Kindred: The Embraced (Clan der Vampire)


Unglaublich, aber wahr, es gibt eine TV-Adaption des von mir geliebten und verehrten Pen&Paper Rollenspiels „Vampire: The Masquerade“ der Firma White Wolf. Diese Serie hat es nur auf acht Episoden gebracht, da der Hauptdarsteller Mark Frankel in einem Unfall ums Leben kam, aber selbst ohne diesen tragischen Tod wäre es fraglich gewesen, ob die Serie lange weiter gelaufen wäre, da die Zuschauerzahlen nicht die besten waren – gelinde ausgedrückt.
Nun stellt sich natürlich die Frage: Ist diese Serie ein Geheimtipp, die, ähnlich wie zum Beispiel Joss Whedons „Firefly“, einfach falsch vermarktet wurde, ein kostbares Kleinod in der Welt des Fernsehens?
Die Antwort ist eindeutig: Nein. „Kindred: The Embraced“ krankt an zu vielen Stellen, um als gute Unterhaltung zu funktionieren, während die Serie für einen Fan der Vorlage schon fast eine Qual ist.
Die Handlung basiert auf der gewöhnlichen Camarilla-Stadt der Vorlage (auch wenn sämtliche Vampir-Sekten wie Camarilla, Sabbat und Anarchen überhaupt nicht erwähnt werden). Die Vampire von San Francisco, die sich selbst als „Kindred“ bezeichnen (in der deutschen Version der Serie mit „Blutsverwandten“ übersetzt, bei den deutschen V:tM-Regelwerken als „Kainskinder“ bezeichnet) unterteilen sich in mehrere Clans (Brujah, Toreador, Gangrel, Nosferatu und Ventrue) und werden von einem Prinzen namens Julian Luna (Mark Frankel) regiert, bzw. überwacht, der für die Einhaltung der Gesetze sorgt. Um nicht von den Sterblichen entdeckt zu werden, müssen sich die Vampire an die Maskerade halten, das bedeutet, sie müssen ihr wahres Wesen vor den Sterblichen verschleiern.
Jeder der Clans hat einen Vertreter, einen sogenannten Erstgeborenen (Original: „Primogen“), der im Rat der Erstgeborenen für seine Fraktion spricht und versucht, auf den Prinzen einzuwirken. Jeder Clan kämpft um Macht und Vorherrschaft, während gleichzeitig die Menschheit nichts von diesem Kampf erfahren darf. Im Verlauf der Serie kommt es natürlich immer wieder zu Konflikten. So kommt etwa der Polizist Frank Kohanak den Vampiren auf die Spur, Lunas Nichte Sasha (Brigid Brannagh) verliebt sich in den Erstgeborenen der Gangrel (Channon Roe), wird dann aber von einem Brujah zum Vampir gemacht, der Erstgeborene besagten Clans, Eddie Fiori (Brian Thompson) greift nach der Macht und dergleichen.
Das alles wäre an sich gut und schön, man benutzt die Clans und auch einige Fachtermini der Vorlage. Aber die Abweichungen sind wirklich enorm. Der gesamte historische und religiöse Hintergrund der Vampire fehlt erst einmal (im Rollenspiel führen sich die Vampire auf Kain, den biblischen ersten Mörder als ihren Vorfahren zurück, darüber hinaus haben sie eine facettenreiche Geschichte, die wunderbar in die Geschichte der sterblichen verzahnt ist). Auch die Clans an sich wurden verändert. In der Vorlage sind die Brujah etwa Rebellen, Philosophen und Idealisten, während sie in der Serie als Gangster charakterisiert werden. Die Gangrel, in V:tM Vampire, die ihre animalische Natur ausleben, sind in „Kindred: The Embraced“ mehr wie die Brujah der Vorlage. Und die Nosferatu, fürchterlich entstellte Vampire, sehen viel zu harmlos und normal aus.
Darüber hinaus fehlen viele Clans, der komplette Sabbat (die monströseren Vampire), die Unabhängigen (bis auf die Assamiten, Auftragsmörder, die in einer Folge kurz auftauchen), die Endzeitstimmung – ganz allgemein wurde maximal an der Oberfläche der Vorlage gekratzt, wenn überhaupt.
Das wäre jedoch alles verzeihlich, wären Atmosphäre und Grundthema des Rollenspiels gut getroffen gewesen und hätten Handlung und Figuren überzeugen können, doch auch dem ist leider nicht so.
Die Atmosphäre von „Vampire: The Masquerade“ wird in den Regelwerken gewöhnlich als eine Stimmung ständiger Bedrohung und als „Gothic-Punk“ beschrieben – in „Kindred: The Embraced“ ist davon nichts zu spüren. Die Serie fühlt sich an wie eine zweitklassige Gangster-Serie, Düsternis kommt selten auf, von Gothic-Punk ganz zu schweigen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Thema. Einer der Hauptkonflikte in „Vampire: The Masquerade“ ist der des Vampirs mit seinem eigenen inneren Tier: Letztendlich sind alle Vampire Monster, die auf das Trinken menschlichen Bluts angewiesen sind und mit ihrer Menschlichkeit hadern oder diese komplett aufgegeben haben. Diese Thematik wird in der Serie niemals auch nur angeschnitten. Der Hunger nach Blut spielt kaum eine Rolle und auch viele andere Nachteile des Vampirseins wurden beseitigt; so können sich Luna und Co. zum Beispiel auch in der Sonne aufhalten, nachdem sie getrunken haben. Alles in allem fühlen sich die Vampire der Serie einfach nicht wie Vampire an, man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie ein wenig bleich zu schminken, und auch Reißzähne sucht man bei allen außer den Nosferatu vergebens (nun, zumindest glitzern sie nicht in der Sonne). Keiner der Schauspieler schafft es, eine ähnlich raubtierhafte Aura zu erzeugen, wie sie zum Beispiel die Vampire in „Bram Stoker’s Dracula“, „Interview mit einem Vampir“ oder „Underworld“ haben. Und auch sonst wissen sie nicht wirklich zu überzeugen, den wenigsten nimmt man ihre Rollen ab. Das schauspielerische Niveau schwankt zwischen halbwegs annehmbar und einfach schlecht.
Sehr enttäuschend sind auch die Geschichten, die die Serie erzählt. Selbst die schwächeren Quellenbände und Chronikensammlungen des Rollenspiels sind weitaus besser, interessanter und tiefgründiger als alles, was die acht Episoden aufzutischen vermögen. Meist fühlen sich die Konflikte der Vampir-Clans mehr wie ein ganz gewöhnlicher Bandenkrieg an als wie die Auseinandersetzungen der Untoten. Erschwerend hinzu kommt meistens noch, dass die Dialoge wirklich unglaublich flach und einfallslos sind.
Fazit: Wer eine Adaption des Rollenspiels „Vampire: The Masquerade“ sucht, ist mit Len Wisemans „Underworld“ Filmen besser bedient, diese basieren zwar nicht direkt auf der Vorlage (allerding hat White Wolf gegen den Film geklagt), aber sie fangen die Atmosphäre des RPGs weitaus besser ein und die Vampire fühlen sich darüber hinaus auch wie Vampire an. „Kindred: The Embraced“ dagegen enttäuscht auf ganz Linie, mehr als ein paar Fachtermini sind nicht von der Vorlage übrig geblieben.

Siehe auch:
Vampire: The Masquerade
Gehenna: Die letzte Nacht
Underworld