Der Roman „Shatterpoint“ (ich verabscheue den bescheuerten und absolut nicht treffenden deutschen Titel „Mace Windu und die Armee der Klone“) ist der zweite Star Wars Roman meines favorisierten EU-Autoren Matthew Stover und der erste (den Roman zu „Angriff der Klonkrieger“ nicht mitgerechnet), der in den Klonkriegen spielt bzw. zum ersten Klonkriege Multimediprojekt gehört. Aber wie schon Stovers SW-Erstling „Verräter“ ist auch „Shatterpoint“ weit mehr als ein gewöhnlicher EU-Roman. Schon „Verräter“ wies einige Parallelen zu einem Werk der klassischen Literatur auf (Dantes „Göttliche Komödie“), welche man allerdings eher erahnen musste. „Shatterpoint“ bewegt sich nun schon näher an einer literarischen bzw. filmischen Vorlage und kann fast als Adaption gesehen werden. Das entsprechende Werk ist Jospeh Conrads „Heart of Darkness“ bzw. Francis Ford Coppolas Verfilmung „Apocalpyse Now“.
Kurz zur Handlung: Einige Monate nach der Schlacht um Geonosis (Episode II) erreicht die Republik eine Nachricht der Jedi-Meisterin Depa Billaba, die das Schlimmste befürchten lässt. Die ehemalige Padawan-Schülerin von Mace Windu ist kurz nach Beginn des Krieges auf den Dschungelplaneten Haruun Kal geschickt worden, um dort gegen die Separatisten zu helfen und die machtbegabten Korunnai (von diesem Volk stammt Mace Windu ab) eventuell für die Republik zu rekrutieren. Doch die Nachricht deutet darauf hin, dass nicht nur Depas Mission fehlgeschlagen, sondern dass sie auch verrückt geworden oder sogar der Dunklen Seite der Macht verfallen ist. Mace Windu beschließt deshalb, selbst zu seiner Heimtwelt zu fliegen und dort die Dinge in Ordnung zu bringen. Doch die Reise durch den unwirtlichen Dschungel Haruun Kals erweist sich als schwierig und Mace Windu wird nicht nur mit schrecklichen Feinden konfrontiert, sondern auch mit seiner eigenen Dunkelheit…
Eigentlich sind die Klonkriege für diesen Roman nur ein Aufhänger, theoretisch hätte er auch in eine andere Epoche des SW-Universums gepasst. Umso unsinniger und irreführender ist, wie oben bereits erwähnt, die Übersetzung des Titels „Shatterpoint“ mit „Mace Windu und die Armee der Klone“. „Shatterpoint“ bezieht sich auf Mace Windus besondere Fähigkeit, Bruchpunkte (Shatterpoints) wahrzunehmen, und das sowohl im direkten, physischen (Mace kann Schwachpunkte an Gegenständen und Gegnern finden) als auch im übertragenen Sinn (so war Count Dooku während der Schlacht um Geonosis ein Bruchpunkt; wäre er dort gestorben, hätten die Klonkriege verhindert werden können). Die „Armee der Klone“ hingegen taucht nur auf den letzten hundert Seiten des Romans auf und spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Aber nun zum Roman selbst: Für einen Star Wars Roman ist „Shatterpoint“ extrem düster und realistisch, besonders, was den Krieg, aber auch die Charaktere angeht. Zwischen dieser Version und den Klonkriegen, die gerade im Fernsehen laufen, liegen in der Tat Welten. Natürlich gibt es auch in „Shatterpoint“ Action, aber im Vordergrund stehen zweifelsohne die Figuren. Besonders Mace Windu ist ein extrem dreidimensionaler Charakter mit Schwächen und Selbstzweifeln und keinesfalls der Überjedi, als der er sonst dargestellt wird. Besonders interessant sind auch die Einschübe aus seinem Tagebuch, durch die der Leser immer wieder direkt durch Windus Augen sieht.
Auch als Adaption von „Heart of Darkness“ bzw. „Apocalypse Now“ funktioniert „Shatterpoint“ sehr gut, zwar übernimmt Stover sehr viele Elemente der ursprünglichen Geschichte (gerade der Anfang erinnert sehr stark an „Apcalypse Now“), baut aber auch sinnvolle und erweiternde Änderungen ein.
Bei Stover darf natürlich auch die philosophische Seite nicht fehlen; wie in all seinen anderen Werken auch gibt es eine interessante Sichtweise auf die Macht, dieses Mal durch die Korunnai, deren Betrachtung der Macht sich stark von der der Jedi unterscheidet. Und natürlich ist „Shatterpoint“ auch sehr gut und spannend geschrieben, lediglich die Übersetzung ist manchmal ein wenig holprig.
Fazit: Wie schon die Klonkriegscomics der Republic-Serie, der Roman zu „Rache der Sith“ oder die Legacy-Comicreihe gibt es hier ein sehr viel düstereres, realitischereres Star Wars, das zumindest mir persönlich sehr gut gefällt und weitaus mehr Tiefe hat als gewisse Animationsserien. „Shatterpoint“ gehört nach wie vor zu den herrausragendsten und besten EU-Werken.
Siehe auch:
Die Klonkriege – Persönliche Einschätzung