Underworld


Story: Seit Jahrhunderten tobt der Kampf der Vampire gegen die Lykaner (Werwölfe), doch seit dem (scheinbaren) Tod des Oberwerwolfs Lucien (Michael Sheen) sieht es so aus, als würden die Vampire gewinnen. Dennoch müssen die Todeshändler, die Elitekämpfer der Vampire, sich Nacht für Nacht mit Lykanern herumschlagen.
Doch eines Tages geschieht etwas Merkwürdiges: Selene (Kate Beckinsale), Todeshändlerin und Adpotivtochter von Obervampir Viktor (Nill Nighy), entdeckt, dass die Werwölfe hinter einem Mann namens Michael Corvin (Scott Speedman) her sind. Ihre Nachforschungen führen sie zu einer Verschwörung, die mit dem Ursprung der beiden verfeindeten Rassen zusammenhängt und an der nicht nur die Werwölfe und deren totgeglaubter Anführer Lucien beteiligt sind, sondern auch hochrangige Vampire.

Kritik: Obwohl sich „Underworld“ und „Twilight“ auf den ersten Blick massiv unterscheiden, sind sie sich in einigen Punkten sogar recht ähnlich – insbesondere darin, dass sie quasi denselben Fehler machen. Aber der Reihe nach. „Underworld“ ist in erster Linie ein Actionfilm, der sich, v.a. ästhetisch, stark auf die Matrix-Trilogie und die Blade-Filme beruft. Das bedeutet vor allem Style over Substance, ein hämmernder Metal-Soundtrack, Kate Beckinsale in schwarzem Latex und viele Kugeln.
Was „Underworld“ jedoch für mich so interessant macht, ist die Tatsache, dass es sich dabei quasi um eine Verfilmung des Rollenspiels „Vampire: The Masquerade“ handelt, oder zumindest um das, was einer Verfilmung am nächsten kommt. Das hängt vor allem mit der Atmosphäre zusammen, die der Film vermittelt: Gotische, urbane Landschaft (gedreht wurde in Budapest), ein Blauschleier und die Mischung aus hypermodernen Waffen, alten Anwesen, Ledermänteln und Schwertern vermitteln die Gothic-Punk-Amtosphäre von „Vampire: The Masquerade“ so gut wie kein anderer Film. Auch inhaltlich haben sich Regisseur Len Wiseman (der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat) und die Autoren Kevin Grevioux und Danny McBride bei dem Pen&Paper-Rollenspiel von White Wolf kräftig bedient, in der Tat so kräftig, dass White Wolf gegen den Film geklagt hat. Vampire gegen Werwölfe, die ausgearbeitet Mythologie, Verschwörungen uralter Vampire, Stimmung und Atmosphäre – es gibt viel, das an „Vampire: The Masquerade“ erinnert. Dazu gehören nicht zuletzt auch die adeligen Vampire, die politische Ränke schmieden und sich vor der Gesellschaft der Sterblichen verbergen – ganz wie die Camarilla.
Man merkt dem Streifen auch an, dass er ein Herzensprojekt ist und die Macher äußerst ambitioniert waren. Was aber leider nicht heißt, dass „Underworld“ nicht auch eine ganze Menge Probleme hat, u.a. die Story und die beiden Hauptcharaktere betreffend. Der Plot ist eigentlich gar nicht so übel, die Hintergründe der Vampire und Werwölfe sind schön (wenn auch nicht immer ganz schlüssig) ausgearbeitet (es wird quasi die Mythologie von „Vampire: The Masquerade“ mit der pseudowissenschaftlichen Herangehensweise von „Blade“ kombiniert) und sorgen für Stimmung. Die Geschichte ist von „Romeo und Julia“ inspiriert, mit den Werwölfen und Vampiren als verfeindeten Familien. Das Problem: Zwischen Selene und Michael gibt es absolut keine Chemie, so etwas wie eine glaubhafte Beziehung entsteht nicht, was auch durchaus mit den Darstellern zusammenhängt. Vor allem Scott Speedman bleibt verdammt blass, während Kate Beckinsale als in Leder gewandete Vampiramazone zwar eine gute Figur macht, aber ansonsten ziemlich unterkühlt ist.
Das zweite große Problem ist dasselbe, das auch „Twilight“ plagt: Der Kern des Themas „Vampir“ wird verfehlt bzw. ignoriert: Der Kampf um die Menschlichkeit und das Streiten mit dem eigenen Blutdurst. Während „Twilight“ versucht, das Thema zu integrieren, daran aber großartig scheitert, unternimmt „Underworld“ den Versuch nicht einmal wirklich. Schon von Anfang wird eingeführt, dass Vampire inzwischen synthetischen Blut erfunden haben und sich davon ernähren. Diese Prämisse kann natürlich ebenfalls interessant umgesetzt werden, wie „True Blood“ bewiesen hat, hier wird es allerdings lediglich aus Ausrede verwendet, um sich mit dem oben angesprochenen Konflikt nicht auseinandersetzen zu müssen. In beiden Fällen werden die Vampire instrumentalisiert, um besser ins Genre zu passen und es den Autoren leichter zu machen.
Im Gegensatz zu „Twilight“ hat „Underworld“ allerdings einige Qualitäten, die für die oben beschriebenen Mängel entschädigen. Da wären, neben der gelungenen Optik und den mitunter ziemlich kreativen Actionszenen, als erstes die Nebendarsteller, allen voran Michael Sheen (zugegeben, der macht in „New Moon“ auch mit und ist das Beste an besagtem Film) und Bill Nighy. Bill Nighy beim Overacting zuzusehen ist immer wieder grandios und im Gegensatz zu Edward Cullen und Co. schafft er es auch, seine Auftritte mit vampirischer Ausstrahlung zu versehen. Obwohl ihn das Drehbuch nicht unterstützt ist die raubtierhafte Aura, die stets von ihm ausgeht, sehr gut spürbar. Michael Sheens Lucien schließlich ist mit Abstand der interessanteste und vielschichtigste Charakter des Films, und Sheen schafft es hervorragend, die Ambivalenz seiner Figur zu verkörpern.
Fazit: „Underworld“ hätte bei richtiger Behandlung der Vampirthematik (so wie in der Quasivorlage „Vampire: The Masquerade“ beschrieben) noch weitaus mehr sein können, als das, was er ist: Ein stylischer, kurzweiliger Vampir-Werwolf-Actioner mit ziemlich uninspirierten Haupt- und äußerst fähigen Nebendarstellern.

Trailer

Siehe auch:
Vampire: The Masquerade

Star Wars Episode III: Die Rache der Sith – Soundtrack


Tracklisting:

01. Star Wars and the Revenge of the Sith
02. Anakin’s Dream
03. Battle of the Heroes
04. Anakin’s Betrayal
05. General Grievous
06. Palpatine’s Teachings
07. Grievous and the Droids
08. Padmé’s Ruminations
09 Anakin vs. Obi-Wan
10. Anakin’s Dark Deeds
11. Enter Lord Vader
12. The Immolation Scene
13. Grievous Speaks to Lord Sidious
14. The Birth of the Twins and Padmé’s Destiny
15. A New Hope and End Credits

Für das Finale der Prequel-Trilogie änderte John Williams abermals die Herangehensweise. Das Ergebnis ist in jedem Fall interessant und ich schwanke stets zwischen Enttäuschung über das, was dieser Soundtrack nicht ist und Begeisterung über das, was er anzubieten hat.
Die Musik zu „Die Rache der Sith“ unterscheidet sich in zwei Punkten fundamental von den anderen fünf Soundtracks. Punkt 1: Es gibt kein neues, starkes Leitmotiv (Leitmotiv, wohlgemerkt, nicht Thema!). Bisher gab es in jedem Film mindestens ein neues, starkes Leitmotiv, das sich über den Film (und oft noch darüber hinaus) entwickelte, meistens noch begleitet von diversen Nebenthemen, von denen manche ebenfalls enorm stark waren (etwa der Marsch der Handelsföderation aus „Die Dunkle Bedrohung“). In „Die Rache der Sith“ gibt es dagegen nur ein einziges neues Leitmotiv, das höchstens sekundär ist und im Film auch nur drei Mal auftaucht (auf dem Album sogar nur zwei Mal): Das Thema von General Grievous, eine pompöse Blechbläserfanfare, für dich eine ziemlich Schwäche habe (was habe ich mich aufgeregt, als dieses Thema weder im Clone-Wars-Film noch der zugehörigen Serie auftauchte). Ein kurzes Statement ist bereits im Eröffnungsstück Star Wars and the Revenge of the Sith bei 4:45 zu hören und untermalt Grievous‘ ersten Auftritt im Film, als er die Brücke der Invisible Hand betritt. Der zweite Einsatz findet sich in Grievous Speaks to Lord Sidious und dominiert das erste Drittel besagten Stückes, das Thema wird hier ausführlich und sogar mit Choreinsatz gespielt, um Grievous‘ Ankunft auf Utapau angemessen zu untermalen. Im Film wird das Thema darüber hinaus auch noch zu Beginn des Duells zwischen Obi-Wan und Grievous verwendet. Die Variation ist der in Grievous Speaks to Lord Sidious sehr ähnlich, allerdings ohne Chor.
Das (mit der oben beschriebenen Ausnahme) Fehlen neuer Leitmotive bringt uns auch gleich zum zweiten Punkt: Statt neuer Leitmotive arbeitet Williams hier sehr viel mehr mit szenenspezifischen Themen. Das gab es natürlich schon früher, allerdings noch nie in diesem Ausmaß. Das bekannteste Beispiel ist natürlich Battle of the Heroes, das Vorzeigestück des Soundtracks, das mit voller Absicht an Duel of the Fates erinnert – zurecht, denn Aufbau und Zweck beider Stücke ist sehr ähnlich. Beide sind Themen, die nicht einer bestimmten Person oder Sache zugeordnet sind, sondern dem Finale des Films, in dem sie debütieren. Damit sind beide keine Leitmotive im eigentlichen Sinn, sondern szenenspezifische Themen. Natürlich steht das Battle-of-the-Heroes-Thema auf gewisse Weise für Anakins Fall, aber es wird nicht, wie man es sonst von Williams erwarten würde, langsam aufgebaut, wenn das Duell zwischen Anakin und Obi-Wan beginnt ist es einfach da und erklingt (mit kurzen Unterbrechungen) praktisch durchgehend, bis der Kampf beendet ist. Auf dem Album gibt es zwei Tracks, die dieses Thema ausgiebig behandeln, die bereits erwähnte Konzertsuite Battle of the Heroes und Anakin vs. Obi-Wan. Letzterer erklingt zu Beginn des Duells, ist sehr energetisch und wird vor allem von schnellen Bläserfanfaren dominiert. Ersterer untermalt das Ende des Duells, ist getragener als Anakin vs. Obi-Wan und wird vor allem von Chor und Streichern dominiert. Interessant ist, dass in die beiden Stücke auch zwei bereits bestehende Leitmotive eingearbeitet sind: Das Machtthema findet sich in beiden und in Anakin vs. Obi-Wan erklingt mehrmals der Imperiale Marsch, der hier, nebenbei bemerkt, Darth Sidious persönlich gewidmet ist.
Darüber hinaus gibt es noch einige weitere ziemlich markante Themen, die nur einen einzigen Auftritt erhalten und keine leitmotivische, sondern nur eine szenenspezifische Funktion haben und somit „nur“ der Untermalung dienen. Als erstes hätten wir da Anakin’s Betrayal, ein sehr tragisches Chorstück, das die Ausführung der Order 66 untermalt und vage an das Begräbnisthema aus „Die dunkle Bedrohung“ erinnert. Ein weiteres Chorstück, das allerdings weniger tragisch, sondern eher dramatisch und düster ist, ist Anakin’s Dark Deeds, das bei der Ermordung des Separatistenrates und der gleichzeitig stattfinden Ausrufung des Imperiums eingesetzt wird. Ein etwas kleineres, aber nichtsdestotrotz einprägsames Szenenthema findet sich in Enter Lord Vader ab 0:50, als Anakin auf Mustafar eintrifft, um Gunray und Co. angemessen zu belohnen. Und schließlich hätten wir da noch Padmé’s Ruminations, praktisch ein Klagegesang, in dem immer wieder winzige Fragmente von Across the Stars erklingen. Im zweiten Teil des Stückes erklingt noch ein weiteres, sich steigerndes Thema, das nach Anakins Ernennung zum Sith-Lord erklingt.
Nun lässt sich natürlich spekulieren, weshalb Williams seine Vorgehensweise für diesen finalen Star-Wars-Soundtrack änderte. „Die Rache der Sith“ ist nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch der wohl düsterste Film der Hexalogie, aber das hängt wohl nicht in erster Linie mit der Verwendung von Szenenthemen zusammen. In einem Interview sprach Williams davon, die losen thematischen Fäden der Prequels endgültig mit den Leitmotiven der klassischen Trilogie zu verknüpfen und so endgültig die Brücke zu den Episoden IV-VI zu schlagen. Dies ist ihm im Großen und Ganzen eigentlich hervorragend gelungen.
Besonders hervorzuheben ist die weitere Verwendung von Across the Stars, dem Liebesthema von Anakin und Padmé. Während es in „Angriff der Klonkrieger“ aufgebaut wurde und stets an Kraft zunahm, ist in „Die Rache der Sith“ das Gegenteil der Fall: Zusammen mit Anakins und Padmés Liebe stirbt auch das Thema. Bereits in Anakin’s Dream klingt es wehmütig und deutet das Kommende an, um in Padmé’s Ruminations weiter fragmentiert zu werden und schließlich nach einem letzten Einsatz (Padmé kommt auf Mustafar an, nicht auf der CD) zu sterben.
Das Machtthema – wohl das am häufigsten verwendete der Saga – ist natürlich auch dieses Mal sehr präsent und taucht bereits in Star Wars and the Revenge of the Sith bei 1:38 auf und untermalt fortan die besonders schicksalhaften Moment. Der dramatischste Einsatz findet sich natürlich in Battle of the Heroes bei 1:56.
Sehr interessant ist noch die Verwendung des Imperialen Marsches und des Palpatine-Themas. In einem Film mit dem Titel „Die Rache der Sith“ würde man erwarten, dass diese Themen äußerst präsent sind, und gewissermaßen sind sie das auch, allerdings eher unterschwellig. Eine, salopp ausgedrückt, „In-Your-Face-Performance“ wie am Ende von „Angriff der Klonkrieger“ gibt es nicht. Stattdessen arbeitet Williams subtiler, mit zurückhaltenderen Variationen wie in Palpatine’s Teachings bei 3:37, wo Anakins Ärger über den Jedi-Rat vom Imperialen Marsch dargestellt wird. Leider sind viele dieser Statements nicht auf der CD zu finden. Palpatines Thema, dessen Präsenz im Film immer zunimmt und etwa bei Anakins Rettung von Mustafar und bei der kurz darauf folgenden Ankunft auf Coruscant gespielt wird, taucht auf dem Album lediglich einmal auf, bei 3:49 in Enter Lord Vader, zu Beginn der Ausrufung des Imperiums. Gerade bei derartigen Szenen hätte man eine donnernde Fanfare des Imperialen Marsches erwartet. Stattdessen arbeitet sich der Marsch vor allem am Ende in die Themen ein, sodass es quasi unausweichlich ist, dass alles letztendlich auf ihn hinausläuft. Leider sind diese Einsätze ebenfalls nicht auf der CD, obwohl man sie in The Birth of the Twins and Padmé’s Destiny hervorragend hätte integrieren können. In besagtem Stück kehrt auch das Begräbnis- bzw. Trauerthema aus „Die dunkle Bedrohung“ zurück, das im Film langsam in den Imperialen Marsch übergeht.
Die Brücke zu Episode IV wird schließlich vor allem mit A New Hope and End Credits geschlagen. Bereits zu Anfang erklingt (gewissermaßen zum ersten Mal) Leias Thema, bevor kurz darauf eine sanfte Variation des Hauptthemas zu hören ist, das hier erstmals in den Prequels Luke gilt und schließlich vom Machtthema abgelöst wird, bevor der Abspann beginnt, in dem vor allem Musik aus Episode IV gespielt wird, mit Ausnahme eines erneuten Einsatzes von Battle of the Heroes. Ob der Einsatz von Throne Room dabei in diesem Rahmen sinnvoll ist, ist diskutabel.
Fazit: Statt eines neuen starken Leitmotivs hat „Die Rache der Sith“ vor allem die Verknüpfung alter Themen und starke Szenenuntermalung zu bieten. Einerseits ist es zu bedauern, dass die Musik zu Episode III nicht den gewohnten Konventionen folgt, aber andererseits funktioniert diese Herangehensweise dennoch tadellos. Trotz dieses Umstandes befindet sich „Die Rache der Sith“ qualitativ auf einer Augenhöhe mit den fünf anderen Scores und bietet einen gelungenen Abschluss der Star-Wars-Saga.

Siehe auch:
Star Wars Episode IV: Eine neue Hoffnung – Soundtrack
Star Wars Episode V: Das Imperium schlägt zurück – Soundtrack
Star Wars Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter – Soundtrack
Star Wars Episode I: Die Dunkle Bedrohung – Soundtrack
Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger – Soundtrack
Shadows of the Empire – Soundtrack
Star Wars: The Clone Wars – Soundtrack
Star Wars: The Old Republic – Soundtrack

Star Wars Episode II: Angriff der Klonkrieger – Soundtrack


Tracklisting:

01. Star Wars Main Title and Ambush on Coruscant
02. Love Theme from Attack of the Clones (Across the Stars)
03. Zam the Assassin and the Chase Through Coruscant
04. Yoda and the Younglings
05. Departing Coruscant
06. Anakin and Padme
07. Jango’s Escape
08. The Meadow Picnic
09. Bounty Hunter’s Pursuit
10. Return to Tatooine
11. The Tusken Camp and the Homestead
12. Love Pledge and the Arena
13. Confrontation with Count Dooku and Finale

Nach den äußerst batmanlastigen letzten Monaten wird es Zeit, mal wieder für etwas Abwechslung zu sorgen und sich mit einem Themenbereich zu beschäftigen, der in letzter Zeit eher vernachlässigt wurde: Star Wars.
Beim Soundtrack zum zweiten Prequel, dessen Ruf im Allgemeinen zwar besser ist als der von „Die Dunkle Bedrohung“, allerdings nicht viel besser, änderte John Williams seine Vorgehensweise etwas. Nach wie vor integrierte er die alten, wichtigen Leitmotive, sah dieses Mal allerdings davon ab, gleich mehrere neue, starke Themen zu komponieren, sondern beschränkte sich auf eines. Während die neuen Themen in den bisherigen Star-Wars-Soundtracks also immer in etwa gleichberechtigt waren, hat „Der Angriff der Klonkrieger“ am ehesten ein „Hauptthema“, dem sich die anderen (neue wie alte) unterordnen. Zwar gibt es in der Tat noch einige andere neue Leitmotive, diese sind allerdings von geringerer Bedeutung und eher obskurer Natur. Das (Achtung, Wortspiel!) Herzstück des Soundtracks ist das Liebesthema von Anakin und Padmé, nach dem Tracktitel der Konzertsuite auch oftmals als Across the Stars bezeichnet. Besagtes Thema hat es allerdings in sich und ist durchaus in der Lage, den Score zu tragen. Es handelt sich dabei um eine äußerst komplexe, bittersüße Melodie, die bereits die gesamte Tragik der Beziehung, die es beschreibt, in sich trägt. Wie nicht anders zu erwarten finden sich in diesem Thema auch Verweise zu anderen Themen, u.a. Anakins Thema aus „Die Dunkle Bedrohung“, dem Thema von Luke und Leia aus „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ und dem Liebesthema aus „Das Imperium schlägt zurück“. Am deutlichsten wird dies am während des Abspanns (Confrontation with Count Dooku and Finale), in dem fast ausschließlich das Liebesthema gespielt wird. Am Ende jedoch erfolgt ein kurzer Einwurf von Anakins Thema, bevor Across the Stars dann langsam in eine Variation des Imperialen Marsches übergeht.
Ansonsten baut sich das Thema, passend zu Anakins und Padmés Romanze langsam über den Verlauf des Scores auf, zum ersten Mal noch sehr zaghaft in Yoda and the Younglings (hier ist Anakins Thema ebenfalls nicht fern). Auch in Anakin and Padmé arbeitet Williams noch eher mit Andeutungen, bevor es dann in The Meadow Picnic voll zu hören ist. Zu Beginn von Love Pledge and the Arena ist schließlich eine ziemlich tragische, aber nichtsdestotrotz kraftvolle Variante zu hören, als Anakin und Padmé ihrem (scheinbar) sicheren Tod ins Auge blicken. Später im selben Stück (bei 6:09 und 7:11) sind dagegen kurze, triumphale Ausbrüche des Themas zu hören. Und selbstverständlich wird Anakins und Padmés Hochzeit in Confrontation with Count Dooku and Finale (3:58) ebenfalls von Across the Stars untermalt.
Die restlichen neuen Motive sind, wie bereits erwähnt, eher obskurer Natur. Ursprünglich gab es für „Angriff der Klonkrieger“, ähnlich wie bei „Die Dunkle Bedrohung“, ein spezielles Action-Thema für das Finale, das auf der Soundtrack-CD auch zu finden ist – es dominiert den Mittelteil von Love Pledge and the Arena (ab 2:41) und ist eine sich stetig aufbauende, marschartige Melodie, ähnlich dem Marsch der Handelsföderation. Im Film selbst taucht es allerdings nicht auf, stattdessen verwendete Williams Teile davon schließlich im Soundtrack zu „Die Rache der Sith“, in welchem es bei der Schlacht um Kashyyyk, dem Angriff auf den Jedi-Tempel und der Schlacht um Utapau zum Einsatz kommt und den Eindruck erweckt, zur Klonarmee zu gehören.
Darüber hinaus gibt es noch ein Motiv für den Planeten Kamino und das Rätsel, von dem er umgeben wird (Star Wars Main Title and Ambush on Coruscant, bei 1:52) sowie ein Thema für die Separatisten (Return to Tatooine, bei 3:52). Keine dieser Ideen hinterlässt jedoch bleibenden Eindruck oder bekommt besonders viel Platz eingeräumt.
Ganz allgemein wird die Musik düsterer, was sich u.a. auch in den Actionpassagen niederschlägt. Besonders interessant ist zum Beispiel Zam the Assassin and the Chase Through Coruscant, in welchem Williams zum ersten Mal im SW-Universum E-Gitarren einsetzt. Allerdings wirkt dieser Soundtrack auch ein wenig unausgewogener als seine Vorgänger.
Natürlich gibt es auch einige Einspielungen bekannter Themen aus „Die Dunkle Bedrohung“ und der klassischen Trilogie. Am Ende von Bounty Hunter’s Pursuit ist der Marsch der Handelsföderation zu hören, welcher hier interessanterweise nicht die Droidenarmee begleitet, sondern die Klonarmee – ein weiterer großartiger Moment des Foreshadowing, denn schon bald wird die Klonarmee die Droidenarmee als Hauptwerkzeug der Sith ablösen.
Auch Duel of the Fates erhält einen weiteren Einsatz, allerdings in recht merkwürdigem Umfeld. Während das Thema in den Episoden I und III schicksalhafte Duelle untermalt, erklingt es in Episode II, während Anakin mit seinem Speeder durch die Wüste fliegt (Return to Tatooine, 3:35) und ist für diesen Anlass eigentlich zu dramatisch und episch.
Was die Themen der Episode IV bis VI angeht, werden diese recht sparsam eingesetzt, aber wenn sie vorkommen, dann in extrem gelungener Form. Bei 1:19 in Yoda and the Younglings ist, erwartungsgemäß, Yodas Thema zu hören, das im Rahmen seines Lichtschwertduells mit Count Dooku noch einmal erklingt, in einer energetischen Variation, die es leider nicht auf die CD geschafft hat. Auch die beiden Einsätze des Palpatine/Sidious-Themas glänzen auf dem Album durch Abwesenheit, dafür gibt es allerdings einige wirklich schöne Versionen des Machtthemas, u.a. in Return to Tatooine bei 3:10 und Love Pledge and the Arena bei 7:40. Der Höhepunkt diesbezüglich ist jedoch eindeutig der Imperiale Marsch. Neben einer zurückhaltenden Variation in The Tusken Camp and the Homestead bei 3:27 (der Massenmord an den Tusken ist natürlich ein weiterer Schritt in Richtung Dunkle Seite und ist dementsprechend untermalt) und ein, zwei Einsätzen, die es nicht auf die CD geschafft haben, erklingt er in Confrontation with Count Dooku and Finale, als Kanzler Palpatine, ausgestattet mit Notstandvollmachten, zusieht, wie Klone in Schiffe marschieren, um überall in der Galaxis die Separatisten zu bekämpfen. Obwohl der Marsch hier in einer triumphalen Dur-Variation erklingt, ist er dennoch unverkennbar. Von subtilem Foreshadowing kann zwar hier nicht mehr die Rede sein, aber dafür ist es einer der epischsten musikalischen Augenblicke der Prequels.
Fazit: „Angriff der Klonkrieger“ hat nur ein neues, einprägsames Thema vorzuweisen, das es allerdings in sich hat. Alles in Allem ist der zweite Prequel-Score weniger „rund“ als „Die Dunkle Bedrohung“ und bietet kein so positives Gesamtbild, rehabilitiert sich jedoch durch das grandiose Across the Stars und einige wirklich gelungene Einspielungen der älteren Leitmotive.

Siehe auch:
Star Wars Episode IV: Eine neue Hoffnung – Soundtrack
Star Wars Episode V: Das Imperium schlägt zurück – Soundtrack
Star Wars Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter – Soundtrack
Star Wars Episode I: Die Dunkle Bedrohung – Soundtrack
Star Wars Episode III: Die Rache der Sith – Soundtrack
Shadows of the Empire – Soundtrack
Star Wars: The Clone Wars – Soundtrack
Star Wars: The Old Republic – Soundtrack

Batman Begins: Ein Blick auf die Quellen


Oftmals trifft man auf die Meinung, die Burton- und Schumacher-Batman-Filme seien „comichafter“ als Nolans Interpretation der Figur – was wieder einmal beweist, dass das Adjektiv „comichaft“ einfach nichts taugt. Der Comic als Medium hat sich entwickelt, sodass inzwischen jede Spielart jedes Genres als Bildergeschichte umgesetzt werden kann. Jeder weiß zwar, was gemeint ist (weniger realistisch, stilisierter etc.), aber das macht es trotzdem nicht richtiger.
Bei Comic-, speziell Superheldenverfilmungen, gibt es im Groben zwei mögliche Herangehensweisen. Man kann sich, wie bei einer klassischen Romanverfilmung, eine spezifische Vorlage suchen und diese relativ genau verfilmen, so geschehen etwa mit „Watchmen“ oder einigen der DC Universe Animated Original Movies, allerdings ist diese Vorgehensweise die seltenere. Für gewöhnlich bedienen sich die Regisseure, Produzenten und Drehbuchautoren „aus dem Mythos“ und erzählen Geschichten, die eher grob an bestimmte Comics, Storybögen etc. angelehnt sind oder einfach eine der Grundkonstellationen der Vorlage verwenden, um etwas eigenes zu erzählen. Diese Vorgehensweise wurde auch bei den Batman-Filmen von Burton, Schumacher und Nolan gewählt. Allerdings halten sich die Nolan-Filme, zumindest auf ihre Art, enger an die Comics als es die anderen vier tun. Burton passte die Figuren (v.a. natürlich die Schurken) seiner Vision an, was besonders bei Catwoman und dem Pinguin zu spüren ist. Im Gegensatz dazu ließ Schumacher die Ursprungsgeschichte meistens intakt, veranstaltete mit ihnen aber eine Faschingsparade auf LSD. Letztendlich basieren alle vier Filme eher lose auf den Comics, eine bestimmte Inspirationsquelle lässt sich schwer ausmachen. Zumeist wird nur die jeweilige Grundkonstellation verwendet (Two-Face begeht Verbrechen, die irgendwie mit der Zwei und Dualität zu tun haben, Poison Ivy betätigt sich als extreme Umweltschützerin, Batman hat ein ambivalentes Verhältnis zu Catwoman etc.) und damit wird dann eine neue Geschichte erzählt.
Chris Nolan, sein Bruder Jonathan (der allerdings nur an „The Dark Knight“ und „The Dark Knight Rises“ mitarbeitete) und David S. Goyer dagegen gingen weitaus sorgsamer vor. Auch sie nahmen durchaus Veränderungen am Material vor, trotzdem lassen sich die Quellen viel besser ausmachen, insbesondere, da viele kleine Verweise und Anspielungen auf diverse Comics, Miniserien, Graphic Novels etc. des Bat-Universums untergebracht wurden.
In dieser Artikelreihe möchte die diversen Vorlagen und Quellen der Dark-Knight-Trilogie einmal unter die Lupe nehmen, betrachten, auf welche Weise sie die Filme beeinflusst haben und in diesem Zusammenhang auch gleich noch auf einige Details eingehen, die in den normalen Filmrezensionen keinen Platz mehr hatten (oder, im Fall von „The Dark Knight Rises“, Spoiler enthalten). Ursprünglich wollte ich das alles in einem Artikel tun, allerdings ist der Batman-Begins-Teil schon ziemlich ausgeufert, weshalb es nun doch drei werden, jeweils einer pro Film, natürlich beginnend mit „Batman Begins”.
Diese Artikelreihe wird also nicht vollkommen objektiv sein und erhebt darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit – seit 1939 sind unendlich viele Comics mit dem Dunklen Ritter erschienen, und obwohl der Autor dieses Artikels sich sehr anstrengt, hat er doch nur einen Bruchteil des verfügbaren Materials gelesen.
Bei „Batman Begins” werden von den Verantwortlichen gewöhnlich drei „Hauptinspirationsquellen“ genannt: „Batman: Year One“, „Batman: The Long Halloween“ und „Batman: The Man Who Falls“. Die ersten beiden habe ich bereits rezensiert, deswegen beginne ich mit einem Blick auf „The Man Who Falls“, widme mich danach den beiden Überklassikern, um schließlich zur Darstellung der Figuren sowie zu den eher obskureren Referenzen und Zitaten zu kommen.
Bei „The Man Who Falls“ handelt es sich um eine kurze Geschichte aus dem Jahr 1989, verfasst von Bat-Guru Denny O’Neill (der u.a. Ra’s al Ghul erfunden und auch die Romanadaptionen von „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ verfasst hat) und gezeichnet von Dick Giordano. Ich bin mir im Unklaren darüber, ob diese Geschichte überhaupt auf Deutsch erschienen ist, in jedem Fall wurde sie vor einigen Jahren in einem US-Paperback veröffentlicht, das unter anderem auch die Comicadaption von „Batman Begins“ enthält und das ich besitze. Die Geschichte schildert in Rückblicken Bruce‘ Werdegang zu Batman, beginnend mit seinem Sturz in die Fledermaushöhle (dieses Detail tauchte zum ersten Mal in Frank Millers „The Dark Knight Returns“ auf und ist auch in „Batman Begins“ vertreten), dem Mord an seine Eltern und dem darauf folgenden unsteten Leben auf der Suche nach Bestimmung, die ihn schließlich zu einem Tempel in den schneebedeckten Bergen eines ostasiatischen Landes führt. Im Comic findet er dort zwar weder Herni Ducard (der ein paar Panels weiter auftaucht und das unabhängig vom Kloster, zu ihm später mehr) noch Ra’s al Ghul, wird aber ebenfalls trainiert, um schließlich nach Gotham zurückzukehren und Batman zu werden. „The Man Who Falls“ bietet die Grundlage für die erste Hälfte des Films, die dann im Drehbuch weiter ausgeschmückt, mit Details versehen und nonlinear umstrukturiert wurde. Da „The Man Who Falls“ einige Szenen aus „Batman: Year One“ kurz anreißt, bietet es sich natürlich an, direkt zu Frank Millers und Dave Mazuchellis Meisterwerk weiterzugehen. „Batman: Year One“ ist allerdings eher richtungsweisend denn genaue Vorlage. „Year One“ bestimmt grob Kurs und Struktur der zweiten Hälfte des Films und war für die Filmemacher wohl vor allem atmosphärisch sehr inspirierend. Sowohl Comic als auch Film zeigen eine völlig kaputte, dreckige Stadt in düsteren Grau- und Brauntönen und schildern, wie Bruce Wayne nach langjähriger Abwesenheit nach Gotham zurückkehrt und seine ersten Gehversuche als Batman unternimmt. Der von Gary Oldman dargestellte Comissioner Gordon orientiert sich ebenfalls optisch stark an David Mazuchellis Interpretation, und wie in „Year One“ ist Gordon in „Batman Begins“ äußerst tatkräftig und begnügt sich nicht damit, das Batsignal an und aus zu machen. Stattdessen ist er einer der wenigen Cops der Stadt, die nicht korrupt sind. Der Hintergrund wurde allerdings ein wenig verändert, da Gordon im Comic zeitgleich mit Bruce nach Gotham kommt (vorher war er in Chicago ansässig), während er im Film bereits viele Jahre dort tätig und bereits nach der Ermordung von Bruce‘ Eltern zugegen ist, um diesem Trost zu spenden.
Es gibt jedoch auch einige massive Unterschiede. Der auffälligste ist sicher, dass „Batman: Year One“ ohne die klassischen Batschurken auskommt (Catwoman nicht mitgerechnet, da sie zwar vorkommt, aber keinesfalls als wirkliche Schurking fungiert). Stattdessen kämpft Batman in erster Linie gegen die Korruption und den Mafiaboss Carmine „Der Römer“ Falcone, der auch in „Batman Begins“ als Boss der Bosse fungiert, allerdings schon bald von Scarecrow und Ra’s al Ghul als Hauptschurke abgelöst wird. Abgesehen von Name und Stellung hat Falcone (dargestellt von Tom Wilkinson) allerdings mit seinem Gegenstück aus „Year One“ und vor allem „The Long Halloween“ relativ wenig gemein, nicht einmal sein Spitzname wird verwendet und seine Familie spielt ebenfalls keine Rolle. Und anstatt später Harvey Dent/Two-Face zum Opfer zu fallen wird er von Scarecrow abserviert.
Neben Falcone haben es auch noch einige andere Figuren, die ihr Debut in „Year One“ feierten, in den Film geschafft; in erster Linie wären das Comissioner Loeb und Detective Flass. Der Loeb in „Batman Begins“ hat mit der gleichnamigen Figur, wie sie von Frank Miller erdacht wurde allerdings kaum etwas zu tun, denn in „Year One“ ist Loeb zwar ebenfalls Comissioner, aber fett, weiß und extrem korrupt. Der schwarze Loeb aus „Batman Begins“ erinnert eher an Comissioner Akins, der Anfang des 21. Jahrhunderts im Rahmen der Storyline „Office Down“ Gordons Nachfolge als Polizeichef antrat und nicht nur ebenfalls Afroamerikaner ist, sondern dem Film-Loeb auch in der Geisteshaltung gleicht: Beide sind eigentlich gute, ehrliche Polizisten, haben aber eine sehr negative Einstellung gegenüber Batman.
Detective Flass mag seinem Gegenstück aus dem Comic zwar nicht ähnlich sehen (Comic-Flass ist groß, muskulös und blond, während Film-Flass klein, braunhaarig und fett ist), aber in ihrem Wesen sind sie sich sehr ähnlich; beide sind korrupt und bereiten Gordon Probleme.
Neben den bereits erwähnten sind noch einige weitere Anspielungen vorhanden. Sowohl in „Year One“ als auch in „Batman Begins“ hat Batman Probleme mit der Polizei und ruft einen Schwarm Fledermäuse, um entkommen zu können. In beiden Medien macht Bruce einen ersten Versuch (noch ohne Cape und spitze Ohren), bei dem er scheitert und den er als lehrreiche Erfahrung akzeptiert. Und dann wäre da schließlich noch das Ende des Films, das dem des Comics sehr ähnlich ist: In beiden hat Gordon Batman als neuen Beschützer der Stadt akzeptiert und der Joker wird angekündigt.
„The Long Halloween“, die quasi Fortsetzung zu „Year One“, beeinflusste vor allem „The Dark Knight“, aber auch in „Batman Begins“ sind Anspielungen zu finden. Das Thema, das Jeph Loebs und Tim Sales Graphic Novel ausmacht – die Ablösung der „gewöhnlichen“ Verbrecher durch Batmans Schurkengallerie – findet sich ansatzweise bereits im Film. Zu Beginn ist Gotham zwar eine völlig kaputte, aber noch normale Stadt. Mit Batmans Auftauchen jedoch verliert die Mafia rapide an Macht, wodurch gleichzeitig der Weg für die weitaus exzentrischeren „Superverbrecher“ geebnet wird. Sowohl in „Batman Begins“ als auch in „The Long Halloween“ hängt dies mit dem Fall Carmine Falcones zusammen. Eine weitere Anspielung findet sich in Scarecrows Auftritt: Das ikonische Bild des Schurken auf dem Pferd ist ebenfalls „The Long Halloween“ entlehnt.
So viel zu bekannteren Quellenangaben. Vieles von dem, was nun folgt, sind teilweise Spekulationen, da ich leider nie die Gelegenheit hatte, mit Chris Nolan, seinem Bruder Jonathan oder David S. Goyer über die Vorlagen für das Drehbuch sprechen und ich werde vermutlich auch nie dazu kommen.
Bevor ich mich den Charakteren widme, ist es nötig, zwei spezielle und recht unbekannte Batmanhefte aus den 90ern zu erwähnen, die in meinen Augen jedoch großen Einfluss auf „Batman Begins“ gehabt haben müssen: US-Batman #0 und US-Detective Comics #0 (auf Deutsch erschienen in den Heftausgaben 1 und 2 der Batmanserie des Dino Verlags). Diese beiden Hefte erschienen nach dem als „Prodigal“ bekannten Storybogen, in welchem der erste Robin (zu diesem Zeitpunkt bereits Nightwing) Dick Grayson zum ersten Mal für kurze Zeit als Batman agiert, da Bruce Wayne sich nach den Strapazen von „Knightfall“ (Genickbruch, Rückeroberung der Batman-Identität etc.) ein wenig erholen musste. Die beiden Nullnummern dienten vor allem dazu, neuen Lesern einen Einstieg in die Comicserien zu geben. Beide erzählen in recht ähnlicher Manier von einem kleinen Fall kurz nach Bruce Waynes endgültiger Rückkehr als Batman, währenddessen er über sein Leben, seine Entstehung etc. sinniert. In Rückblicken erzählen die Autoren Doug Moench (Batman) und Chuck Dixon (Detective Comics) so noch einmal die Geschichte des Dunklen Ritters. Der Einfluss von Doug Moenchs Geschichte auf „Batman Begins“ ist eher kleiner, aber dennoch bedeutend. Der Sturz in die Fledermaushöhle wurde zwar schon in „The Dark Knight Returns“ thematisiert, in US-Batman #0 sieht man allerdings erstmals, wie Thomas Wayne in besagte Höhle hinabsteigt, um seinen Sohn wieder hervorzuholen. Die kurze Szene im Comic dürfte einen der einprägsamsten Momente des Films inspiriert haben. Darüber hinaus sind hier die wichtigsten Stationen auf Bruce‘ Weg zu Batman noch einmal alle zusammengefasst.
Der Einfluss von Detective Comics #0 ist weitaus größer, da in den Rückblenden besagten Heftes viele Details über Batmans direkten Werdegang gezeigt werden, die es zum Teil direkt ins Drehbuch geschafft haben. So gibt es eine Szene, in der Bruce Wayne bei Wayne Enterprises den Prototypen eines speziellen Autos findet, das sowohl im Comic als auch im Film zum Batmobil wird und die Erforschung der zukünftigen Bathöhle wird ebenso thematisiert wie die Erschaffung der Batarangs. Die Szenen in Detective Comics #0 sind denen in „Batman Begins“ derart ähnlich, dass es mich wundern würde, wenn nicht zumindest einer der Filmemacher dieses Heft als Referenz benutzt hat.
Wenden wir uns nun den Charakteren zu, beginnend beim Titelhelden. Hierbei werde ich es ein wenig allgemeiner halten, da es, wie bereits erwähnt, unendlich viele Comics mit dem Dunklen Ritter in einer Haupt- oder Nebenrolle gibt. Festzuhalten ist, dass Bruce Wayne in „Batman Begins“ sowohl optisch als auch charakterlich recht nah an der Vorlage ist (soweit man bei tausenden von Interpretationen des Charakters überhaupt davon sprechen kann). Dies wird besonders deutlich, wenn man Bales bzw. Nolans Bruce mit den bisherigen Darstellungen der Figur vergleicht. Micheal Keaton war ein sehr unscheinbarer, zurückgezogener Bruce Wayne, der mit Gesellschaft nicht umgehen kann. In „Batmans Rückkehr“ scheint er sich gar völlig von anderen Menschen abgesondert zu haben. Die Interpretationen aus „Batman Forever“ und „Batman: The Animated Series“ sind sich recht ähnlich; in beiden ist die Bruce-Wayne-Person weitaus stärker als bei Burton, Bruce agiert aktiv als Chef von Wayne Enterprises und packt die Dinge nicht nur als Batman an. Und in „Batman und Robin“…nun, sagen wir einfach, dass ich in diesem Film weder Bruce Wayne noch Batman sehe, sondern immer nur George Clooney. Der Bruce Wayne aus „Batman Begins“ dagegen spielt, wie in den Comics, den extravaganten Playboy, der mit Filmstars und Ballerinas ausgeht, Hotels kauft und immer wieder in der Klatschpresse landet. Für sein Familienunternehmen scheint er sich nicht wirklich zu interessieren, stattdessen nimmt er (v.a. über Lucius Fox) indirekt Einfluss. Dieses Image legt er sich bereits in „Year One“ zu, dort vermutet Gordon, dass Bruce Batman sein könnte und bittet ihn um ein Gespräch. In seinem Haus trifft er Bruce schließlich (scheinbar) betrunken und mit einer Prostituierten an. Auch in „Batman Begins“ unternimmt Bruce viele Schritte, um als nichtsnutziger Playboy zu erscheinen.
Ansonsten weist auch diese Version von Batman viele der typischen Charakteristika auf wie das Verschwinden, während der Gesprächspartner noch redet, die Überlegenheit im Kampf oder die unfairen Schleichttaktiken, die diversen Gadgets etc.
Ein sehr umstrittener Punkt bei Christian Bales Darstellung von Batman ist darüber hinaus die Stimme, aber auch dieses Detail ist auf die Comics zurückzuführen, in denen öfter erwähnt wird, dass Bruce mit einer anderen Stimme spricht, wenn er Batman ist. In Frank Millers heftig umstrittener (wenn nicht gar gehasster) Serie „All-Star Batman and Robin the Boy Wonder“ wird die Stimme als lahme Imitation von Clint Eastwood beschrieben – vielleicht ein direkter Kommentar? Jedenfalls benutzten bereits Michael Keaton und Kevin Conroy verschiedene Stimmen für Bruce und Batman, allerdings übertreibt es Christian Bale ein wenig – wobei sich das in „Batman Begins“ noch in Grenzen hält und erst ab „The Dark Knight“ wirklich störend ist, jedenfalls im O-Ton.
Lucius Fox (Morgan Freeman) kommt in den Comics zwar vor und ist ebenfalls der Vorstandsvorsitzende von Wayne Enterprises, spielt bei Weitem allerdings keine so große und wichtige Rolle wie in den Filmen und ist sich nicht darüber im Klaren, dass Bruce des Nachts Verbrecher jagt nicht. Alfred Pennyworth (Michael Caine) dagegen ist seinem Comicgegenstück sehr ähnlich und fungiert als Bruce‘ Mentor, Unterstützer und Elternersatz. Diese Interpretation des Charakters hat eine etwas stärkere Persönlichkeit als etwa Michael Gough in den Burton/Schumacher-Filmen, besitzt eine sehr sarkastische Ader und ist darüber hinaus vor allem dafür bekannt, gerne mal eine kleine Rede zu halten (was er vor allem in „The Dark Knight“ tut). Comissioner Gordon wurde ja bereits im Zuge von „Year One“ abgehandelt, fehlt von den „Helferfiguren“ des Helden also noch Rachel Dawes (Katie Holmes). Diese hat kein Gegenstück in den Comics, reiht sich aber recht gut in die Kategorie „normale Freundin/normales Love Interest“ ein (im Gegensatz etwa zu Catwoman oder Talia), zu denen u.a. auch Vicki Vale, Julie Madison oder Vesper Fairchild gehören, und letztendlich ereilt Rachel dasselbe Schicksal wie die Letztgenannte: Sie überlebt nicht.
Wenden wir uns nun noch den beiden Schurken zu. Jonathan Crane alias Scarecrow behält zwar seine Grundeigenschaft (das Angstgas, dessen Herkunft und Funktion sehr plotrelevant sind), wurde aber sonst recht stark angepasst, bzw. sein Hintergrund wurde ausgelassen. In den Comics ist Jonathan Crane extrem dürr und ziemlich unattraktiv, wurde als Kind und Jugendlicher gehänselt und begann später, im Zuge seines Psychologiestudiums, sich mit Phobien zu beschäftigen. Nachdem er wegen illegaler Experimente als Professor von seiner Universität gefeuert wird, legt er sich die Scarecrow-Persönlichkeit zu. In „Batman Begins“ wird Scarcrow von Cillan Murphy gespielt, der ja nun wirklich alles andere als unattraktiv und dürr ist. Auf seinen Werdegang wird auch nicht wirklich angespielt, stattdessen arbeitet er im Arkham Asylum, wo er Experimente an den Insassen durchführt und für Carmine Falcone bzw. Ra’s al Ghul kleine Gefälligkeiten erledigt. Statt eines kompletten Vogelscheuchenkostüms trägt Crane im Film lediglich eine Sackleinenmaske mit Henkersstrick (wohl eine Anspielung auf das dritte Design von Scarecrow in „Batman: The Animated Series“) und integriertem Atemschutz. Sein Auftritt im Film erinnert mich persönlich ein wenig an seinen ersten Auftritt in „Batman: The Animated Series“ in der Folge „Nothing to Fear“. Sowohl in der Episode als auch in „Batman Begins“ setzt Scarecrow Batman dem Angstgas aus, was ihn kurzzeitig aus der Bahn wirft. Und in beiden Versionen revanchiert sich Batman später und gibt Scarecrow von seiner eigenen Medizin, woraufhin dieser Batman als Fledermausmonster wahrnimmt.
Auch Ra’s al Ghul (Liam Neeson) wurde gegenüber den Quellen recht stark verändert und Nolans Interpretation angepasst. Damit ist natürlich alles Übernatürliche verschwunden. Ra’s al Ghul in den Comics ist ein arabischer Terroristenführer, der Dank der sogenannten Lazarusgruben bereits seit 600 Jahren lebt und dessen Ziel es ist, 90% der Menschheit auszulöschen, da er der Meinung ist, dass diese die Erde vergiftet und verwüstet. Viele seiner Eigenschaften wurden in „Batman Begins“ „reduziert“. Die Lazarusgruben werden zum Beispiel mit keinem Wort erwähnt, stattdessen arbeitet diese Version von Ra’s al Ghul mit Doppelgängern und Scheinidentitäten, mit deren Hilfe er sich den Ruf aufgebaut hat, unsterbliche zu sein. Gerade in diesem Zusammenhang lässt sich viel spekulieren. Vielleicht ist Ra’s al Ghul nur der Titel des jeweiligen Anführers der Gesellschaft der Schatten und der wirkliche Name der von Liam Neeson dargestellten Figur ist in der Tat Henri Ducard. Ducard taucht, nebenbei bemerkt, ebenfalls in den Comics auf (zum ersten Mal im Rahmen der von Sam Hamm geschriebenen Geschichte „Blind Justice“) und ist ein amoralischer Detektiv und Menschenjäger, von dem Bruce nichtsdestotrotz viel gelernt hat. Mit Ra’s al Ghul hat er allerdings nichts zu tun. Es lohnt sich vielleicht noch zu erwähnen, dass Liam Neeson Henri Ducard ähnlicher sieht als Ra’s al Ghul, der in den Comics ganz eindeutig als Araber dargestellt wird. Interessanterweise ist auch der von Ken Watanabe dargestellte falsche Ra’s al Ghul nicht von arabischer Herkunft, besitzt aber denselben Bart.
Charakterlich ist der Film-Ra’s seinem Gegenstück allerdings sehr ähnlich: Beide sind sehr höflich, charismatisch und respektieren Bruce Wayne. Beide wollen ihn auf ihre Seite ziehen und zu ihrem Nachfolger machen. Der Film Ra’s will zwar „nur“ Gotham vernichten und (noch?) nicht 90% der Weltbevölkerung, aber die Motive sind zweifellos sehr ähnlich. Beide Versionen des Charakters sind Extremisten, deren Ziele zwar ein Stück weit nachvollziehbar sind, die es allerdings etwas übertreiben.
Zum Schluss gibt es noch einige erwähnenswerte Anspielungen und Details, welche die Nolans und David Goyer für Fans und Kenner der Comics eingebaut haben. Bei Jonathan Cranes erstem Auftritt im Film findet gerade eine Gerichtsverhandlung statt, bei der ein Mister Zsasz ins Arkham Asylum eingewiesen wird – bei diesem handelt es sich in den Comics um einen völlig wahnsinnigen Killer, der sich für jedes Opfer, das er getötet hat, selbst eine Narbe verpasst. Wer beim späteren Ausbruch der Insassen des Asylum genau aufpasst kann erkennen, dass Zsasz auch im Film Narben am Körper hat, ebenso wie in der Vorlage.
Die Szene, bei der Batman Detective Flass auf seine unnachahmliche Art verhört, ist direkt aus „Batman: Haunted Knight“ entnommen, einer Sammlung von drei Batman-Halloween-Geschichten von Jeph Loeb und Tim Sale, die später auch den Meilenstein „The Long Halloween“ verfassten. In der Geschichte, in der diese Szene stattfindet, „Fears“, geht es ebenfalls um Scarecrow.
Und das panzerartige Batmobil, der Tumbler, erinnert stark an Batmans Gefährt aus „The Dark Knight Returns“.
Man sieht also, obwohl Chris Nolan und David S. Goyer mit ihrem hyperrealistischen Konzept eine sehr spezielle Herangehensweise an Batman verfolgten, kannten sie das Quellenmaterial sehr genau.

Siehe auch:
Batman Begins
Batman Begins – Soundtrack
Batman: Year One
Batman: The Long Halloween