Der Comicautor Mike Mignola ist ohne Frage der Meister der merkwürdigen Mischungen; das beste Beispiel hierfür sind seine „Hellboy“ Comics.
Auch bei dreiteiligen Miniserie „Schatten über Gotham“ bringt er zwei Elemente zusammen, die auf den ersten Blick sehr weit auseinander liegen: Batman und Lovecraft.
Natürlich handelt es sich bei dieser Geschichte um einen „Elseworldcomic“, also eine „Was-wäre-wenn?-Story“. Gerade bei dieser Art von Geschichten ist Batman sehr beliebt und es gab über die Jahre und Jahrzehnte hinweg schon enorm viele passende und weniger passende Geschichten, unter anderem Batman als Vampir („Batman: Vampire“ Trilogie), Batman im viktorianischen Zeitalter („Gotham by Gaslight“), Batman im Wilden Westen („The Blue, the Grey and the Bat“) und wirklich schräge Sachen wie Batman im Stil des deutschen Stummfilms („Batman: Nosferatu“).
Auch ist die Idee, Batman mit Lovecraft zu kombinieren, auf den zweiten Blick gar nicht so absurd, immerhin ist doch Gothams Irrenanstalt nach einer Stadt aus Lovecrafts Werk benannt, und zumindest atmosphärisch passt Gotham gut ins Schema.
Die Verbindung zum Erfinder der Großen Alten findet sich schon im Titel. Der deutsche Name „Schatten über Gotham“ ist natürlich eine Anspielung auf Lovecrafts „Schatten über Innsmouth“, während der englische Titel „The Doom that Came to Gotham“ auf die eher unbekannte Geschichte „The Doom that Came to Sarnath“ (dt. Titel: „Das Verderben, das über Sarnath kam“) anspielt.
Der Plot dieses Comics lässt sich am besten als Lovecraft-Story beschreiben, die mit Figuren des Batman- bzw. des DC-Universums besetzt ist: Wie meistens bei Lovecraft spielt die Geschichte in den 1920er Jahren und besteht hauptsächlich aus Nachforschungen, die der Protagonist (in diesem Fall der reiche Bruce Wayne, der im Verlauf ein Fledermauskostüm überstreift) in einem mysteriösen Fall anstellt, welche mit einer Konfrontation mit bösen alten Wesen enden. Der Anfang, inklusive Expedition in eisige Gefilde, erinnert dabei stark an die „Berge des Wahnsinns“.
Weitere Rollen sind mit Kirk Langstrom (der Schurke Man-Bat), den Robins Dick Grayson, Jason Todd und Tim Drake, Oliver Queen (dem Superhelden Green Arrow) sowie dem Dämon Etrigan, Harvey Dent und James Gordon besetzt, die alle auf die eine oder andere Weise in die Verschwörung verwickelt sind, die es hier aufzudecken gilt. Die oben genannten Figuren befinden sich dabei in Situationen, die einerseits neu, andererseits aber merkwürdig vertraut wirken. Das beste Beispiel ist Harvey Dent, der zum fleischigen Tor in eine andere Dimension wird, wobei vor allem seine linke Körperhälfte davon betroffen ist…
Auch ein Äquivalent zum Necronomicon taucht auf, „Das Testament des Ghul“, und folglich übernimmt Ra’s al Ghul natürlich die Rolle des verrückten Arabers Abdul al Hazred.
Zwar verwendet Mignola keine der von Lovecraft erfunden Gottheiten, sondern kreiert seine eigene als Gegner für Batman, aber deren Herkunft ist mehr als eindeutig: Der Name der uralten Kreatur lautet Iog-Sotha und kann ohne Schwierigkeiten auf Yog-Sothoth zurückgeführt werden, während das tintenfischartige Aussehen eindeutig von Cthulhu inspiriert ist.
Lediglich das Ende das Ende ist ein wenig unpassend (für Lovecraft, nicht für Batman), da Iog-Sotha besiegt wird, während bei Lovecraft die Protagonisten für gewöhnlich am Ende sterben oder zumindest dem Wahnsinn verfallen.
Die Zeichnungen von Troy Nixey passen sehr gut zum Sujet des Comics und erinnern stark an Mignolas eigenen Zeichnungen; klare Linien, viele Schatten und eine Prise Abstraktheit.
Fazit: Wer mit Lovecrafts Geschichten nicht vertraut ist, wird mit „Schatten über Gotham“ wohl nicht allzu viel anfangen können, weil es eine Story ist, die fast ausschließlich jene Leser anspricht, die sowohl den Dunklen Ritter als auch den Erfinder des Cthulhu-Mythos zu schätzen wissen. Alle, auf die das zutrifft, können sich mit Freuden auf die Suche nach den offensichtlichen und weniger offensichtlichen Anspielungen machen. Auch für Hellboy-Leser zu empfehlen.
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