Auf die Idee zu diesem Artikel kam ich, als ich vor kurzem, zur Vorbereitung auf den dritten Teil von „Die Dark-Knight-Saga: Ein Blick auf die Quellen“, die Romanadaption zu „The Dark Knight Rises“ von Greg Cox zu Ende gelesen habe. Zuerst hatte ich mir überlegt, eine Rezension speziell über dieses Exemplar bzw. über alle drei Filmromane der Dark-Knight-Saga zu schreiben, aber dann beschloss ich, das Ganze etwas allgemeiner zu halten, insbesondere auch, weil ich schon so viel zu Chris Nolans Batman-Interpretation geschrieben habe und noch zwei weitere Quellen-Artikel ausstehen.
Romanadaptionen von Filmen bzw. Filmdrehbüchern sind in den USA verbreiteter als hierzulande („The Dark Knight Rises“ etwa ist nicht auf Deutsch erschienen und man darf bezweifeln, dass der Roman noch übersetzt wird) und haben allgemein keinen besonders guten Ruf – während man Filmadaptionen von Büchern meistens aufgeschlossener gegenübersteht, ist es umgekehrt seltener der Fall. Oft werden Filmromane als ziemlich nutzloses Merchandise betrachtet, um noch ein wenig mehr in die Kassen einzuspielen. In der Tat trifft es oft zu, dass eine derartige Romanadaption ziemlich hastig zusammengeschrieben wird, einfach eine Romanfassung des Drehbuchs ist und womöglich noch auf einem frühen Entwurf basiert und somit „fehlerhaft“ ist. Manchmal sind, wenn man Glück hat, geschnittene Szenen integriert (in diesem Fall kann eine frühere Drehbuchversion auch Vorteile haben) oder es werden Hintergründe erläutert, die der Autor vom Regisseur/Drehbuchautor erhält. Ein gutes Beispiel sind die Romanadaptionen der Star-Wars-Trilogie: In Alan Dean Forsters Roman zu „Eine neue Hoffnung“ findet sich etwa ein einseitiger Prolog, der die Vorgeschichte ausführlicher erklärt, als es die sparsamen Dialoge zwischen Luke und Obi-Wan im Film selbst tun (u.a. wird hier bereits Palpatine erwähnt, wenn auch noch nicht als der Imperator und Sith-Lord, der später aus ihm wird). In Tim Brooks Adaption von „Die dunkle Bedrohung“ finden sich erste Hinweise auf Darth Bane, den Lucas für den Hintergrund des Sith-Ordens erdachte und der später seine eigene Romantrilogie bekam, in R. A. Salvatores Roman zu „Angriff der Klonkrieger“ sind die ganzen erweiterten Handlungsstränge um die Familien Lars und Naberrie enthalten etc.
Cox‘ „The Dark Knight Rises“ (um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren) erwies sich diesbezüglich leider als ziemliche Enttäuschung und darf deshalb als Negativbeispiel herhalten. Nicht, dass der Roman generell schlecht geschrieben wäre, aber er beschränkt sich praktisch darauf, das Drehbuch eins-zu-eins in Prosaform wiederzugeben, inklusive der Schnittfolge und Rückblicke. Reflexion der Charaktere ist relativ minimal gehalten, ebenso wie zusätzliche Informationen und Szenen. Catwoman sinniert einmal über den Verbleib des Jokers, eine geschnittene Szene, die Banes Ausbildung bei der Liga der Schatten thematisiert, wird kurz beschrieben, aber das war es dann auch so ziemlich. Die, nennen wir es mal, „Eigenleistung“ des Autors ist dabei ziemlich gering. Dieses direkte Abschreiben führt dann auch wiederrum dazu, dass derartige Filmromane teils äußerst „unromanhaft“ werden. Kurze Szenen und schnelle Wechsel in einem Film sind das eine, in einem Roman wirken sie allerdings meistens fehl am Platz. Schon die Romane zu „Batman Begins“ und „The Dark Knight“, verfasst von Denny O’Neill, litten unter diesem Problem, vor allem gegen Ende hin, hatten aber den Vorteil, dass sie wenigstens zusätzliche Informationen enthielten. „Batman Begins“ ging vor allem stärker auf Ra’s al Ghul ein – kein Wunder, immerhin hat O’Neill diese Figur erfunden; im Licht von „The Dark Knight Rises“ darf allerdings bezweifelt werden, dass diese Zusatzinformationen im Sinne von Nolan und Goyer waren – und schmückte besonders den Anfang recht stark aus. Und auch „The Dark Knight“ bot einiges an interessantem Zusatz, zum Beispiel Harvey Dents Hintergrund oder Jonathan Cranes Tätigkeiten zwischen den Filmen.
Gerade bei „The Dark Knight Rises“ ist es schade, dass fast keinerlei Zusatzinformationen gegeben werden, denn es gäbe durchaus Gelegenheit, Löcher zu stopfen oder Motivationen zu ergründen. Eine derartige Adaption ist in der Tat ziemlich sinnlos, es sei denn, man hegt den Wunsch, den Inhalt des Films zu kennen, ohne ihn anzusehen oder sich den Film noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, was allerdings spätestens mit der DVD obsolet wird.
Wenn ein Buch (oder ein Comic oder sonst etwas) verfilmt wird, wird die Handlung an das andere Medium angepasst – es gibt Dinge, die man auf Papier machen kann, aber nicht auf der Leinwand. Umgekehrt ist es vielleicht nicht ganz so harsch, aber dennoch: Es gibt Dinge, die man im Film tun kann, die man in einem Roman aber nicht tun sollte. Eine Montage oder ein schneller Szenenwechsel kann im Film durch Bildsprache, Musik etc. sehr wirkungsvoll sein, in einem Roman dagegen meistens nicht. Stattdessen sollte der Autor einer Adaption die Stärken seines Mediums verwenden: Perspektive, innerer Monolog, die Möglichkeit, ausführlicher zu werden, Hintergründe zu erzählen usw. Ein Filmroman kann, wenn richtig geschrieben, neue Perspektiven eröffnen. Ein gutes Mittel ist zum Beispiel, Szenen so umzustrukturieren, dass man einen für einen Roman besseren narrativen Fluss hinbekommt oder bestimmte Szenen aus der Perspektive von Nebenfiguren oder Schurken zu erzählen und gerade diese Passagen ausführlicher zu gestalten. Natasha Rhodes beschäftigte sich in ihrer Adaption von „Blade Trinity“ beispielsweise recht ausführlich mit Dracula/Drake, dem Antagonisten, ließ ihn über die Moderne reflektieren und ging, viel stärker als der Film, auf seinen Hintergrund ein. Diese Passagen (sowie das Fehlen des nervigen Hip-Hop-Soundtracks) sorgen dafür, dass der Roman besser ist als der Film.
Das Idealbeispiel für einen Roman, der den Film wirklich erweitert ist natürlich Matthew Stovers „Die Rache der Sith“. Stover nahm das Drehbuch und machte daraus quasi eine Charakterstudie. Dabei beschränkte er sich gezielt auf den Blickwinkel einiger Figuren und ließ dabei Szenen des Films ganz aus, etwa die Schlacht um Kashyyyk. Stattdessen setzte er sich sehr intensiv mit dem Innenleben der Figuren auseinander, machte vieles plausibler und nachvollziehbar und griff Fäden des Erweiterten Universums sowie aus dem Film geschnittene Szenen und Handlungsstränge auf.
Daraus lässt sich auch ein generelles Fazit ziehen: Wenn ein Filmdrehbuch als Roman adaptiert wird, dann soll er doch bitte auch wirklich adaptiert werden. Das Umschreiben des Drehbuches in Prosaform ist in meinen Augen ziemlich sinnlos. Das Medium Roman hat Stärken, die das Medium Film nicht hat, die Romanadaption sollte den Film ergänzen und nicht einfach nur stupide nacherzählen. Dieses Kriterium erfüllen leider wenige Filmromane, aber hin und wieder findet man in der Tat einen, der sein Geld wert ist.