Halloween 2012
Story: Der Hedonist Frank Cotton (Sean Chapman), stets auf der Suche nach neuen Genüssen, kommt in den Besitz einer mysteriösen Puzzlebox, die angeblich unendlichen Genuss verspricht, wenn man sie löst. Dies gelingt Frank in seinem Haus, doch statt williger Sexgöttinnen erscheinen die Cenobiten, die Priester vom Orden der Offenen Wunde, angeführt vom eindrucksvollen Pinhead (Doug Bradley), die Frank mit sich nehmen. Einige Zeit später ziehen Franks Bruder Larry (Andrew Robinson) und dessen zweite Frau Julia (Claire Higgins) in Franks altes Haus ein. Durch einen Zufall gelangt Blut auf die Stelle, an der Frank verschwunden ist, was ihn zurückholt, doch um sich völlig regenerieren zu können, braucht er mehr Blut. In Julia findet er schließlich eine willige Komplizin, die ihm stets neue Opfer bringt. Doch Larrys Tochter Kirsty (Ashley Laurence) bemerkt bald, dass etwas Merkwürdiges vorgeht, und versucht, hinter das Geheimnis ihrer Stiefmutter zu kommen…
Kritik: Wer einen Blick auf die Bilder am Rand der Startseite geworfen hat, dem mag der nette Herr mit den Nägeln im Kopf aufgefallen sein, vielleicht verbunden mit der Frage, weshalb er bisher auf diesem Blog noch keine Rolle gespielt hat. Das ändert sich nun. Für alle, die ihn nicht kennen: Es handelt sich bei diesem Herrn um Pinhead, die Vorzeigefigur der Hellraiser-Serie.
Die Geschichte dieses Horror-Franchise begann im Jahr 1986, als Cilve Barkers Novelle „The Hellbound Heart“ (der Titel der deutschen Übersetzung lautet, nach der Verfilmung, „Hellraiser“) erschien. Barker, der zuvor bereits schlechte Erfahrungen mit der Verfilmung seiner Werke gemacht hatte, wollte nicht, dass irgendjemand „The Hellbound Heart“ verpfuschte, weshalb er sich selbst ans Werk machte, seine Novelle als Drehbuch adaptierte und auch höchstpersönlich Regie führte. Die Verfilmung mit dem Namen „Hellraiser“ war enorm erfolgreich und begründete, wie „Halloween“, „Nightmare on Elm Street“ oder „Saw“ eine extrem langlebige Serie von Horrofilmen (bis dato gibt es acht Sequels), deren Qualität erwartungsgemäß stark schwankt. Mein erster Kontakt mit dem Hellraiser-Universum war allerdings nicht dieser Film, sondern der vierte Teil, „Hellraiser: Bloodline“, über den ich zu gegebener Zeit ebenfalls noch etwas schreiben werde, ebenso wie über die anderen Filme der Serie. Dennoch ist es sicher sinnvoll, mit dem ersten anzufangen. Und da ich vor kurzem Clive Barkers Novelle gelesen habe, bietet sich hierbei, verbunden mit der eigentlichen Rezension, auch ein Vergleich mit der Vorlage an.
„The Hellbound Heart“ ist ein recht kurzes, aber durchaus kräftiges Stück Horrorliteratur, das sich stark mit den Themen Lust, Schmerz und Begehren auseinandersetzt. Der Film folgt der Vorlage eigentlich recht genau, es gibt allerdings die eine oder andere Änderung. So ist Kirsty Cotton zum Beispiel in der Novelle lediglich eine Freundin Larrys (der dort den Namen Rory trägt), während sie im Film seine Tochter ist – Frank, Julia und Larry/Rory sind im Film auch allesamt älter, während Kirsty jünger ist. Darüber hinaus ist der Horror der Vorlage ein wenig psychologischer, während der Schrecken im Film eher „körperlich“ ist, was u.a. auch dem Film als visuellem Medium geschuldet sein dürfte. Die wichtigste Änderung, vor allem für die zukünftigen Filme, hängt mit den Cenobiten zusammen. In der Novelle sind sie eher vage beschrieben und zu fünft, vier „gewöhnliche“ Vertreter ihrer „Gattung“ und der Ingenieur, der als Anführer fungiert und nur einen sehr kurzen Auftritt hat. Im Film sind sie ebenfalls zu fünft, allerdings ist der Ingenieur ein merkwürdiges Monster geworden. Die anderen vier entsprechen ungefähr den Beschreibungen in der Novelle. Es gibt einen massiven Cenobiten mit zugenähten Augen, einen mit auffallenden Zähnen, einen weiblichen Cenobiten und schließlich einen mit Nägeln im Kopf. In der Novelle betätigt sich der weibliche Cenobit meistens als Wortführer. Im Film wurde jedoch der Cenobit mit den Nägeln zum Anführer. Clive Barkers Freund Doug Bradley übernahm die Rolle und wurde so zu einer Ikone des Horrorfilms. Obwohl sein Auftritt ziemlich kurz ausfällt, ist er enorm eindrucksvoll. Doug Bradleys Körpersprache, Stimme und Aussehen sorgen sofort dafür, dass sich Pinhead ins Gedächtnis einbrennt – es gibt einen Grund, weshalb er der einzige Cenobit ist, der in allen neun Hellraiser-Filmen auftaucht (der eine, in dem er nicht von Doug Bradley gespielt wird ist sowieso ein Totalausfall). Pinhead wurde dabei gezielt als Gegenentwurf zu den in den 80ern üblichen Slasher-Schurken wie Micheal Myers oder Jason Vorhees kreiert und orientiert sich mit seiner zum Teil stoischen, aber intelligenten Art eher am von Christopher Lee verkörperten Dracula.
Sehr interessant ist dabei allerdings, wie sich die Rolle Pinheads (und der Cenobiten) im Verlauf der Serie ändert. Während er, bzw. sie, in den späteren Sequels eindeutig dämonische Schurken sind, bezeichnet Pinhead die Cenobiten im ersten Film als „Explorers in the further regions of experience. Demons to some. Angels to others.“
Der eigentliche Schurke des Films ist Frank, dessen Wiedererweckung und Wiedererstarkung im Mittelpunkt stehen. Interessanterweise wird Frank nicht nur von einem, sondern von gleich drei Schauspielern verkörpert: Sean Chapman spielt den eigentlichen Frank, den man am Anfang des Films und in Rückblicken sieht, Oliver Smith spielt Frank als schleimige, hautlose lebendige Leiche und Andrew Robinson spielt ihn, nachdem er die Haut seines Bruders angelegt hat. Leider sticht keiner der drei so sehr heraus wie die Cenobiten, wobei der hautlose Frank wohl den bleibendsten Eindruck hinterlässt. Sehr kreativ ist jedoch die Art, mit der Clive Barker der Zuschauer über Frank informiert. In der Vorlage wird seine Vorgeschichte geschildert, ebenso wie seine Suche nach neuen Genüssen, was im Film eher angedeutet und symbolisch verdeutlicht wird, u.a. durch die Gegenstände in Franks Zimmer, die fast mehr sagen als die direkten Beschreibungen.
Die beste schauspielerische Leistung (nach Doug Bradley natürlich) erbringt Claire Higgins als Julia. Zwar entspricht sie nicht unbedingt Clive Barkers Beschreibung, allerdings schafft Higgins es, Julias Charakter und die kühle Herablassung, mit der sie anderen begegnet, wunderbar darzustellen. Der Rest ist eher sosolala, funktional bis solide, aber nicht wirklich herausragend. Ashley Laurence merkt man an, dass dies einer der ersten Film ist, in dem sie mitspielt.
Aufgrund seines Alters – „Hellraiser“ erschien 1987 – wirkt der Film inzwischen leider etwas altbacken, stärker im Jahrzehnt seiner Entstehung verhaftet und allgemein weniger zeitlos als Barkers Novelle. Dies merkt auch manchmal an den Effekten, die für die damalige Zeit sicher beeindruckend waren, heute jedoch teilweise nicht mehr ganz überzeugen können. Dies betrifft in erster Linie die von den Cenobiten häufig verwendeten Haken, die an Franks Haut ziehen und den Ingenieur. Allerdings kann sich vor allem Franks schleimige Auferstehung durchaus auch heute noch sehen lassen.
Dass „Hellraiser“ trotzdem noch wirkt, ist, neben der Geschichte selbst, vor allem dem äußerst kreativen Design der Cenobiten und dem gelungenen Make-up zu verdanken. In dieser Hinsicht erwähnenswert ist auch in jedem Fall Christopher Youngs grandioser Soundtrack, der nur noch vom Score des zweiten Hellraiser-Films übertroffen wird. Ohne sich auf die inzwischen viel zu oft verwendeten schrillen Streicher á la „Psycho“ zu verlassen, schafft Young es, eine beklemmende Atmosphäre zu erschaffen; seine Musik ist zugleich finster, episch und beeindruckend.
Fazit: „Hellraiser“ mag ein wenig altbacken wirken, ist aber völlig zurecht ein Klassiker des Horrorgenres. Clive Barker hat seine Novelle gelungen adaptiert und einen äußerst kreativen Horrorfilm geschaffen. Vor allem die Mythologie der Cenobiten, die hier nur leicht angerissen wird, schreit geradezu nach mehr.
Halloween 2012:
Prämisse
Hellraiser: Inferno
Gehenna: Die letzte Nacht
Hellraiser: Revelations
Sodium Babies
Die zehn besten Horror-Soundtracks
American Horror Story
Finale
Siehe auch:
Hellbound: Hellraiser II
Hellraiser III: Hell on Earth
Hellraiser: Bloodline
Hellraiser: Hellseeker
Hellraiser: Deader
Hellraiser: Hellworld