Revan ist (oder war) eine der mysteriösesten Figuren des Erweiterten Star-Wars-Universums, und gleichzeitig auch eine der beliebtesten. Das hängt vielleicht mit der Tatsache zusammen, dass jeder, der das Spiel „Knights of the Old Republic“ gespielt hat, Revan WAR. Somit hat auch jeder ganz eigene Vorstellungen dieser Figur, da es im Spiel möglich war, Geschlecht und Aussehen zu bestimmen. Obwohl einige Zeit später von den Hütern des EU-Kanons erklärt wurde, dass der „wirkliche“ Revan männlich ist und sich letztendlich für die Helle Seite der Macht entschied, blieb weiterhin vieles im Dunkeln. John Jackson Miller (bzw. der jeweilige Zeichner, der seinen Anweisungen folgt) zum Beispiel, der Autor der Comicserie „Knights of the Old Republic“, setzte Revan sehr spärlich ein, verriet seinen wirklichen Namen nicht (lediglich, dass Revan nicht sein Geburtsname ist) und zeigte mitunter niemals sein Gesicht (dafür aber, wie er zu seiner Maske gekommen ist).
Sein endgültiges Schicksal blieb ebenfalls lange im Dunkeln. In KotOR II hieß es, Revan sei in die Unbekannten Regionen geflogen, um die „Wahren Sith“ zu suchen und unschädlich zu machen. Mit der Ankündigung des MMORPGs „The Old Republic“ wurde klar, wer die Wahren Sith eigentlich sind, und in den Begleitmedien, v.a. den Timeline-Videos, in welchen die Hintergrundgeschichte von TOR erläutert und mit dem bisherigen EU verknüpft wird, wurde auch weiter auf Revan eingegangen und zum Beispiel aufgeklärt, dass der Sith-Imperator aus TOR letztendlich tatsächlich etwas mit Revans und Malaks Fall zur Dunklen Seite der Macht zu tun hat. Als schließlich angekündigt wurde, dass Drew Karpyshyn, Lead-Writer von KotOR und Autor der Darth-Bane-Romane, einen Roman über Revan schreiben würde, waren die Erwartungen äußerst hoch – vielleicht zu hoch.
Der Roman setzt nach KotOR an; Revan hat Bastila Shan geheiratet und sich augenscheinlich zur Ruhe gesetzt, doch Visionen aus seiner Vergangenheit plagen ihn – immer wieder erhält er Eindrücke eines bestimmten Planeten, auf dem es ständig dunkel ist und nur Blitze den Himmel erhellen. Zusammen mit seinem alten Freund Canderous Ordo macht er sich deshalb auf, um die Maske des Mandalore zu finden, da er hofft, dass so seine Erinnerungen wieder freigelegt werden. Auf Rekkiad, wo er die Maske des Mandalore während der Mandalorianischen Kriege versteckte, erhält Revan tatsächlich neue Eindrücke seiner Vergangenheit und macht sich in die Unbekannten Regionen auf, um nach den Wahren Sith zu suchen.
So weit, so gut. Das erste Problem, das „Revan“ anhaftet ist auch eines, das sich bei den Darth-Bane-Romanen (ausgenommen „Schöpfer der Dunkelheit“) feststellen ließ: Für ein Buch dieses Titels steht Revan zu wenig im Fokus. Neben Revan gibt es noch drei weitere POV-Charaktere: Bastila Shan, Meetra Surik (die bis dato namenlose Hauptfigur von KotOR II) und den Sith-Lord Scourge, der eindeutig am meisten Platz einnimmt und auch eigentlich die interessanteste Figur des Romans ist. Scourge beginnt als relativ normaler Sith, ergründet diverse Intrigen innerhalb der Sith-Hierarchie, steigt auf und kommt im Verlauf der Handlung schließlich zu einigen eher untypischen Schlüssen. Er dient gleichzeitig auch dazu, das Sith-Imperium und seine Strukturen, seine Geschichte etc. näher zu beleuchten. Die Kapitel bzw. Abschnitte aus seiner Perspektive sind eindeutig die interessantesten. Im Gegensatz dazu bleibt Revan eher uninteressant; vom Lead-Writer von KotOR hätte man sich mehr erwartet. Gerade die Art und Weise, wie Revan und Malak letztendlich der Dunklen Seite verfallen und zu Sith-Lords geworden sind ist in meinen Augen eher unschön gelöst und raubt dem Charakter einiges an Tiefe und Ambivalenz. Ein weiteres Problem sind auch die Erwartungen: Wenn man sich als KotOR-Spieler jahrelang ausgemalt hat, was Revan wohl in den Unbekannten Regionen erlebt hat, kommen einem die Ereignisse dieses Romans fast schon ein wenig unspektakulär vor.
Etwas ungünstig ist auch die Strukturierung des Romans. Vor allem in der ersten Hälfte wird immer abwechselnd ein Kapitel aus der Perspektive Revans erzählt, dann eines aus Scourges Sicht etc., was letztendlich dafür sorgt, dass der Leser Revan bei seiner Suche nach den Wahren Sith immer weit voraus ist – eine Strukturierung ähnlich der von „Die zwei Türme“ wäre hier vielleicht besser gewesen, so hätte der Leser gemeinsame mit Revan das Sith-Imperium entdecken können. Dies wäre vor allem gut für solche Leser gewesen, die KotOR gespielt, sich aber noch nicht mit TOR beschäftigt haben.
Eine weitere Schwäche ist der Sith-Imperator bzw. dessen Hintergrundgeschichte, die hier ebenfalls beleuchtet wird, wobei es schwer zu sagen ist, ob wirklich Karpyshyn dafür verantwortlich gemacht werden kann. Nachdem Sith-Lords wie Sidious, Bane, Nihilus oder Krayt den Standard für schiere Bösartigkeit schon sehr hoch gesetzt haben, ist es natürlich schwer, das zu übertreffen, allerdings stellt sich die Frage, ob das überhaupt nötig ist. Der gute Lord Vitiate, wie der Imperator heißt, ist derart böse, und zwar schon von Geburt an, dass es eher ermüdend denn spannend wirkt. Man merkt, dass Karpyshyn (oder die anderen TOR-Autoren) unbedingt den größten, mächtigsten und bösesten Sith-Lord aller Zeiten erschaffen wollten. Und so wirkt er letztendlich wie, nun, wie der relativ uninspirierte Endgegner eines Spiels, aber nicht wie eine interessante Figur.
„Revan“ ist beileibe kein schlechter Roman, im Gegenteil. Es gibt viele EU-Werke, die weitaus schlechter sind; Karpyshyns neuestes Buch ist, wie seine anderen auch, gut und angenehm geschrieben und äußerst spannend. Zu Karpyshyns größten Stärken gehört nach wie vor die Beschreibung von Kampfszenen, von denen es hier doch die eine oder andere gibt, allerdings nimmt es glücklicherweise nicht überhand. Es ist allerdings auch sehr weit von seinem bisher besten Werk „Darth Bane: Schöpfer der Dunkelheit“ entfernt. Man könnte annehmen, dass der Hauptzweck dieses Romans es ist, KotOR-Spielern TOR schmackhaft zu machen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass gerade diese Zielgruppe eher Probleme mit „Revan“ haben dürfte, denn wer zum Beispiel auf Gastauftritte von Figuren aus den Spielen hofft, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Neben den oben bereits erwähnten taucht nämlich nur noch T3M4 auf und endet ziemlich unrühmlich. Reine TOR-Spieler dagegen können den Roman als spannende Vorgeschichte zum Spiel genießen , wobei anzumerken ist, dass zum Verständnis des Buches ein gewisses Grundwissen vorausgesetzt wird. Und, wie oben bereits erwähnt, der eigentliche Fokus des Romans liegt auf Darth Scourge, nicht auf Revan. Dieser, ebenso wie Meetra Surik, wird fast schon ein wenig stiefmütterlich behandelt. Ich muss gestehen, von diesem Roman hätte ich mir irgendwie…mehr erwartet.
Fazit: „Revan“ ist nicht wirklich schlecht, scheitert aber letztendlich an den zu hohen Erwartungen, der falschen Fokussierung und dem verschenkten Potential.
Siehe auch:
Darth Bane: Schöpfer der Dunkelheit
Darth Bane: Die Regel der Zwei