Clash of Kings“ als Teil der „Tapferen Kameraden“ eingeführt, tritt er später in Cersei Lannisters Dienste und ist verantwortlich für einige interessante Experimente.
King’s Landing
Tyrion (Peter Dinklage), Bronn (Jerome Flynn) und Podrick Payne (Daniel Portman)
In der Hauptstadt der Sieben Königslande beschäftigt sich alles nach wie vor mit den Auswirkungen der beiden letzten Episoden von Staffel 2. Tyrion ist seither um einiges paranoider geworden und führt ein nicht im Roman vorkommendes, aber nichts destotrotz interessantes Gespräch mit Cersei (inklusive Anspielung auf Tyrions fehlende Nase im Roman), die vor allem über das besorgt ist, was Tyrion ihrem Vater erzählen könnte. Bronn gefällt sich währenddessen in seiner neuen Stellung als Ritter äußerst gut. Eines meiner persönlichen Highlights der Folge war auf jeden Fall das Gespräch zwischen Tyrion und Tywin. Charles Dance und Peter Dinklage sind in meinen Augen die beiden besten Schauspieler der Serie, und eigentlich war es verdammt schade, dass sie in Staffel 2 keine einzige Szene zusammen hatten. In ihrer gemeinsamen Szene in „Valar Dohaeris“ spielen beide meisterhaft und gehen vollkommen in ihrer Figur auf, vor allem, da beide in dieser Szene die Gelegenheit bekommen, die Masken ihrer Figuren fallen zu lassen: Tyrion strebt nach Anerkennung und seinem Recht, während Tywins Hass auf seinen Sohn sein Urteilsvermögen trübt, was sich ja letztendlich als fatale Schwäche erweist. Großartig ist in dieser Hinsicht auch der Einsatz des Rains-of-Castamere-Themas, welcher das Ende der Szene perfekt untermalt.
Andernorts zeigt sich derweil ein weiteres Mal, dass Shae für Ratespiele und dergleichen nichts übrig hat, auch wenn sie sich Sansa gegenüber nicht ganz so barsch verhält wie es bei Tyrion in einer ähnlichen Situation in Staffel 1 der Fall war. Hier wird auch eine weitere Änderung aus Staffel 2 behandelt: In „A Clash of Kings“ bietet Ser Dontos, der Sansa sein Leben verdankt, ihr an, sie aus King’s Landing zu bringen (im Auftrag Littelfingers, aber das weiß Sansa zu diesem Zeitpunkt nicht). In „Valar Motghulis“ wurde bereits eine Andeutung gemacht, dass Littlefinger in der Serie persönlich für alles sorgen wird, was sich nun in „Valar Dohaeris“ bestätigt. Das nimmt Littlefingers Machenschaften natürlich einiges an Komplexität, ist aber durchaus zu verkraften. Diese Szene ist voller kleiner Andeutungen, unter anderem wird klar, dass Littlefinger Arya auf Harrenhal sehr wohl erkannt haben dürfte, während Ros‘ Warnung an Shae wohl auf Varys zurückzuführen ist. Es stellt sich die Frage, ob Shae dasselbe Schicksal erleidet wie in der Vorlage und wie Ros‘ zukünftiges Schicksal aussieht.
Die weiteren Szenen in King’s Landing schlagen eine interessante Richtung ein, weil sie den Umstand nutzen, nicht an die POV-Charaktere gebunden zu sein. Joffrey beobachtet, wie seine zukünftige Braut Margaery in einem Waisenhaus wohltätige Arbeit leistet; sie spricht mit Kriegswaisen und spendet ihnen Trost. Diese Szene, sowie das darauffolgende Dinner der Lannisters und Tyrells (ohne Tyrion und Tywin, wohlgemerkt), zeigen Joffrey in einer ungewohnten Geisteshaltung, da er das, was Margaery da tut, vor allem von seiner Mutter überhaupt nicht kennt und so zum ersten Mal sieht, dass eine Königin sich auch anders verhalten kann. Gleichzeitig erhält Margaery mehr Profil als in den Romanen (erste Andeutungen gab es bereits in Staffel 2), was in jedem Fall zu begrüßen ist. Sehr geschickt wird hier die sich steigernde Beliebtheit der Tyrells in King’s Landing gezeigt, über die man in der Vorlage lediglich informiert wird. Gleichzeitig wird auch die Bedrohung für Cersei deutlich, die die Prophezeiung, von der man in „A Feast for Crows“ erfährt (eine jüngere und schönere Königin wird sie ablösen), wahrwerden sieht.
Astapor
Nachdem Daenerys vor allem zu Beginn der zweiten Staffel ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde, erfolgt hier der Ausgleich. Schon ihre erste Szene wird von einem beeindruckenden Drogon eröffnet, der äußerst gut animiert ist – kein Wunder, stammt er doch abermals aus dem SFX-Studio Pixomondo, dessen Hauptsitz sich in Stuttgart befindet.
Missandei (Nathalie Emmanuel)
Die Szenen in Astapor sorgen schließlich für einen äußerst gelungenen Abschluss der Episode.
Wie schon bei Davos wurde auch hier letztendlich viel vom „Zusatz“ gestrichen, stattdessen fokussierten man sich auf die, nennen wir es einmal Haupthandlung. Die Szene auf Daenerys‘ Schiff ist recht kurz und es fehlen viele Konversationen, was auch mit dem Fehlen Ser Barristan Selmys zusammenhängt, der, verkleidet als Arstan Weißbart, in „A Clash of Kings“ bereits zu Danys Khalasar stößt. In der Serie taucht er dagegen erst am Ende dieser Episode auf.
Sehr schön umgesetzt ist das Gespräch mit Kraznys mo Nakloz (Dan Hildebrand), das eindeutig das lustigste Element der Episode ist. Auch wenn Dan Hildebrand nicht so voluminös ist, wie Kraznys im Buch beschrieben wird, passt er doch wunderbar, da er punktgenau die Arroganz und die schlechten Manieren der Figur vermittelt. Auch Missandei (Nathalie Emmanuel) unterscheidet sich von ihrem Gegenstück aus „A Storm of Swords“; in der Serie ist sie gut zehn Jahre älter und recht…üppig. Da Dany in der Serie inzwischen keine Zofen mehr hat (Jhiqui taucht nur einmal kurz in Staffel 1 auf und Irri und Doreah sterben in Staffel 2) ist wohl anzunehmen, dass Missandei nicht nur ihre Funktion aus den Romanen haben wird, sondern auch als Zofenersatz dient.
Die Rückkehr Ser Barristan Selmys, unterlegt vom GoT- und von Daenerys‘ Thema, ist noch einmal ein weiteres Highlight der Episode, vor allem, weil ich die Figur äußerst gerne mag (was für ein Abgang in Staffel 1). Die Szene aus dem entsprechenden Kapitel in „A Clash of Kings“ wurde von Qarth nach Astapor verlegt und um ein richtig schön fieses Hexenmeister-Mädchen erweitert (als ob wir nach „Der Exorzist“ und „The Ring“ nicht schon wüssten, dass kleine Mädchen das absolute Böse sind). Bemerkenswert ist, dass Selmys Identität hier sofort enthüllt wird, was wohl vor allem aus dramaturgischen Gründen geschieht: Im Roman lässt sich seine Identität gut verhüllen, in der Serie dagegen ist dies weitaus schwieriger. Man wird sehen, wie Dany in der kommenden Episode mit der Enthüllung umgeht.
Fazit: Eine äußerst gelungene Einstiegsepisode, die ein wenig enttäuschend anfängt, dann aber enorm zulegt und gewaltigen Appetit auf den Rest der Staffel macht.
Game of Thrones Staffel 3:
Dark Wings, Dark Words
Walk of Punishment
And Now His Watch Is Ended
Kissed by Fire
The Climb
The Bear and the Maiden Fair
Second Sons
The Rains of Castamere
Mhysa
Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3