Harry Potter und der Orden des Phönix – Soundtrack

hp5ost
Tracklisting:

01. Fireworks
02. Professor Umbridge
03. Another Story
04. Dementors in the Underpass
05. Dumbledore’s Army
06. The Hall of Prophecies
07. Possession
08. The Room of Requirements
09. The Kiss
10. A Journey to Hogwarts
11. The Sirius Deception
12. The Death of Sirius
13. Umbridge Spoils a Beautiful Morning
14. Darkness Takes Over
15. The Ministry of Magic
16. The Sacking of Trelawney
17. Flight of the Order of the Phoenix
18. Loved Ones & Leaving

Wie auch Mike Newell brachte David Yates, ab „Harry Potter und der Orden des Phönix“ Regisseur der Reihe (und mit vier Filmen der Regisseur, der am meisten Potter-Streifen gedreht hat), seinen Stammkomponisten mit. Wie Yates hatte Nicholas Hooper vor dem „Orden des Phönix“ keine Blockbustererfahrung, Regisseur und Komponist hatten zuvor vor allem an Fernsehprojekten, zum Beispiel der sechsteiligen BBC-Miniserie „State of Play“, zusammengearbeitet.
Hoopers Stil unterscheidet sich massiv von dem von Williams und Doyle, seine Herangehensweise weist allerdings zwei Parallelen zu Letzterem auf: Wie Doyle arbeitet auch Hooper nicht mit den Leitmotiven seiner Vorgänger, sondern fängt mit der Motivsprache von vorne an und wie bei Doyle ist Hedwigs Thema die einzige Ausnahme: Die Verwendung des Franchise-Themas ist bei beiden Komponisten ziemlich ähnlich (siehe auch den entsprechenden Artikel). Darüber hinaus gibt es noch zwei kleine Williams-Verweise, die aber nicht leitmotivischer Natur sind. Beide finden sich in Dementors in the Underpass: Wie in „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ werden die Dementoren von Dissonanzen repräsentiert, während das Auftauchen von Harrys Patronus von einem wortlosen Chor begleitet wird. Beides geschieht jedoch, ohne das Williams-Material direkt zu zitieren.
Davon einmal abgesehen ist es ziemlich verblüffend, dass Hoopers musikalischer Stil dem von Patrick Doyle fast diametral entgegengesetzt ist. Was bei Doyle „zu viel“ war ist bei Hooper „zu wenig“, man merkt ihm seine TV-Herkunft an. Wo Doyles Score zu üppig war, ist Hoopers Musik zu minimalistisch und leitmotivisch zu wenig ausgeprägt. Gewiss hat sie ihren ganz eigenen Charme und ist durchweg angenehm zu hören, beschränkt sich aber zu oft auf schlichte Untermalung und enttäuscht so auf narrativer Ebene. Zugegebenermaßen wäre es allerdings unfair, Hooper die alleinige Schuld zu geben. Da „Der Orden des Phönix“ die Ereignisse des Buches nur sehr knapp wiedergibt, sind die Möglichkeiten diesbezüglich mitunter eingeschränkt. Umso wichtiger wäre es deshalb gewesen, das thematische Material der Vorgänger miteinzubeziehen und darauf aufzubauen.
Leitmotivische Ideen sind zwar vorhanden, werden aber ungenügend ausgebaut. Das markanteste Thema gehört zu Professor Umbridge, der von Imelda Staunton gespielten neuen Lehrerin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, und ist vor allem in Umbridge Spoils a Beatiful Morning (recht dezent) und in Professor Umbridge zu hören. Es handelt sich dabei um eine ziemlich eingängige Melodie, die laut Hooper Ohrwurmcharakter haben und den Zuhörer irritieren soll. Dieses Thema repräsentiert vor allem die „pinke Seite“ Umbridges und ihr übermäßig süßliches Gehabe. Grundsätzlich ist dieses Thema sehr gelungen, was allerdings fehlt, ist eine adäquate Entwicklung. Mit der Zeit gewinnt sie innerhalb der Schule immer mehr Macht und schafft es gar, Dumbledore hinauszuekeln, es wäre also anzunehmen, dass ihr Thema immer kräftiger und garstiger wird, je mehr Umbridge ihr wahres Gesicht zeigt. Doch nach den ersten Einsätzen in der ersten Hälfte des Films verschwindet es aber fast zur Gänze aus dem Score, lediglich am Anfang von Darkness Takes Over ist eine leise Andeutung zu hören.
Das zweite markante Thema ist das Possession-Thema, das für die langsame Besitzergreifung Harrys durch Voldemort steht und im gleichnamigen Track am deutlichsten zu hören ist, ebenso wie in The Sirius Deception. Grundsätzlich ist auch dieses Thema gut und wirkungsvoll, aber zu subtil und im Score nicht präsent genug.
Darüber hinaus gibt es kaum leitmotivisches Material. The Flight of the Order of the Phoenix könnte man als Thema besagten Ordens verstehen, es gibt auch eine Verbindung zur Musik, die das Treffen von Dumbledores Armee untermalt (zweite Hälfte von Dumbledore’s Army) und der, die beim Aufbruch ins Ministerium gespielt wird (zweite Hälfte von The Sirius Deception), doch dies ist alles viel zu vage.
Zu den besten Momenten des Soundtracks gehören interessanterweise viele, die eine rein untermalende Funktion haben – hier wartet Hooper mit einigen kreativen Ideen auf, etwa dem Stück Fireworks, das den Abgang der Weasley-Zwillinge untermalt. Mein persönlicher Höhepunkt ist jedoch das Action-Underscoring des Finales, zu hören in The Hall of Prophecies und The Death of Sirius. Hooper verlässt sich dabei primär auf Streicher und besonders im zweitgenannten Track lässt er sie fast schon Amok laufen.
Für „Harry Potter und der Orden des Phönix“ komponierte Hooper sehr szenisch, ihm geht es vor allem um die Untermalung von Momenten, weniger darum, die Geschichte durch die Musik zu erzählen, er konzentriert sich auf den Augenblick.
Interessanterweise sind seine beiden musikalischen Beiträge zum Potter-Franchise die umstrittensten. Die Werke von Williams, Doyle und Desplat wurden im Großen und Ganzen positiv rezipiert, während die Urteile zu Hoopers Arbeiten sehr gemischt ausfielen. Manche begrüßten den neuen Ansatz und fühlten sich dadurch emotional stärker angesprochen als durch die ersten vier Soundtracks, während andere mit seinen Kompositionen schlicht nichts anzufangen wussten.
Meine eigene Meinung liegt irgendwo dazwischen: Ich erkenne durchaus die Qualitäten des Scores, für mich als Fan der Leitmotivik ist das, was geboten wird, allerdings einfach nicht genug. Wäre dies eine „normale“ Filmmusik würde das Urteil wahrscheinlich positiver ausfallen, als Franchise-Score mangelt es dem „Orden des Phönix“ allerdings an einem roten Faden und einer passenden narrativen Ausarbeitung, von der Verwendung bereits etablierter Themen ganz zu schweigen.
Fazit: Trotz einiger wirklich kreativer Ansätze ist Hoopers Musik zu „Der Orden des Phönix“ wohl die schwächste der Filmreihe, es mangelt an einem Gesamtkonzept, neue Themen sind rar und die, die es gibt, werden ungenügend verarbeitet.

Siehe auch:
Hedwigs Thema
Harry Potter und der Stein der Weisen – Soundtrack
Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Soundtrack
Harry Potter und der Gefangene von Askaban – Soundtrack
Harry Potter und der Feuerkelch – Soundtrack – Soundtrack
Harry Potter und der Halbblutprinz – Soundtrack
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1 – Soundtrack
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2 – Soundtrack

Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 1

THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY
Die Filmadaption eines Romans (oder Comics oder Computerspiels etc.) ist immer eine schwierige Angelegenheit. Eine Geschichte kann nur in ganz seltenen Fällen eins-zu-eins auf ein anderes Medium übertragen werden. Selbst bei Filmen wie „Sin City“, die sich wirklich extrem eng an die Vorlage halten, gibt es kleine Änderungen. Und während eine Comicverfilmung sich noch besser direkt abbilden lässt – unter anderem, weil sich die Dramaturgie bei Film und Comic oft ähnelt, zusätzlich ist es möglich, die Panels als Storyboard zu verwenden – ist die Angelegenheit beim Roman schwieriger. Es gibt andere dramaturgische Anforderungen, innere Monologe müssen meistens wegfallen und grundsätzlich gilt die Regel: „Show, don’t tell!“ Auch sollten Regisseur, Drehbuchautor und sonstige Beteiligte durchaus die eigene künstlerische Vision erlaubt sein, dabei sollten sie aber wiederrum den „Geist“ oder „Kern“ der Vorlage nicht aus den Augen verlieren. Und darüber hinaus ist in den letzten 20 Jahren noch das Internet dazu gekommen; die Stimmen der Fans sind dadurch sehr viel lauter geworden und entscheiden heutzutage über Erfolg oder Misserfolg in viel größerem Ausmaß, als das früher der Fall war.
Die Verfilmung von J.R.R. Tolkiens Kinderbuch „Der Hobbit“ ist diesbezüglich natürlich recht schwierig und stellte Regisseur und Drehbuchautor Peter Jackson sowie seine Kollaborateure Fran Walsh und Philippa Boyens vor eine gewaltige Aufgabe in Form eines schwierigen Drahtseilaktes: Einerseits will man dem Roman treu bleiben, der nun einmal um einiges kindlicher, leichter und harmloser ist als der „Herr der Ringe“. Andererseits will man aber auch das Filmpublikum ansprechen, das erst durch die HdR-Verfilmung auf Mittelerde aufmerksam wurde, nun mehr von epischen Gefechten zwischen Gut und Böse sehen möchte und von sprechenden Troll-Geldbeuteln und ähnlichem wohl eher irritiert wäre. Im Großen und Ganzen wurde diese Aufgabe in meinen Augen mit Bravour bewältigt (auch wenn es einige Schnitzer gibt), aber es lohnt sich sicherlich, „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ diesbezüglich einer genaueren Untersuchung zu unterziehen.
Ursprünglich hätte es ein Artikel werden sollen, aber das Ganze ist schon etwas ausgeufert und würde sonst auch zu lange dauern, weshalb ich mich entschlossen habe, mir an Peter Jackson ein Beispiel zu nehmen und die ausführliche Hobbit-Rezension in zwei bis drei Teile zu teilen.

Allgemeine Beobachtungen
Zuerst einmal ist festzustellen, welches Publikum durch die Hobbit-Verfilmung angesprochen wird. Für Buchpuristen, die ständig aufschreien: „Das steht so aber nicht im Buch“ ist er nämlich mit Sicherheit nichts. Zwar wird eigentlich verhältnismäßig wenig wirklich geändert, aber so einiges wird doch erweitert und umgedeutet. Wer mit der Verfilmung der HdR-Trilogie schon nichts anfangen konnte, wird wohl auch mit „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ und den kommenden beiden Filmen nichts anfangen können. Wer nur epische Schlachten sucht, wird ebenfalls enttäuscht werden, da, trotz aller Bemühungen, den „Hobbit“ ein wenig mehr wie den „Herrn der Ringe“ wirken zu lassen, doch noch sehr viele der kindlicheren Elemente erhalten geblieben sind (und ja, manchmal wirkt der Wechsel zwischen „episch“ und „kindlich“ ein wenig holprig). Wer (wie ich) ein Fan der „größeren“ Mittelerde und der Verbindungen ist, und darüber hinaus nicht der Meinung ist, dass jedes Wort genauso umgesetzt werden muss, wie es niedergeschrieben wurde, der wird wahrscheinlich Gefallen an der Hobbit-Adaption finden, ebenso wie alle, die einfach mehr aus Mittelerde wollen. Man sollte sich vor Augen halten, dass es nun einmal Peter Jacksons Interpretation von Tolkiens Werk(en) ist.
Atmosphärisch ist „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ zwischen dem Roman und der HdR-Trilogie angesiedelt. Die Adaption ist deutlich düsterer als Tolkiens Roman, aber dennoch leichter und weniger grimmig als die alte Trilogie. Das Mittelerde, das Jackson uns hier präsentiert, ist sauberer, die Farben sind kräftiger und es wirkt allgemein fantastischer – im Vergleich dazu erinnert die HdR-Trilogie mitunter eher an ein Historienepos denn an Fantasy. Dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ sauberer wirkt, könnte auch mit dem stärkeren Einsatz von CGI gegenüber den Modellen und klassischen Effekten der Trilogie zusammenhängen. Mit 3D und den 48 fps würden Modelle und praktische Effekte nicht überzeugen, was ich sehr schade finde, da mir die HdR-Kombination von Computer- und altmodischen Effekten sehr gut gefallen hat. „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ wirkt digitaler, was den oben beschriebenen Effekt noch verstärkt. Es nimmt jedoch in meinen Augen kein störendes Ausmaß an, ich kann mich auch mit dem ersten Hobbit-Film in Mittelerde verlieren.
Durch diese atmosphärische Wandlung wirkt das Ganze in der Tat „kindgerechter“ – so fließt in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ beispielsweise auch kein Blut und die Schwerter sind nach der Schlacht sauber (besonders auffällig, als Bilbo Stich aus dem Kopf des Warges zieht). Im Gegensatz dazu spritzte im HdR schon mal gern das Orkblut und die Kämpfe waren allgemein sehr viel dreckiger. Möglicherweise tut sich diesbezüglich allerdings noch etwas in der Special Extended Edition des ersten Hobbit-Films.
Sehr auffällig ist auch, dass Peter Jackson versucht, den Film weniger episodenhaft aufzubauen. Die ersten beiden Drittel von Tolkiens Romans bestehen aus Abenteuern, die wenig bis gar nicht miteinander verknüpft sind. Auch im Film entsteht dieser Eindruck zuweilen, allerdings wurden einige Bemühungen unternommen, die einzelnen Stationen der Reise besser miteinander zu verknüpfen.
Lobend erwähnt werden müssen noch die vielen Details, auf die geachtet wurde, und die oft auftretenden Anspielungen für Fans – Radagast bezeichnet die Spinnen beispielsweise als „Brut von Ungoliant“ und Stich hat noch keine Beschriftung – diese wird erst später auf Bilbos Geheiß hinzugefügt (auf dem Schwert steht in Elbenrunen „Stich ist mein Name – ich bin der Spinne Tod“).

„My dear Frodo…“ – Der Prolog
Der Film beginnt, wie man das erwarten würde: In Beutelsend und mit den vertrauten Klängen des Auenlandthemas, sodass man sich fühlt, als würde man nach langer Abwesenheit wieder nachhause kommen. In bester Herr-der-Ringe-Manier startet auch kurz darauf ein epischer Prolog, der wie in „Die Gefährten“ den unbedarften Zuschauer mit der Vorgeschichte vertraut macht, die im Roman nur erzählt wird. Auch das war zu erwarten und ist schlichtweg großartig geworden. Das Design des Erebor erinnert mit den vielen eckigen Säulen und dem zwergischen Gigantismus stark an Moria – natürlich ist alles lebendiger und bunter. Auch die Stadt Thal ist sehr gelungen, das Design ähnelt den mediterranen Städten des Mittelmeers und erinnert mich persönlich ein wenig an King’s Landing in „Game of Thrones“, welches von Malta „dargestellt“ wurde.
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Die Stadt Thal

Sehr geschickt wurde es vermieden, Smaug schon vollständig zu zeigen: Man sieht nur einen geflügelten Schatten, Füße, man hört ihn, sieht seine Zerstörung, der Drache selbst wird aber noch nicht enthüllt.
Darüber hinaus werden bereits erste Hinweise auf die Drachenkrankheit gestreut, die später noch eine große Rolle spielt, und es gibt einen ersten Blick auf Thranduil (Lee Pace), den König der Waldelben und Vater von Legolas. Dabei kommt unweigerlich die Frage auf, ob Thranduils Design noch auf Guillermo del Toro zurückzuführen ist, denn sein Aussehen (und die Tatsache, dass er auf einem Hirsch reitet) würden irgendwie mehr zu del Toro als zu Jackson passen. Ob man der Feindschaft zwischen Zwergen und Elben, die ja bereits in der HdR-Trilogie etabliert wurde, noch ein weiteres Element hinzufügen muss, ist fraglich – andererseits dürfte die hier dargestellte Situation allerdings für Nichtbuchleser die Fehde ein wenig logischer machen.
Unweigerlich wird hier bereits Thorin (Richard Armitage) als wichtige, tragische und getriebene Hauptfigur etabliert; er ist der zentrale Charakter des Prologs, das Ganze wird zwar vom alten Bilbo (Ian Holm) geschildert, aber dennoch quasi aus Thorins Perspektive.
Im ganzen Film gibt es viele Elemente (Handlungen von Figuren, Einsatz von Musik, Cameos bekannter Figuren, Szenenanordnung etc.), die den „Hobbit“ mit dem „Herrn der Ringe“ verbinden sollen – manche davon sind besser gelungen, andere weniger. Das, was mich diesbezüglich am meisten stört, ist das Auftauchen von Frodo (Elijah Wood) und die kurze Szene zwischen Zwergenrückblick und Beginn der eigentlichen Handlung, da sie die Hobbit-Filme in meinen Augen zu sehr an den „Herrn der Ringe“ kettet und dadurch sie dadurch fast wie ein Spin-off wirken lässt. Auch finde ich Frodos Auftreten ziemlich unnötig. Der alte Bilbo als Rahmen ist eine schöne Idee, aber diesen Rahmen direkt am Tag von Bilbos einundelfzigstem Geburtstag zu platzieren finde ich unnötig.

„There’s far too many dwarves in my dining room.” – Das unerwartete Fest
Die Entscheidung, den „Hobbit“ als Dreiteiler zu verfilmen, sorgt dafür, dass vor allem die erste Hälfte, speziell besagtes unerwartetes Fest, enorm buchgetreu ist. Viele der Dialoge sind direkt und ohne Änderung aus dem Roman übernommen und sogar einige Phrasen des Erzählers tauchen auf, die entweder vom alten Bilbo kommen („In a hole in the ground there lived a hobbit…“) oder Gandalf in den Mund gelegt wurden (die Geschichte mit Stierbrüller-Tuk und der Erfindung des Golfspiels). Gerade diese Szenen in Beutelsend dürften Unkundigen mitunter als etwas langatmig vorkommen, während Liebhaber der Vorlage diese oft als die gelungensten angeben.
Schon der erste Blick auf Martin Freeman macht deutlich, dass es in der Tat niemand anderen gibt, der den jungen Bilbo Beutlin so gut hätte darstellen können, ein Eindruck, der sich mit jeder weiteren Szene bestätigt, insbesondere, da es ihm sehr gut gelingt, Stimme und Gestik an Ian Holm anzugleichen, ohne das es erzwungen wirkt. Währenddessen zeigt Sir Ian McKellen, dass er einfach Gandalf IST. Ganz allgemein bietet „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ fast noch gelungenere schauspielerische Leistungen als die HdR-Trilogie.
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Bilbo Beutlin (Martin Freeman) will keine Abenteuer

Der größte Unterschied zum Roman ist wohl, dass Thorin Eichenschild nicht zusammen mit den anderen Zwergen durch Bilbos Haustür purzelt und auch an der heiteren Mahlzeit nicht teilnimmt. Jackson lässt ihn verspätet eintreffen (wobei er gleich noch die erste Erwähnung von Dáin Eisenfuß einarbeitet), um ihn noch stärker von den anderen abzuheben. Auch seine Angewohnheit, prätentiöse Reden zu schwingen, hat er im Film abgelegt, dafür ist er ein wenig grüblerischer. In der Tat nimmt er ein wenig die Rolle ein, die Aragorn in den HdR-Filmen hatte (immerhin sind auch beide Könige im Exil), aber, vor allem Dank Richard Armitages hervorragendem Spiel funktioniert es, da er sowohl glaubhaft die Fürsorge für sein Volk als auch die Arroganz, die die Figur ausmacht, verkörpert. Dass Thorin die komischen Elemente dabei abhandengekommen sind, ist sogar hilfreich.
Die anderen Zwerge sind dagegen charakterlich noch nicht so gut ausgearbeitet. Zwar ist das jeweilige Design schon sehr individuell, man bemühte sich, nicht alle wie Gimli aussehen zu lassen (mit Ausnahme seines Vaters Glóin (Peter Hambleton) selbstverständlich), aber davon abgesehen fehlen bei vielen noch Charaktereigenschaften. Es ist allerdings bei weitem nicht so schlimm, wie manche Kritiker behaupten, nur wird hier eben nicht mit dem Holzhammer charakterisiert. Von Thorin einmal abgesehen sind Fíli (Dean O’Gorman), Kíli (Aidan Turner), Bofur (James Nesbitt) und natürlich Balin (Ken Stott) die Zwerge, die hin und wieder ein wenig im Rampenlicht stehen dürfen – interessanterweise sind sie auch die Zwerge, die Bilbo am meisten zu mögen scheinen.
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13 Zwerge. Von links nach rechts: Nori (Jed Brophy), Fíli (Dean O’Gorman), Dori (Mark Hadlow), Bofur (James Nesbitt), Glóin (Peter Hambleton), Dwalin (Graham McTavish), Thorin (Richard Armitage), Balin (Ken Stott), Óin (John Callen), Bombur (Stephen Hunter), Bifur (William Kircher), Ori (Adam Brown) und Kíli (Aidan Turner)

Das Manko der mangelhaft charakterisierten Zwerge ist allerdings eines, das es schon in der Romanvorlage gab; man nahm einfach an, dass sich dies bei einer derartig „ausgewalzten“ Adaption ändern würde. Natürlich sollte man den Tag aber noch nicht vor dem Abend loben (bzw. verfluchen), denn immerhin kommen ja noch zwei weitere Filme sowie die Special Extendes Edition des ersten Hobbit-Streifen, die hier Abhilfe verschaffen könnten.
Erwähnenswert sind natürlich noch die beiden extrem gelungenen Zwergenlieder (Misty Mountains hätte gerne noch länger sein dürfen, aber wer weiß, vielleicht kommen in den anderen beiden Filmen ja noch weitere Strophen) und die Tatsache, dass Bilbo sich nicht schon am Abend entschließt, mitzugehen und dann am Morgen von Gandalf zu Tür raus geschubst wird, sondern dass der Entschluss alleine und am Morgen gefällt wird. Warum der plötzliche Sinneswandel? Für mich war das ziemlich eindeutig: Bilbo hat kurz vor dem Schlafengehen Misty Mountains gehört, das Lied hatte dieselbe Wirkung wie im Buch und hat sich über Nacht festgesetzt und den Hunger nach Abenteuern geweckt. Absolut nachvollziehbar.

„The Defiler“ – Azog und die Schlacht von Azanulbizar
In Tolkiens Roman selbst wird vieles nur angedeutet. Der Krieg der Zwerge mit den Orks gehört dazu, der Leser erfährt ein wenig aus einem Wortwechsel zwischen Gandalf und Thorin. In der ursprünglichen Version steht lediglich, dass Thorins Großvater Thrór von einem Ork in den Minen von Moria ermordet wurde. In späteren Ausgaben findet sich bereits Azogs Name an dieser Stelle, und die Anhänge des HdR geben weiter Auskunft über diese Vorkommnisse. Wie zu erwarten war wurde dieser Teil der Anhänge auch in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ eingebaut. Kurz nach dem die Zwerge, Gandalf und Bilbo Beutelsend verlassen haben, erzählt Balin von der Schlacht von Azanulbizar (Schattenbachtal, dort haben die Gefährten im ersten HdR-Film Moria verlassen). Im Vergleich zu Tolkiens Schilderung dieser Schlacht gibt es im Film einige kleinere Unterschiede, die alle dramaturgische Gründe haben. Während Thorin in den Anhängen nur ein oder zwei Mal erwähnt wird (die Herkunft seines Beinamens taucht nur in einer Fußnote auf), dient der Rückblick im Film vor allem dazu, Thorins Charakter stärker zu prägen; wie im Prolog steht er im Fokus.
Bei Tolkien ist es Dáin Eisenfuß, der Azog (im Film gespielt von Manu Bennett, bekannt als Crixus in „Spartacus“) bekämpft und tötet, während der Film Azog als Thorins Nemesis etabliert.
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Azog (Manu Bennett) kämpft in der Schlacht von Azanulbizar

Der größte Unterschied zwischen Vorlage und Adaption besteht natürlich darin, dass Azog die Schlacht von Azanulbizar überlebt und in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ quasi als Hauptschurke dieses Films auftritt. Die Intention dahinter ist verständlich, denn dem „Hobbit“ fehlt es an durchgängigen Schurken, was an seiner episodischen Struktur liegt – die drei Trolle und der große Ork tauchen viel zu kurz auf, um eine akzeptable Präsenz der Bedrohung zu etablieren. In „Die Gefährten“ war das Problem ebenfalls vorhanden, wenn auch nicht so stark. Mit den Nazgûl verfügt die erste Hälfte über mehr als akzeptable Widersacher für die Helden, die Bedrohung durch die Ringgeister wächst stetig an, sodass sich auch Spannung und Tempo erhöhen. Die zweite Hälfte des Romans ist dagegen, wie der „Hobbit“ eher episodenhaft, die Bedrohung durch die Orks und den Balrog in Moria sowie durch Sarumans Uruk-hai sind unzusammenhängend. Peter Jacksons Lösung, um die Erzählstruktur des Films ein wenig zu straffen und die Spannung zu erhöhen, empfinde ich hier als äußerst gelungen: Saruman wird bereits frühzeitig als strippenziehender Schurke etabliert (was auch gleichzeitig für Sauron kompensiert). Zwar steckt er nicht direkt hinter den Vorkomnissen in Moria, hat jedoch seine Finger Spiel. Mit dem Urku-hai Lurtz wird gleichzeitig noch ein direkter Antagonist geschaffen, der Boromir töten und seinerseits von Aragorn geköpft werden kann. Dies hängt vornehmlich auch damit zusammen, dass sowohl Lurtz als auch Saruman (Letzterer wird natürlich von dem großartigen Christopher Lee verkörpert, was prinzipiell hilfreich ist) das nötige Charisma mitbringen.
In „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ versuchte Peter Jackson nun etwas ähnliches, allerdings mit weit weniger Erfolg. Man kann wohl davon ausgehen, dass etwas Derartiges von Beginn an geplant war, die Gemeinschaft sollte wohl nicht einfach von einem Abenteuer ins nächste stolpern, sondern gejagt werden. Allerdings ist anzunehmen, dass Azog diese Rolle nicht von Anfang an innehatte. Wie viele denke ich, dass Azog in der ursprünglichen Version („Hobbit“ in zwei statt drei Filmen) lediglich im oben beschriebenen Rückblick hätte auftauchen sollen und diesen, wie in der Vorlage auch, nicht überlebt hätte. Stattdessen wäre wohl Azogs Sohn Bolg Hauptschurke des ersten Hobbit-Films gewesen, der möglicherweise eine zusätzliche Bedrohung im Düsterwald dargestellt hätte.
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Azogs Sohn Bolg (Conan Stevens)

Ein Ork namens Yazneg (der im fertigen Film von Azog wegen Versagens ermordet wird), wohl eine Art Unteroffizier von Bolg, hätte dann wahrscheinlich die Jagd auf Thorin und Kompanie übernommen. Dafür gibt es einige Indizien: Von Azog gibt es kaum Bilder, kein Promomaterial, keine Actionfigur (von Yazneg existiert eine) und er taucht in Hintergrundbüchern zum Film schlicht nicht auf; statt seiner ist auf frühen Filmpostern Bolg zu sehen. Und im Lego-Set, das das Finale des ersten Hobbit-Films nachstellt, ist eine Minifigur von Yazneg enthalten, aber nicht von Azog.
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Actionfigur von Yazneg

Leider muss ich vielen Kritikern darin zustimmen, dass Azog eines der schwächsten Elemente des Films ist. Sein Aussehen wirkt unausgereift, nicht wirklich bedrohlich und es mangelt ihm an Präsenz und Charisma. Am besten funktioniert er noch im Azanulbizar-Rückblick, einer Szene, die ich außerordentlich genossen habe. Sie ist wohl die Entschädigung dafür, dass es in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ keine richtige Schlacht gibt. Dennoch ist die Schlacht von Azanulbizar kurz genug, um nicht störend zu wirken und hilft, Thorins Charakter weiter zu erforschen. Das Funktionieren der Szene ist nicht zuletzt Howard Shore zu verdanken, der durch den gelungenen Einsatz von Thorins Thema, Azogs Thema und der düsteren Chöre, die an die Moria-Musik gemahnen, den nötigen emotionalen Effekt hervorruft.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

The Raid

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Story: Rama (Iko Uwais) gehört zu einer Sondereinheit der Polizei und soll mit dieser ein Gebäude stürmen. Bei diesem Gebäude handelt es sich um den Sitz des mächtigen Gangsterbosses Tama (Ray Sahetapy), der dort als uneingeschränkter Herrscher regiert und über die anderen Bewohner Kontrolle ausübt. Schon bald nach Beginn der Aktion beginnt alles au0er Kontrolle zu geraten, vor allem da der Einsatzleiter Wahyu (Pierre Gruno) eigene Pläne hat…

Kritik: Da die analytische Hobbit-Rezension noch ein wenig länger braucht, gibt es nun in Form des Reviews zum indonesischen Actioner „The Raid“ ein wenig Abwechslung zu den vielen Mittelerde-bezogenen Artikeln der letzten Wochen.
„The Raid“ ist ein recht geradliniger Film, der sich auf einen sehr beschränkten Raum konzentriert, nämlich das unter der Kontrolle des Gangsterbosses Tama stehende Gebäude. Außerhalb scheint kaum eine Welt zu existieren, lediglich zu Beginn bekommt der Zuschauer einen kurzen Einblick in Ramas Privatleben. Regisseur Gareth Evans sorgt durch die vorwiegend grauen Bilder für eine sehr kühle, distanzierte Atmosphäre, die den klaustrophobischen Charakter des Films noch verstärkt.
Der Anfang des Films ist noch sehr ruhig gehalten, schon bald verwandelt er sich allerdings in ein sehr körperliches Non-Stop-Actionfeuerwerk. Kämpfe sind meistens Mann gegen Mann (oder einer gegen viele) und sehr ansehnlich choreographiert. Zwar wirken die Beteiligten dadurch eher wie professionelle Kampfsportler denn Polizisten oder gar einfache Hausbewohner, aber dies ist durchaus zu verschmerzen. In jedem Fall ist die Action mehr als ansehnlich und darüber hinaus auch ziemlich blutig – die Freigabe ab 18 Jahren ist in jedem Fall gerechtfertigt. Zugegebenermaßen wird auch die grandioseste Action irgendwann ein wenig eintönig. Vor allem der Endkampf Ramas und seines Bruders Andi (Doni Alamsyah) gegen Tamas Häscher Mad Dog (Yayan Ruhian) kommt relativ unspektakulär daher, einfach deshalb, weil er kaum etwas neues bietet, wenn man die Tatsache außen vor lässt, dass im Gegensatz zu den anderen Kämpfen dieses Mal der Bösewicht allein dasteht.
Abseits der Action wird allerdings nicht allzu viel geboten, vor allem die Charaktere bleiben relativ flach. Rama bekommt immerhin zu Beginn noch einen kurzen Charaktermoment, der Zuschauer erfährt, dass er ein gläubiger Muslim ist und eine schwangere Frau hat, auf das Kommende hat das allerdings kaum Auswirkungen. Die Action steht eindeutig im Mittelpunkt, ergo werden auch die Schauspieler vor allem diesbezüglich gefordert. Ray Sahetapy stellt die einzige Ausnahme da, er schafft es in nur sehr wenigen Szenen, eine starke und einschüchternde Präsenz aufzubauen, seine letzte Szene im Film gehört mit zu den besten.
Fazit: In Bezug auf die Inszenierung der Action erinnert „The Raid“ ein wenig an Filme wie „Machete“ oder „Shoot ’em up“, allerdings fehlt im dafür der selbstironische Ton und der Humor. Für Fans von gut choreographierten Kämpfen dennoch durchaus sehenswert. „The Raid“ ist ab 25. Januaer auf DVD und BD erhältlich.

Trailer

Siehe auch:
Machete

Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

the-hobbit-soundtrack-deluxe
Tracklisting:

CD 1
01. My Dear Frodo
02. Old Friends*
03. An Unexpected Party*
04. Blunt the Knives**
05. Axe or Sword?
06. Misty Mountains
07. The Adventure Begins
08. The World is Ahead
09. An Ancient Enemy
10. Radagast the Brown*
11. The Trollshaws**
12. Roast Mutton*
13. A Troll-hoard
14. The Hill of Sorcery
15. Warg-scouts

CD 2
01. The Hidden Valley
02. Moon Runes*
03. The Defiler
04. The White Council*
05. Over Hill
06. A Thunder Battle
07. Under Hill
08. Riddles in the Dark
09. Brass Buttons
10. Out of the Frying-Pan
11. A Good Omen
12. Song of the Lonely Mountain*
13. Dreaming of Bag End
14. A Very Respectable Hobbit**
15. Erebor**
16. The Dwarf Lords**
17. The Edge of the Wild**

*Auf der Deluxe-Edition erweitert
**Bonustrack der Deluxe-Edition

Howard Shores Musik zur Herr-der-Ringe-Trilogie ist in meinen Augen ein schier unübertroffenes Meisterwerk. Dank der Complete Recordings und Doug Adams‘ „The Music of the Lord of the Rings Films“ kann man sich mit ihr auch sehr detailliert auseinandersetzen. Die Musik zu „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ ist um einiges schwerer zu bewerten. Das beginnt schon mit der Albensituation die, gelinde gesagt, ziemlich merkwürdig und unlogisch ist. Bei der HdR-Trilogie gab es zuerst zu jedem Film jeweils ein Album mit einer CD, wobei das vor allem bei „Die Rückkehr des Königs“ äußerst unbefriedigend war, das einige der besten Momente fehlten. Die Complete Recordings, die allerdings lange nach den Kinostarts erschienen, bügelten dieses Manko aber schließlich aus.
Bei „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ gibt es nun gleich zwei verschiedene Alben: Eine normale Version und eine Deluxe-Edition – vom Ansatz her durchaus löblich. Allerdings, und hier kommt das große Aber, die beiden unterscheiden sich nicht wirklich voneinander. Beide Alben haben zwei CDs, auf der Deluxe-Edition gibt es lediglich sechs zusätzliche und sieben erweiterte Tracks, der Preisunterschied liegt bei etwa zwei Euro. Ich muss zugeben, der Sinn dieser Veröffentlichung erschließt sich mir nicht ganz. Für einen Gelegenheitshörer, der nur die Highlights des Scores möchte, ist das normale Album wahrscheinlich schon zu lang und zu uninteressant, während für den Soundtrackfan, der sich intensiv mit der Musik beschäftigen möchte (und ergo möglichst eine Komplettaufnahme sein Eigen nennen will), auch die Deluxe-Edition nicht ausreicht. Dies bringt mich auch gleich zum nächsten Problem der Veröffentlichung: Der Inhalt der Alben (sowohl normal als auch Deluxe) unterscheidet sich sehr stark von dem, was im Film zu hören. Große Teile von Radagast the Brown, The Hill of Sorcery, Out of the Frying-Pan sowie die vier Bonustracks auf der zweiten CD tauchen im Film nicht auf, während es umgekehrt wiederrum einiges an Musik im Film gibt, die auf den Alben fehlt, aber unbedingt dazugehört hätte.
Speziell in Bezug auf die Deluxe Edition gibt es noch zwei große Mankos, die zu erwähnen sind. Zum Ersten: Die Verpackung ist äußerst brüchig, CDs und Linear Notes befinden sich in einem sehr dünnen Pappkonstrukt, aus welchem sie schwer zu entfernen sind – die Gefahr des Einreißens ist sehr groß. Zum Zweiten: Das Stück Roast Mutton ist nicht nur erweitert, sondern alternativ. Auf dem normalen sind dort zwei epische Einsätze des Misty-Mountains-Thema zu hören, auf der Deluxe Edition nicht. Sauerei!
Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die musikalischen und leitmotivischen Inhalte von Film und Album. Der Kern des Scores ist ohne Zweifel das Lied Misty Mountains, das allerdings nicht von Howard Shore komponiert wurde. Die Melodie stammt von der Band Plan 9, die bereits die intradiegetische Musik zur HdR-Trilogie beisteuerte (u.a. die Hobbit-Partymusik Flaming Red Hair oder das Elbenlied The Passing of the Elves). Ihre Beiträge zum HdR waren bestenfalls funktional, aber mit Misty Mountains ist ihnen etwas wirklich Brillantes gelungen und sowohl Howard Shore als auch Neil Finn haben sich der Misty-Mountains-Melodie bedient. Letzterer zeichnet sich für den Abspannsong Song of the Lonely Mountain verantwortlich, der auf der von Plan 9 komponierten Melodie basiert. Dieses Lied ist eigentlich nicht übel, passt aber irgendwie nicht so ganz zum Rest. Zugegebenermaßen fand ich allerdings auch schon die HdR-Abspannsongs nicht allzu gelungen (es sei denn, man rechnet In Dreams mit, der ist nämlich genial). Gollum’s Song und Into the West basierten wenigstens auf thematischem Material aus dem Score und wurden von Howard Shore komponiert, May It Be mag ich bis heute nicht.
Howard Shore machte aus der Misty-Mountains-Melodie eines der wichtigsten neuen Themen, den Quasi-Nachfolger zum Gefährtenthema. Das Misty-Mountains-Thema steht für die Zwergengemeinschaft (inklusive Bilbo und Gandalf) sowie für die Mission, die sie verfolgt. Das Thema ist ein durchaus würdiger Nachfolger, schöpft sein Potential allerdings noch nicht aus. Die Instrumentalversion erklingt erstmalig in The World is Ahead, beim Aufbruch der Gemeinschaft aus Hobbingen. Wann immer die Zwerge zum Angriff übergehen erklingt eine angriffslustige Variation des Misty-Mountains-Thema, allerdings ist nur eine davon auf dem Album zu finden, und das auch nur auf der normalen Version (Roast Mutton). Selbstverständlich gibt es auch eine epische „Wandervariation“, die gespielt wird, als die Gemeinschaft das Nebelgebirge überquert (Over Hill). Natürlich finden sich auch einige ruhigere, nachdenklichere Variationen (etwa in The Edge of the Wild und zu Beginn von Over Hill); viele von diesen haben es allerdings ebenfalls nicht auf die Alben geschafft. In jedem Fall funktioniert das Misty-Mountains-Thema hervorragend, allerdings wäre eine größere Bandbreite an Variationen schön gewesen. Dies ist ein Kritikpunkt, der die gesamte Musik von „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ betrifft.
Generell gibt es drei Vorwürfe, die man dem Score machen könnte (und die ihm auch gemacht werden): Der Mangel an neuen Themen abseits des Misty-Mountains-Themas, die übermäßige Verwendung alter Themen, mitunter an unpassenden Stellen und die Diskrepanz zwischen Film und Album. Jeder dieser Kritikpunkte hat eine gewisse Berechtigung, sollte jedoch nicht einfach so im Raum stehen gelassen werden. Viele der Probleme, die dieser Score hat, hängen wohl mit der doch relativ kurzfristigen Entscheidung zusammen, aus dem „Hobbit“ eine Trilogie zu machen. Jackson musste deshalb in letzter Sekunde sehr viel neu schneiden und dem Kompositionsprozess dürfte das sicher nicht gut getan haben. Ich persönlich denke, dass das, was auf dem Album zu hören ist, eher der ursprünglichen Intention Howard Shores entspricht und dass die falschen Themeneinsätze (dazu später mehr) ebenfalls mit der Dreiteilung und den Schnitten in letzter Sekunde zusammenhängen.
Beschäftigen wir uns erst einmal mit den weiteren neuen Themen, bevor wir zu den Leitmotiven der HdR-Trilogie und ihrer Verwendung im ersten Hobbit-Film übergehen. Weitere neue Themen gibt es nämlich einige, wobei so mancher Einsatz schlicht aus dem Film herausgeschnitten wurde. Schon Bilbo Beutlin allein bekommt drei neue Themen, die alle in A Very Respectable Hobbit zu hören sind und, wie nicht anders zu erwarten, auf dem Auenlandthema basieren (das erste, Bilbos Abenteuerthema, geht bis 0:31, das zweite beginnt sofort danach und geht bis 0:45 und das dritte geht von 1:01 bis zum Ende). Auch in diversen anderen Stücken tauchen Bilbos Leitmotive auf, einige der Einsätze finden sich allerdings nur noch auf den Alben, nicht mehr im Film.
Auch Thorin und Gandalf haben Themen, diese sind allerdings eher subtiler Natur. Thorins Thema taucht vor allem während der ersten Hälfte des Films häufiger auf, unter anderem in Axe or Sword, sehr gut gleich zu Beginn des Stückes zu hören, und in An Ancient Enemy, wo es mit den tiefen Chören und den harschen Blechbläsern der Orks ringt.
Die Tatsache, dass Gandalf der Graue nun ein Thema hat, ist natürlich sehr interessant, da Shore ihm in „Die Gefährten“ keines zuwies, erst Gandalf der Weiße erhielt eines. Laut Shore war Gandalf der Graue ein Wanderer, der Personen und Dinge (sowie ihre Themen) zusammenführte, deshalb aber selbst keines besaß. In der Hobbit-Trilogie agiert er nun allerdings stärker, weshalb er ein eigenes Leitmotiv hat, das allerdings nicht ganz leicht herauszuhören ist. Eine gewisse Verwandschaft zum Thema Gandalf des Weißen ist nicht zu leugnen. Am deutlichsten hört man es gleich am Anfang von Radagast the Brown. Und wo wir gerade beim braunen Zauberer sind, auch Radagast hat sein eigenes Thema, das in Radagast the Brown (ausgiebig,ab ca. 0:50) und in The Hills of Sorcery (knapper, ab 0:45) zu hören ist. Allerdings auch hier: Kaum etwas davon ist im Film gelandet.
Es existieren auch noch weitere Zwergenthemen, u.a. das Erebor-Thema, das in My Dear Frodo zwei Mal auftaucht (1:57 und 2:44) und auch im Rest des Albums immer mal wieder durchblitzt (am stärksten in A Good Omen) und das Thema der Zwergenherrn, das im Bonusstück The Dwarf Lords zu hören ist, im Film selbst allerdings nur andeutungsweise. Sowohl zwischen Thorins Thema als auch dem Zwergenmaterial aus der HdR-Trilogie bestehen Verbindungen, die selbst ich als musikalischer Laie heraushören kann. Ich bin sogar der Meinung, dass einmal kurz das Dwarrodelf-Thema zitiert wurd.
Azog, gewissermaßen der Hauptschurke des ersten Hobbit-Films, bekommt auch ein eigenes Thema, das vor allem in The Defiler stark zum Tragen kommt, aber auch an anderen Stellen recht präsent ist. Wie üblich für die Schurken von Mittelerde arbeitet es mit Dissonanzen und dunklen Blechbläsern. Allgemein fällt allerdings auf, dass die „Musik des Bösen“ weniger fokussiert und präsent ist als in der HdR-Trilogie, was auch durchaus sinnvoll ist. Sauron ist hier bei Weitem noch nicht so mächtig wie in der alten Trilogie. Die Stilmittel des Bösen (etwa die absteigende Terz, das Fünftaktschema etc.) sind noch zerfaserter. Smaugs Thema wird im Prolog (My Dear Frodo) und am Ende A Good Omen andeutungsweise ebenfalls kurz angespielt.
Es gibt noch eine Reihe weiterer, sekundärer Themen, etwa das Leitmotiv der Wargreiter (am Anfang von Warg-scouts) oder die Musik der Trolle und der Orks des Nebelgebirges – von Mangel an neuen Themen kann also eigentlich keine Rede sein, nur haben viele davon es nicht oder kaum in den fertigen Film geschafft. Möglicherweise gab es wieder kreative Differenzen zwischen Jackson und Shore, wie es bereits bei „King Kong“ der Fall war.
Über die Verwendung von HdR-Themen habe ich mich ja bereits im Vorfeld geäußert, und letztendlich geschah es ziemlich genau so, wie ich mir das vorgestellt hatte, hinzugekommen sind allerdings einige, nun, nennen wir sie mal, Merkwürdigkeiten.
Dass zu Beginn das Auenlandthema erklingen würde hat sicher niemand jemals bezweifelt. Das thematische Material der Hobbits wird auch am besten weiterentwickelt und mündet in Bilbos Themen. Ebenso erklingt in Bruchtal das entsprechende Thema (The Hidden Valley), Galadriels Auftauchen wird vom Lórien-Thema begleitet, Saruman bekommt eine Andeutung des Isengard-Themas (beide in The White Council) und in My Dear Frodo und An Ancient Enemy gibt es Moria-Anspielungen. Auch hier ist der Vorwurf der mangelnden Variation durchaus nicht ungerechtfertigt, das Vorkommen der Themen aber logisch und nötig – „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ bewegt sich immerhin größtenteils im selben „Raum“ wie „Die Gefährten“. Im Gegensatz dazu betrat jeder der drei HdR-Filme quasi absolutes Neuland. Lange Rede, kurzer Sinn: „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ bietet von der Geschichte her weit weniger Möglichkeiten zur Innovation, als es die drei HdR-Filme taten – dies wird sich mit dem zweiten Hobbit-Film allerdings ändern, wenn mit Beorn, den Elben von Düsterwald und den Menschen von Esgaroth neue Kulturen eingeführt werden.
Interessanterweise unterscheidet sich der Einsatz der bereits aus HdR bekannten Leitmotive auf den Alben stärker von den Trilogie-Variationen als im Film. Sehr deutlich wird dies bei Riddles in the Dark. In diesem Track ist das Thema Geschichte des Rings zu hören, das Bilbos Ringfund und der ersten Benutzung gilt, und zwar in einer tollen neuen Variation: Die Streicher sind noch recht zittrig und nach den ersten beiden Noten (die übrigens mit den ersten beiden Noten von Saurons Thema identisch sind), muss das Thema erst einmal „Anlauf“ nehmen, bevor es erklingt. Der Ring hat lange geschlafen und erwacht nun langsam wieder, um zu seinem Meister zurückzukehren. Im Film ist diese Variation nicht zu hören, stattdessen gibt es die „Standardversion“, die stark nach „Die Gefährten“ klingt. Auch Gollums Themen erfahren in Riddles in the Dark Variationen, die im Film traurigerweise nicht auftauchen. Immer wieder hört man Direktübernahmen aus den HdR-Filmen, die einfach nicht hätten sein müssen, insbesondere, da es auf dem Album Alternativen gibt, die viel interessanter sind. Sehr schade finde ich auch, dass der Einsatz von Saurons Thema aus The Hills of Sorcery (eine neue, besonders garstige neue Variation) es nicht in den Film geschafft hat. Wirklich geärgert hat mich die Tatsache, dass es eine epische neue Variation des Themas Rückforderung der Natur gibt, die es nicht aufs Album geschafft hat.
Und dann sind da schließlich noch die oben erwähnten Merkwürdigkeiten, die in den entsprechenden Foren ausgiebig und feurig diskutiert werden. Es handelt sich dabei um drei „falsche“ Themeneinsätze. Während ich mit der martialischen Variation des Lórien-Themas für die Reiter aus Bruchtal noch leben kann (zu hören am Ende von Warg-scouts), sorgen die anderen beiden (nicht auf den Alben) wirklich für Kopfzerbrechen. Beim ersten falschen Themeneinsatz handelt es sich um das Nazgûl-Thema, das erklingt, als Thorin in der finalen Auseinandersetzung auf Azog zuläuft, der zweite erklingt nur kurze Zeit später: Als Thorin Bilbo umarmt, ist das Thema Wiedergeburt Gondors zu hören. Beide sind nun wirklich ziemlich fehl am Platz. Auch wenn Doug Adams etwas andere behauptet, meine erste Theorie war, dass diese nicht von Shore dort platziert wurden, sondern von Jackson, den Soundeditoren oder wer immer auch für Derartiges verantwortlich war. Ähnliches gab es zum Beispiel auch bei „Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger“, wo George Lucas John Williams‘ Komposition auseinander nahm und anders wieder zusammensetzte (und zusätzlich auch noch Musik aus „Die dunkle Bedrohung“ einsetzte), sodass zum Beispiel Yodas Thema an einer völlig unsinnigen Stelle erklang. Der Einsatz des Wiedergeburt-Gondors-Themas könnte durchaus direkt aus „Die Rückkehr des Königs“ stammen, beim Nazgûl-Thema handelt es sich aber eindeutig um eine neue Variation. Und da der Hexenkönig im ersten Hobbit-Film bereits auftaucht und sich in den beiden Folgefilmen möglicherweise ebenfalls blicken lassen wird, besteht durchaus die Möglichkeit, dass dieser Einsatz des Nazgûl-Themas für den Hexenkönig komponiert wurde, Jackson aber die ursprüngliche Musik für die Szene mit Thorin und Azog nicht dramatisch oder markant genug war. Diese Theorie wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass der Track Out of the Frying-Pan ab 4:24 eine Alternative enthält. Dieses Chorstück wurde im Film ebenfalls nicht verwendet, besitzt eine vage Ähnlichkeit zum Nazgûl-Thema und hätte in meinen Augen sehr viel besser zur Szene gepasst.
Vor allem in Bezug auf den Einsatz des Leitmotivs der Ringgeister wird nun eifrig über eine mögliche Bedeutung spekuliert. Die wahrscheinlichste ist in meinen Augen noch, dass Thorin durch seine Gier (hier nach Rache, später nach Gold) einem Geist sehr ähnlich wird (vgl. auch Tom Shippeys Analyse des englischen Wortes „wraith“). Aber selbst wenn diese oder eine andere Interpretation zuträfe und dies wirklich Shores Intention war, wäre es doch äußerst unsubtil und plakativ. Warum nicht Thorins Thema von dunklen Blechbläsern spielen lassen und es mit der absteigenden Terz oder einer andere Begleitfigur des Bösen unterlegen? Ich persönlich bin kein Freund von der Umdeutung spezifischer Leitmotive. Man darf auf jeden Fall gespannt sein, ob sich in der angekündigten Special Extended Edition von „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ noch etwas ändert und ob der Einsatz des Nazgûl-Themas in den kommenden Filmen noch weiter ausgebaut wird.
Zum Schluss noch eine Bemerkung abseits der Leitmotive: Wer wie ich ein Fan von Shores frenetischer Actionmusik, inklusive Blechbläser und Chöre ist, kommt mit Stücken wie An Ancient Enemy, Warg-scouts, Under Hill, Brass Buttons und Out of the Frying-Pan auf jeden Fall voll auf seine Kosten.
Fazit: Shores Musik zu „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ ist keinesfalls schlecht, im Gegenteil, aber es gibt einige Aspekte, u.a. der Mangel an Variation, der Unterschied zwischen Alben und Film sowie einige merkwürdige Themeneinsätze, die das eigentlich extrem positive Gesamtbild doch merklich trüben. Die Klasse der HdR-Soundtracks wird Fall nicht ganz erreicht, es lässt sich aber eindeutig sagen, dass der Score auf dem Album besser und interessanter ist als im Film. Eine endgültige Bewertung wird allerdings bis zum dritten Hobbit-Film warten müssen.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
The Music of the Lord of the Rings Films

Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Ende des Hobbit-Countdowns
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Story: Der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) möchte von Abenteuern eigentlich nichts wissen. Doch eines Tages stehen der Zauberer Gandalf (Ian McKellen), der Zwergenkönig im Exil Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und dessen Gefährten Dwalin (Graham McTavish), Balin (Ken Stott), Kíli (Aidan Turner), Fíli (Dean O’Gorman), Dori (Mark Hadlow), Nori (Jed Brophy), Ori (Adam Brown), Óin (John Callen), Glóin (Peter Hambleton), Bifur (William Kircher), Bofur (James Nesbitt) und Bombur (Stephen Hunter) vor seiner Tür und nehmen ihn als Meisterdieb mit, um das verlorene Gold ihrer Vorfahren und den Erebor, das einstmals mächtige Zwergenkönigreich, von dem Drachen Smaug zurückzuerobern. Doch die Reise bis zum Erebor ist lang und gefährlich, denn dort lauern Orks, Trolle, Warge, Gollum (Andy Serkis) und noch Schlimmeres…

Kritik: Ich habe ihn endlich gesehen, den von mir am meisten erwarteten Film des Jahres – was in einem Jahr, in dem sowohl „The Dark Knight Rises“ als auch die „The Avengers“ anlaufen durchaus eine Leistung ist. Um „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ wirklich gerecht werden zu können, werde ich erstmals zwei Rezensionen verfassen. Die erste – diese hier – ist spoilerfrei, allgemeiner gehalten, beschäftigt sich ein wenig mit den filmischen Hintergründen, der Technik etc., während die zweite genauer analysiert und Film mit Buchvorlage vergleicht (vielleicht habe ich bis dahin den Film bereits zum zweiten Mal gesehen).
Die Reise zur Filmadaption des „Hobbit“ selbst mag nicht unerwartet sein, denn nach dem monumentalen Erfolg von Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Trilogie war eine Rückkehr nach Mittelerde abzusehen. Unerwartet aber waren die vielen Probleme, die auf dem Weg zu diesem Film auftauchten. Zur Erinnerung: „Die Rückkehr des Königs“ kam Dezember 2003 in die Kinos, seitdem sind neun Jahre vergangen.
Die Produktion des „Hobbit“ schien von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen. Zuerst gab es Auseinandersetzungen zwischen New Line Cinema und Peter Jackson wegen finanziellen Fragen, ebenso wie Rechtsstreitigkeiten mit den Nachlassverwaltern von Tolkien. Als dieser mehrere Jahre andauernde Konflikt beseitigt werden konnte, nahm man schließlich die Arbeit am „Hobbit“ wieder auf: Peter Jackson sollte produzieren und zusammen mit Philippa Boyens und seiner Frau Fran Walsh am Drehbuch arbeiten, während Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“, „Hellboy 1 & 2“) Regie führen und ebenfalls am Drehbuch mitarbeiten würde. Doch dann ging Metro Goldwyn Mayer, das Filmstudio, dem die Hälfte der Hobbit-Rechte gehörten, pleite und musste Insolvenz anmelden. Das Fortbestehen des Studios war ungewiss, der Überlebenskampf und damit die Vorproduktion zogen sich endlos hin – so endlos, dass Guillermo del Toro sich schließlich aufgrund anderer Verpflichtungen vom „Hobbit“ verabschiedete. Schließlich entschloss sich Jackson, doch wieder selbst auf dem Regiestuhl Platz zunehmen.
Der ursprüngliche Plan sah vor, den „Hobbit“ zweiteilig zu verfilmen und auch Material aus den Anhängen des „Herrn der Ringe“ miteinzubeziehen. Nur wenige Monate vor Kinostart kündigte Peter Jackson allerdings an, den „Hobbit“ als Trilogie umsetzen zu wollen. Viele fragten sich nun, wie der „Hobbit“, ein doch recht dünner Roman, so viel Stoff hergeben sollte. Selbst die Tolkienfans, die die Anhänge des „Herrn der Ringe“ kannten, waren ein wenig skeptisch. Auch die Tatsache, dass der „Hobbit“ als erster Film mit einer höheren Bildrate (48 statt 24 Bilder pro Sekunde), die für mehr Details und ein besseres 3D-Erlebnis sorgen sollte, gedreht wurde, war alles andere als unumstritten. Erste Testvorführungen waren eher negativ, während die ersten Kritiken des kompletten Films in dieser Hinsicht sehr unterschiedlich ausfielen.
Betrachten wir den technischen Aspekt zuerst: Die höhere Bildrate ist in der Tat gewöhnungsbedürftig und man brauch eine Weile, bis man „rein“ kommt. Das Bild ist in der Tat gestochen scharf, doch gerade zu Beginn scheinen die Bewegungen mitunter ein wenig zu schnell abzulaufen, aber man gewöhnt sich daran und nach der ersten halben Stunde fällt es kaum mehr auf. Der befürchtete Soap-Effekt (für manche Fernsehserien wird ebenfalls die erhöhte Bildrate verwendet) stellte sich nicht ein, jedenfalls habe ich es so empfunden. Der 3D-Effekt profitiert durchaus von der höheren Bildrate, wirkt plastisch, aber nicht aufdringlich und ist mit Sicherheit das beste 3D seit „Hugo Cabret“. Auch die Feststellung, durch das enorm scharfe Bild würden die CGI-Effekte zu offensichtlich werden, kann ich so nicht bestätigen. Sicher, es mag ein oder zwei Stellen, an denen das der Fall sein mag (und in welchem CGI-lastigen Film gibt es die nicht?) aber im Großen und Ganzen wissen die Effekte vollauf zu überzeugen. Durch die Zusammenarbeit der erhöhten Bildrate und des 3D wirkt die Leinwand manchmal fast wie ein Fenster, durch das man nach Mittelerde sehen kann.
Und nun, kommen wir zum Film selbst. Wie oben erwähnt war (und ist) die Entscheidung, den „Hobbit“ als Trilogie zu verfilmen, sehr umstritten. Vor allem die amerikanischen Kritiker warfen „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ bereits vor, zu lang und ausschweifend zu sein – ironischerweise wurde bereits eine Special Extended Edition angekündigt, die dann wohl noch einmal eine halbe Stunde länger geht.
Auch sonst ist der Wiederhall zwar tendenziell eher positiv, aber durchaus gemischt, wobei der Film für die einen zu wenig HdR-Elemente enthält, während es für andere wiederrum zu viele sind.
Meine grundsätzliche Meinung lässt sich sehr knapp zusammenfassen: Sie ist wieder da, die alte Begeisterung, die ich verspürte, als ich 2001 nach der ersten Sichtung von „Die Gefährten“ das Kino verließ, diese Begeisterung, die nur sehr wenig Filme in mir wecken können. Ist „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ frei von Schwächen? Mit Sicherheit nicht, aber welcher Film ist das schon? Der erste Hobbit-Teil hat dieses gewisse, ganz seltene Etwas, das dafür sorgt, dass einen die Schwächen einfach nicht stören.
Über die Länge kann ich mich jedenfalls nicht beschweren. Mir waren schon die drei HdR-Filme zu kurz. Der „Hobbit“ nimmt sich nun angenehm viel Zeit. Nach einem beeindruckenden Prolog wird es erst einmal äußerst gemütlich. Vor allem die erste Hälfte des Films hält sich sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch sehr genau an die Tolkien’sche Vorlage, was viele (vor allem unbedarfte) Kinogänger möglicherweise als langweilig empfinden – ich hatte damit kein Problem, im Gegenteil. Ab der zweiten Hälfte gibt es dann eine kräftige HdR-Injektion, bevor das Ganze in einem phänomenalen Finale gipfelt. Obwohl es wirklich sehr viele Bezüge zur Trilogie gibt, merkt man dennoch, dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ etwas Eigenes ist. An schierem Bombast kann es der erste Teil der Hobbit-Trilogie weder mit „Die Gefährten“ noch mit den anderen beiden HdR-Filmen aufnehmen, aber das wäre auch ein Fehler gewesen – der „Hobbit“ ist nun einmal eine kleinere Geschichte. Obwohl der Film „erwachsener“ und düsterer ist als der Roman merkt man ihm doch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit an, die der HdR-Trilogie (zu Recht) fehlt.
Darüber hinaus weiß der Film vor allem schauspielerisch durchweg zu überzeugen. Martin Freeman ist brilliant als Bilbo Beutlin, während Ian McKellen nahtlos an seine erste Darstellung von Gandalf anschließt. Der graue Zauberer ist hier noch ein wenig entspannter als in „Die Gefährten“. Thorin Eichenschild mag in der Vorlage älter sein, sodass im Vorfeld oft zu hören war, er sei der Aragorn-Ersatz, aber trotz seiner „Jugend“ ist Richard Armitage ein hervorragender Schauspieler, der den noblen, aber auch arroganten Thorin, der vor allem zu Beginn stark an Bilbo zweifelt, perfekt verkörpert. Auch die Zwerge sind schön individuell gestaltet. Zwar hätte ihre Charakterisierung noch ein wenig stärker sein können, allerdings gibt es ja noch zwei weitere Filme. Über die meisten anderen, die fast alle HdR-Veteranen sind, muss nicht mehr viel gesagt werden, da sie genau wie erwartet sind. Andy Serkis als Gollum muss allerdings noch einmal gesondert hervorgehoben werden. Der Meinung, dass die Bilbo-Gollum-Szene eine der besten des Films ist, schließe ich mich vorbehaltlos an.
Einzig bei den Schurken gibt es ein gewisses Manko, ihnen fehlt in diesem ersten Hobbit-Film das Schwergewicht, da sowohl Smaug als auch der Nekromant nur sehr, sehr kurz vorkommen. Während es in „Die Gefährten“ Saruman und die Ringgeister gab, muss im ersten Film der neuen Trilogie der Orkanführer Azog als temporärer „Hauptschurke“ herhalten, der einfach, man verzeihe das Wortspiel, ein wenig blass ist. Man merkt allerdings, wo Jackson und seine Co-Autoren mit ihm hinwollen. Während die Abenteuer bei Tolkien alle recht episodenhaft sind, versucht man im Film, sie besser miteinander zu verknüpfen – eines der Elemente ist Azog.
Erwähnenswert ist auch noch die Synchro, die, wie schon beim „Herrn der Ringe“, wirklich gut gelungen ist. Natürlich ist Eckart Dux als Gandalf erst einmal gewöhnungsbedürftig, da man immer noch den leider verstorbenen Joachim Höppner im Ohr hat, der in dieser Rolle einfach unübertrefflich war, aber Dux macht seine Sache sehr gut und ist eine ausgezeichnete Wahl.
In diesem Artikel werde ich nun nicht weiter in die Tiefe, die Details gibt es dann in meiner ausführlichen, subjektiven Analyse und natürlich im ebenfalls noch ausstehenden Review zum Soundtrack.
Fazit: Eindeutig der Film des Jahres – Peter Jackson hat es ein weiteres Mal geschafft, Mittelerde zum Leben zu erwecken.

Trailer

Hobbit-Countdown:
Prämisse
Hobbit-Musik: Ein Ausblick
Historischer Atlas von Mittelerde
Der Hobbit – Comicadaption
Rückforderung der Natur

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

Rückforderung der Natur

Hobbit-Countdown

Auch abseits der großen Themen weiß Howard Shores Herr-der-Ringe-Musik zu überzeugen, es gibt viele subtil verborgene und eingesetzte Juwelen, die sich erst nach mehrmaligem Hören wirklich erschließen. Eines dieser Juwelen ist das Thema Rückforderung der Natur (Nature’s Reclamation), ein meist subtil eingesetztes Leitmotiv, das für die zurückschlagende Natur steht, die sich gegen ihre Zerstörung durch Sauron und Saruman wehrt und die Agenten dieser „Rückforderung“ begleitet. Dies ist die offizielle Interpretation von Doug Adams, die von Howard Shore bestätigt wurde; beide sehen die Natur als eigenständige Kultur an der Seite der Elben-, Zwerge- und Menschenvölker. Es gibt allerdings noch einige alternative Deutungen. Sehr interessant ist beispielsweise die Deutung als Thema der „Unerwarteten Hilfe“, die, wie man im Folgenden sehen kann, ebenfalls zutreffen könnte.
Vorweg noch eine kleine Anmerkung: Ich beziehe mich hierbei auf die Complete Recordings, da die Hälfte der Einsätze dieses Themas auf den „normalen“ Alben fehlt.
In „Die Gefährten“ ist Rückforderung der Natur nur einmal komplett zu hören, in The Caverns of Isengard. In der zugehörigen Szene ist zum ersten Mal das komplette Ausmaß von Sarumans Verrat zu sehen, ebenso wie das, was er aus Isengard gemacht hat. In besagtem Track wird auch das Isengard-Thema zum ersten Mal vorgestellt, doch mitten in die Wucht des finsteren 5/4-Takts mischt sich ein zarter Knabensopran (der Edward Ross gehört), der eine kleine Motte auf ihrem Flug zur Spitze des Orthanc begleitet und damit das Grundgerüst für spätere Einsätze von Rückforderung der Natur legt.
In Orthanc erklingt darüber hinaus ein Fragment des Themas, das Gwaihirs Auftauchen gilt, aber nur sehr schwer zu hören ist.
An zwei Stellen in „Die Gefährten“ könnte man noch meinen, eine Andeutung des Themas zu hören, einmal in The Mirror of Galadriel um die Vierminutenmarke herum und einmal in Parth Galen ab 6:15. Bei beiden handelt es sich allerdings mit ziemlicher Sicherheit um Zufälle. Zu letzterer Instanz hat sich Howard Shore sogar persönlich geäußert und klargestellt, dass es sich in der Tat lediglich um eine gewisse Ähnlichkeit, aber nicht um einen Einsatz des Themas handelt.
In „Die zwei Türme“ wird Rückforderung der Natur erstmals wirklich wichtig. Eine erste Andeutung ist zu Beginn von Night Camp zu hören: Merry und Pippin befinden sich in der Gewalt von Sarumans Uruk-hai, die am Rand des Fangornwaldes ein Lager aufschlagen. Die Bäume geben merkwürdige Geräusche von sich, was Merry dazu veranlasst, Pippin an den Alten Wald in Bockland zu erinnern, von dem es heißt, die Bäume darin könnten sich bewegen. Hier wird zum ersten Mal, in Wort und Musik, eine Andeutung auf die Ents (als Vertreter der Natur) und ihre spätere Rolle in der Geschichte gemacht. Die Klarinetten-Variation von Rückforderung der Natur, die Merrys Worte begleitet, ist noch sehr subtil, deutet aber an, dass das Thema noch größer und stärker werden wird.
Diese Andeutung bestätigt sich beim nächsten Einsatz in The Last March of the Ents. Hier entdeckt Baumbart das ganze Ausmaß von Sarumans Schurkerei und ruft die Ents in den Krieg. Begleitet wird ihr Marsch von einer stetig anschwellenden, epischen und zugleich verzweifelten Variation der Rückforderung der Natur, die einer meiner absoluten musikalischen Lieblingsmomente der Trilogie darstellt. Zuerst singt ein Frauenchor, dann stoßen Männer dazu und schließlich übernimmt der Knabensopran Ben del Maestro die Melodie. Das Ganze geht nur etwas über eine Minute, jagt mir aber jedes Mal eine gewaltige Gänsehaut den Rücken runter.
Die selbe Variation wurde kurz vor dem Ausfall der Rohirrim bei der Schlacht um die Hornburg ein weiteres Mal verwendet. Ursprünglich hätte hier das Thema Gandalf der Weiße in der Natur erklingen sollen (wie es in Théoden Rides Forth, dem entsprechenden Stück auch der Fall ist), doch man entschied sich, das Rückforderungs-Thema noch einmal zu verwenden. Ebenfalls in Théoden Rides Forth findet sich ab 2:07 die Musik, die – dominiert von harschen Blechbläsern – die Zerstörung Isengards untermalt. Diese basiert auf Rückforderung der Natur und symbolisiert das gewaltige und schreckliche Zerstörungspotential, das der Natur innewohnt.
In „Die Rückkehr des Königs“ zeigt sich Rückforderung der Natur in neuem Gewand. Abermals wird das Thema im Zusammenhang mit den Rohirrim genutzt, die, aufgrund ihrer engen Verbindung zu ihren Pferden, musikalisch als Bündnispartner der Natur dargestellt werden. Am Ende von The Lightning of the Beacons (ab 8:00), als die Reiter von Rohan auf den Hilferuf Gondors reagieren und aus Edoras ausreiten, wird ihr Aufbruch nicht vom Rohan-Thema begleitet, sondern von einer majestätischen Blechbläservariation von Rückforderung der Natur, die den Pakt zwischen den Menschen und der Natur beschreibt.
Eine ganze ähnliche Variation erklingt auch bei der Ankunft der Reiter auf den Pelennorfeldern (The Battle of the Pelennor Fields, 1:19). Dieser stetig anschwellende Einsatz des Themas ist fast noch bombastischer und unterlegt Théodens grimmige Rede sowie die Death-Rufe der Reiter, bevor sie in das Rohan-Thema übergeht.
Noch ein letztes Mal erklingt das Thema in „Die Rückkehr des Königs“, quasi am Punkt größter Verzweiflung. Während der Schlacht am Schwarzen Tor sieht es nicht gut aus für das vereinigte Heer aus Rohan und Gondor, das versucht, für Frodo Zeit zu erkaufen und dabei einer gewaltigen Übermacht (inklusive Nazgûl) gegenübersteht. Das Orchester spiegelt diesen Umstand wieder, die von Chor und Blechbläsern dominierte Musik könnte nicht wilder und chaotischer sein. Doch ein weiteres Mal mischt sich ein klarer Knabensopran ein, die Rückforderung der Natur kündigt die Rückkehr der Motte und der Adler an und sorgt für einen weiteren grandiosen Gänsehautmoment (For Frodo, 2:35)
Bis vor kurzem wäre die alles gewesen, was man zur Rückforderung der Natur hätte sagen können. Erfreulicherweise gehört dieses Thema jedoch zu denen, die in der Hobbit-Trilogie zurückkehren. In „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ taucht es gleich zwei Mal auf, nur einer der Einsätze findet sich allerdings auf dem Soundtrackalbum, was ich persönlich schon fast kriminell finde, da der zweite ein absluter Gänsehautmoment ist. Der erste Einsatz finde sich inOut of the Frying-Pan, wo es sich so ähnlich verhält wie in For Frodo: Finstere Belchbläser sorgen für musikalisches Chaos. Gandalf, die Zwerge und Bilbo sitzen gerade in den Bäumen, während Azog und seine Wargreiter ihnen an den Kragen wollen. Doch wie in „Die Gefährten“ ruft Gandalf Hilfe, dieses Mal per Schmetterling, nicht per Motte – und dazu erklingt eine Andeutung von Rückforderung der Natur bei 1:57. Das Auftauchen der Adler wird natürlich von einem vollen, epischen Statement begleitet, das unbedingt auf die CD gehört hätte. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dieses Thema in der Hobbit-Trilogie noch nicht zum letzten Mal gehört haben.

Das oben eingebettet Video enthält alle Variationen aus der HdR-Trilogie (mit Ausnahme der beiden „zufälligen“ Einsätze aus „Die Gefährten), allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Es beginnt mit der Variation aus Night Camp (0:00-0:07), gefolgt von The Caverns of Isengard (0:08-0:37), For Frodo (0:38-0:53), The Lightning of the Beacons (0:54-1:48), The Last March of the Ents (1:49-2:54), The Battle of the Pelennor Fields (2:55-3:52) und Théoden Rides Forth (3:53-4:48). Der Rest ist das letzte Stück von The Battle of the Pelennor Fields, in dem Rückforderung der Natur zwar nicht vorkommt, das aber dennoch recht gut past.

Out of the Frying-Pan

Der Hobbit-Countdown:
Prämisse
Hobbit-Musik: Ein Ausblick
Historischer Atlas von Mittelerde
Der Hobbit – Comicadaption
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Siehe außerdem:
The Music of the Lord of the Rings Films
Stück der Woche: For Frodo

Der Hobbit – Comicadaption

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Sowohl zum „Herrn der Ringe“ als auch zum „Hobbit“ existieren Comicadaptionen. Erstere ist relativ obskur, nur noch schwer zu erwerben und basiert darüber hinaus nicht auf Tolkiens Roman, sondern der Bakshi-Verfilmung aus den 70ern. Und obwohl ich eine gewisse nostalgische Schwäche für sie habe, ist sie schlicht und einfach nicht besonders gut gelungen. Die Zeichnungen sind ziemlich unansehnlich, Hintergründe sind mitunter äußerst abstrakt (wenn vorhanden) und alles in allem passt der Zeichenstil einfach nicht zur Geschichte. Und natürlich weist diese Adaption viele der Schwächen des Bakshi-Films auf.
Ganz anders sieht es dagegen mit der von Charles Dixon geschriebenen und David Wenzel gezeichneten Comicfassung des „Hobbit“ aus, die auch immer wieder neu aufgelegt wurde und im Zuge des ersten Hobbit-Films auch in den Buchhandlungen wieder ausliegt.
Die Geschichte dürfte ja weithin bekannt sein: Der Hobbit Bilbo Beutlin wird vom Zauberer Gandalf und 13 Zwergen, welche ihr geraubtes Gold (und am besten noch ihre alte Bergfestung Erebor) vom Drachen Smaug zurückgewinnen wollen, als Meisterdieb rekrutiert. Auf der Fahrt zum Erebor begegnen Gruppe allerhand Gefahren und merkwürdigen Wesen, u.a. Orks, Trollen, Riesenspinnen, einem Werbären, Waldelben und Gollum. Mit der Ankunft am Einsamen Berg nimmt das Abenteuer allerdings erst richtig Fahrt auf…
Schon bei Durchblättern fällt aufgrund des vielen Textes auf, dass es sich hierbei um eine sehr werkgetreue Adaption handelt, handlungstechnische Abweichungen, Kürzungen oder gar Änderungen finden sich so gut wie gar nicht. Die Dialoge sind oftmals fast komplett vorhanden und auch in den Erzählboxen findet sich viel Text des Romans – manchmal gar zu viel, an manchen Stellen wäre es durchaus angebracht gewesen, die Bilder für sich sprechen zu lassen. Es gibt Stellen, die wirken vor Text geradezu überladen, sodass man den Eindruck bekommt, dass Dixon möglichst viele von Tolkiens Worten unterbringen. So löblich diese Einstellung auch sein mag, manchmal ist weniger dennoch mehr. Auffällig sind einige abweichende Übersetzungen (Bilbos Schwert heißt Stachel, nicht Stich, und Bruchtal (Rivendell) und Hobbingen (Hobbiton) wurden nicht übersetzt), wobei ich allerdings nicht sagen kann, ob dies bei der aktuellen Ausgabe noch immer der Fall ist, da ich noch die ältere, dreibändige Hardcover-Version mein Eigen nenne.
Da die Adaption dem Roman so genau folgt, ist natürlich vor allem die zeichnerische Umsetzung sehr interessant. David Wenzels Zeichnungen sind sehr detailliert und schön anzusehen und wirken ein wenig vom klassischen Fantasy-Stil á la „Dungeons&Dragons“ inspiriert, was meistens recht gut funktioniert. Vor allem Smaug ist äußerst gut gelungen und gibt einen beeindruckenden roten Drachen ab. Ebenso passend sind Gandalf, Bilbo und die Zwerge, bei denen sich Wenzel sehr eng an Tolkiens Beschreibungen orientiert.
Nicht ganz so gelungen sind dagegen die Orks und die Elben. Bei Ersteren ist das D&D-Element am stärksten, die sie sind grün und passen in dieser Form nicht so recht nach Mittelerde, speziell unter Einbeziehung des Silmarillion. Ähnliches gilt auch für die Elben, denen es an Anmut und Schönheit fehlt. Zum Teil dürfte dies auch mit ihrer Darstellung im „Hobbit“ zusammenhängen, mitunter wirken sie allerdings einfach zu knubbelnasig und menschlich. Dennoch, das sind relativ kleine Kritikpunkte, im Großen und Ganzen sind die Zeichnungen äußerst gelungen.
Fazit: Sehr werkgetreue Comicfassung von Tolkiens Werk, die Ideal zur Vorbereitung auf den Film geeignet ist, das sie die Geschichte sehr vorlagengetreu wiedergibt, aber trotzdem schneller gelesen ist als der Roman.

Beispielseiten:
the_hobbit_comic_book
thehobbit010611c
hobbitseite

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Der Hobbit: Eine unerwartete Reise