Batman: The Long Halloween


In Frank Millers „Batman: Year One“ erleben wir ein Gotham City, das von korrupten Politikern, Gangstern und Mafiabossen regiert wird. In den meisten späteren Batmancomics sind die Gegner des Dunklen Ritters zumeist Freaks, Irre und kostümierte Wahnsinnige. Was ist mit Gotham City wohl passiert? Wie wurde aus einer kaputten, aber noch „normalen“ Stadt eine Metropole der Geisteskranken? Dieser Frage nehmen sich Autor Jeph Loeb und Zeichner Tim Sale mit ihrer Miniserie „The Long Halloween“ an.
„The Long Halloween“ spielt in Batmans erstem Jahr, etwa sechs Monate nach den Ereignissen von „Batman: Year One“ und schließt sich diesem Meilenstein auch thematisch an. In besagter Graphic Novel ist nämlich ein Herr namens Carmine Falcone, genannt „Der Römer“, der mächtigste Gangsterboss der Stadt, und in „The Long Halloween“ wird er zu einer der Hauptfiguren. Ausgangssituation ist folgende: Falcone scheint machen zu können, was er will und somit über dem Gesetz zu stehen; er herrscht wie die antiken römischen Kaiser über Gotham als sein Imperium (daher auch der Spitzname).
Da liegt es natürlich nahe dass Batman, der die Ausrottung des organisierten Verbrechens anstrebt, in Falcone seinen Hauptfeind sieht. Bei seinem Krieg gegen den Römer hat der Dunkle Ritter zwei wichtige Verbündete: Harvey Dent, den Bezirksstaatsanwalt von Gotham City und James Gordon, einen Captain des „Gotham City Police Departements“ (kurz GCPD).
Doch natürlich wird die ganze Angelegenheit für das Dreierteam noch um einiges komplizierter, denn ein neuer Serienkiller geht in Gotham um: „Holiday“ tötet immer an Feiertagen, benutzt dabei immer dieselbe Waffe (eine Kaliber 22. mit einem Saugnapf als Schalldämpfer) und sucht sich seine Opfer aus demselben Umfeld: Mitglieder der Falcone-Familie.
Nun gilt es für Batman, Dent und Gordon einerseits, Falcone das Handwerk zu legen und andererseits „Holiday“ zu schnappen, doch beides erweist sich als äußerst schwierig, insbesondere, da die Liste der Verdächtigen sehr lang ist. Ist vielleicht Salvatore Maroni der Mörder, Falcones härtester Rivale um die „Herrschaft“ über Gotham City? Oder ist es die Diebin Catwoman, die ein eigenartiges Interesse am Römer zu haben scheint? Ist es Carla Viti, Falcones Schwester, die möglicherweise einen Groll gegen ihren Bruder hegt? Oder ist es vielleicht sogar Harvey Dent selbst, dem der legale Weg zu lange dauert und der Falcone auf illegalem Weg schwächen will? Das Rätsel um die Identität „Holidays“ wird immer verzwickter…

Jeph Loeb wird oftmals vorgeworfen, in seinen Geschichten möglichst vielen Figuren einen Auftritt zu ermöglichen. In der Tat haben auch in „The Long Halloween“ sehr viele klassische Schurken einen Gastauftritt; vom Joker über den Riddler bis zu Poison Ivy und dem Mad Hatter. Im Vergleich zu seinen späteren Werken wie „Batman: Hush“ oder „Superman/Batman: Public Enemies“ hält sich dieser Umstand bei „The Long Halloween“ allerdings noch in Grenzen, die Gastauftritte der Schurken sind sinnvoll und durchdacht, passen in die Handlung und sind, unter Betrachtung des Schlusses, beinahe unausweichlich, während sie bei den anderen Werken oftmals erzwungen wirken.
Der Hauptfokus der Geschichte liegt allerdings nicht auf Batmans Schurkengallerie, sondern auf der zu Anfang angesprochenen Frage. Eine weitere Intention der Macher war es, die tragische Geschichte Harvey Dents und seinen Werdegang zum Schurken Two-Face neu zu erzählen.
Reden wir nicht lange drum herum: Jegliche Ambition des Kreativteams geht vollkommen auf; Loeb und Sale präsentieren den Lesern mit „The Long Halloween“ nicht nur ihr persönliches Meisterwerk, sondern auch eine der besten Batmangeschichten überhaupt.
Anstatt einer gewöhnlichen Superhelden/Superschurken Geschichte, wie es sie auch bei Batman viel zu oft gibt, legen Loeb und Sale einen düsteren Noir-Thriller vor, der sich Zeit nimmt, eine gute und spannende Geschichte zu entwickeln, ohne dabei jemals langweilig zu werden. Die Figuren sind dabei sehr dreidimensional und glaubhaft, besonders Harvey Dent und Batman betreffend. Die Wandlung Dents ist nachvollziehbar und die ganze Tragik des Charakters wird beim Lesen deutlich.
Ebenso treffend ist die Charakterisierung Batmans, der hier jedem seiner Aspekte gerecht wird: Er prügelt sich mit Schurken und Gangstern, er löst als Detektiv kriminalistische Rätsel und fungiert als dunkles Symbol der Furcht. Selbst Bruce Wayne wird nicht vernachlässigt.
Aber nicht nur Inhalt, auch Form stimmt bei „The Long Halloween“. Atmosphärisch lässt sich die Geschichte wohl mit folgendem Satz am besten beschreiben: „Was, wenn Tim Burton bei ‚Der Pate’ Regie geführt hätte?“
Dies kommt vor allem daher, dass Batman neben seinen Schurken vor allem gegen die traditionelle Mafia kämpft, die sonst eher selten vorkommt. Diesen Umstand haben Loeb und Sale genutzt, um eine ganze Menge an Hommagen an Francis Ford Coppolas „Der Pate“ Trilogie einzubauen. Allein schon die Anfangsszene, in der Falcones Neffe Johnny Viti Hochzeit feiert, versetzt den Leser in die richtige Stimmung. Darüber hinaus hat Falcone selbst eine gewisse Ähnlichkeit zu Al Pacino und die Art, wie er an seiner Knopflochblume schnuppert, sollte jedem Filmfan bekannt vorkommen.
Tim Sales Zeichenstil, der sich vom „typisch amerikanischen Superheldenstil“ durchaus unterscheidet und ein wenig europäisch anmutet, passt dazu perfekt und hilft, die Atmosphäre zu erschaffen. Die Mischung aus Gothic-Ambiente á la Burton und der toll eingefangenen Mafiathematik ist wunderschön anzusehen.
Ebenfalls erwähnt werden sollte die herrliche düstere Kolorierung, die die Atmosphäre wirkungsvoll unterstreicht.
Das einzige Manko von „The Long Halloween“ ist, dass der Schluss irgendwie unbefriedigend wirkt, da das Rätsel nicht wirklich oder zumindest nicht vollständig gelöst ist. Das ist aber insofern nicht wirklich tragisch, da Loeb und Sale mit „Batman: Dark Victory“ eine mehr als überzeugende Fortsetzung nachgereicht haben.
Fazit: „The Long Halloween“ überzeugt dank toller Story, interessanter, glaubhafter Charaktere und toller Zeichnungen in fast jeder Hinsicht, sowohl als Krimi, als auch als Batmangeschichte. Nicht umsonst war dieser Comic eine der Hauptinspirationsquellen für „Batman Begins“ und „The Dark Knight“. „The Long Halloween“ zeigt, was man aus Batman alles machen kann.


Dent, Gordon und Batman schließen ein Bündnis


Tim Sales Interpreatation von Harvey Dent/Two Face


Carmine Falcone in bekannter Pose

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Batman – Vampire

Batman – Joker: Des Teufels Advokat


Das Kreativteam Chuck Dixon (Autor) und Graham Nolan (Zeichner) ist sicher vor allem jenen bekannt, die in den 90er Jahren Batmancomics gelesen haben, insbesondere jene, die seinerzeit vom Dino-Verlag auf deutsch veröffentlicht wurden.
Chuck Dixon, der lange Stammautor der traditionsreichen US-Serie Detective Comics war, ist vor allem für durch kurzweilige Actiongeschichten bekannt. Diese waren und sind meistens nicht besonders tiefgründig, gerade im Vergleich zu den zur selben Zeit entstandenen Comics des Teams Doug Moench/Kelly Jones, die man in der US-Batman Reihe lesen durfte, aber sie waren unterhaltsam, und da sie mit zu den ersten Storys des Dunklen Ritters gehören, die ich je lesen durfte, habe ich sie in guter Erinnerung.
In eine ähnliche Richtung schlägt auch „Batman – Joker: Des Teufels Advokat“, eine bisher hierzulande unveröffentlichte Graphic Novel, für die ebenfalls Dixon und Nolan verantwortlich sind und deren deutsche Erstauflage diese Woche erschienen ist.
Grundgedanke ist folgender: Nachdem der Joker unzählige Male für geisteskrank befunden und ins Arkham Asylum verfrachtete wurde, wird er dieses Mal als gewöhnlicher Verbrecher verurteilt – und zwar zum Tod. Dumm nur, dass der Joker ausnahmsweise unschuldig ist. Denn jemand anderes war es, der die vergifteten Briefmarken in Umlauf gebracht hat, deren Ablecken tödliche Folgen hat.
Batman ist nun hin und her gerissen: Wenn der Joker wirklich hingerichtet wird, werden dadurch mit Sicherheit viele Menschenleben geschont. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Joker – zumindest in diesem Fall – unschuldig ist. Und ist Batmans oberstes Ziel nicht wahre Gerechtigkeit? Kann er es zulassen, dass sein Erzfeind wegen eines Verbrechens hingerichtet wird, das er gar nicht begangen hat?
Gerade dieser moralische Disput wird leider eher ungenügend herausgearbeitet und bekommt zu wenig Zeit eingeräumt, ebenso wie der eigentliche Krimiplot um den wahren Täter. Im Vergleich zum Joker ist dieser schlicht und einfach uninteressant.
Das ist allerdings zu verschmerzen. Denn statt moralischer Tiefgründigkeit hat „Des Teufels Advokat“ vor allem eines zu bieten: Einen tollen Joker, und das finde ich als Joker-Fan fast ebenso gut.
Am Anfang kommt der Joker, wenigstens für seine Verhältnisse, noch recht gewöhnlich rüber, aber im Verlauf der Geschichte legt er enorm zu, da wir ihn in einigen eher ungewöhnlichen Situationen erleben: Joker im Gericht, Joker im normalen Gefängnis, Joker auf dem elektrischen Stuhl. Szenen wie die letzte Beichte des Jokers (der Priester durchlebt dabei den absoluten Horror) oder das Nickerchen auf dem elektrischen Stuhl sind wirklich unheimlich komisch und herrlich schwarzhumorig.
Graham Nolans Zeichnungen passen sehr gut zu Dixons Erzählstil: Sie sind geradlinig, etwas kantig und hübsch anzusehehn. Nolans Joker ähnelt ein wenig dem von Jim Aparo („A Death in the Family“), es gibt allerdings das eine oder andere Panel, in dem er es mit dem dämonischen Joker Brian Bollands („The Killing Joke“) aufnehmen kann.
Fazit: Für Joker-Fans zu empfehlen. Plot und Möglichkeiten werden nicht ausgeschöpft, aber Dixon schreibt einen wunderbaren, bösartigen uns äußerst komischen Joker.


Dämonisch: Nolans Joker in Bestform

Mehr vom Joker:
Der Joker

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Dracula aus anderer Perspektive Teil 4: „Bram Stoker’s Dracula“


Story: Wir schreiben das 15. Jahrhundert: Nach seinem Sieg über die Türken kehrt der Voivode Vlad Dracula (Gary Oldman) nach Hause zurück, nur um feststellen zu müssen, dass seine Frau (Winona Ryder) wegen einer falschen Nachricht seinen Tod betreffend Selbstmord begangen hat. Daraufhin schwört Dracula dem Glauben ab und wendet sich den Mächten der Finsternis zu – er wird zum Vampir.
400 Jahre später reist der junge Anwalt Jonathan Harker (Keanu Reaves) nach Transsylvanien, um dem mysteriösen Grafen Dracula mehrere Anwesen in London zu verkaufen. Schnell muss er allerdings feststellen, dass auf dem düsteren Schloss Draculas merkwürdige Dinge vorgehen. Spätestens nachdem Harker von drei verführerischen und unheimlichen Frauen „angegriffen“ wurde, wird ihm klar, dass Dracula kein Mensch, sondern eine Bestie ist.
Auch Harkers Verlobte Mina Murray (Winona Ryder) und deren Freundin Lucy Westenra (Sadie Frost) geraten bald mit dem nach England gereisten Grafen aneinander, da Dracula in Mina seine lange verstorbene Ehefrau zu erkennen glaubt. Kann der Vampir mit Hilfe des holländischen Wissenschaftlers Abraham van Helsing (Anthony Hopkins) noch aufgehalten werden?

Kritik: Die Zahl der Dracula-Verfilmungen geht in die Hunderte. Stokers Graf ist zusammen mit Sherlock Holmes die am öftesten verfilmte Romanfigur. Aber interessanterweise hält sich kaum eine dieser Leinwandadaptionen sehr nah an die Vorlage. In der Tat ist „Bram Stoker’s Dracula“, Francis Ford Coppolas Versuch, dem König der Vampire gerecht zu werden, der Film, der dem Roman noch am nächsten ist, und das trotz einiger massiver Änderungen. So stellen Coppola und sein Drehbuchautor James V. Hart eine direkte Verbindung zum historischen Vlad Tepes her und konstruieren zwischen Dracula und Mina eine richtige Liebesgeschichte, die weit über alle Andeutungen des Romans hinausgeht. Im Zuge dieser Liebesgeschichte wird auch das Ende geändert, in dem Mina den Grafen erlösen darf. Aber trotz all dieser Änderungen ist „Bram Stoker’s Dracula“ der einzige Film, der den Stationen des Romans, natürlich mit einigen Kürzungen, relativ genau folgt. Und er ist auch der einzige Film, in dem die Hauptfiguren nicht durcheinander gewürfelt werden. Was hatten wir da nicht schon alles: Lucy als Jonathan Harkers Verlobte, Doktor Seward als Lucys Vater, Mina als Arthur Holmwoods Frau; die Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen.
So weit so gut, aber relative Werktreue macht noch keinen guten Film. Ist „Bram Stoker’s Dracula“ gelungen? In meinen Augen voll und ganz. Ich gehe sogar noch weiter: „Bram Stoker’s Dracula“ ist mein Lieblingsfilm von Francis Ford Coppola. Ich gebe dabei durchaus zu, dass „Der Pate“ und „Apocalypse Now“ objektiv betrachtet (so weit das überhaupt möglich ist) die besseren Filme sind. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich „Dracula“ lieber mag.
Das fängt schon bei der Atmosphäre an, die wirklich unheimlich dicht ist. Ich liebe viktorianisches Setting und Gothic Horror, und Coppola schafft es perfekt, diese Stimmung(en) zu inszenieren. Ausstattung, Kulissen und vor allem Kostüme schaffen düstere, üppige und manchmal fast surreal anmutende Bilder.
Einen großen Anteil an der atmosphärischen Dichte hat natürlich auch die Musik des polnischen Komponisten Wojciech Kilar. Diese besteht eigentlich nur aus etwa vier verschiedenen Themen, die allerdings so geschickt variiert werden und die Stimmung des Films so gut treffen, dass dieser Umstand schlicht nicht auffällt.
Beeindruckend ist auch die Schauspielerleistung der beiden „großen Gegenspieler“ Dracula und Van Helsing. Die Leinwandpräsenz von Anthony Hopkins und Gary Oldman ist derart mächtig, dass fast alle anderen dagegen blass wirken. Hopkins spielt „seinen“ Van Helsing weit ab von der stoischen und kalten Ruhe eines Peter Cushing; dieser Vampirjäger ist ein Exzentriker, ein Verrückter, ein Getriebener. Übertroffen wird er dabei nur von Gary Oldman, der einen Vampir spielt, wie man ihn sich besser nicht wünschen könnte. Oldman ist ein extrem vielschichtiger Schauspieler, der in den verschiedensten Rollen voll überzeugen kann, und sein Dracula ist fast ebenso vielschichtig: Egal ob nach Liebe hungernder Verdammter, tückischer Planer oder bestialischer Jäger, Oldman stellt alles glaubhaft dar, im Gegensatz zu Robert Pattinson, der, trotz aller Glitzereffekte, einfach nicht wie ein Raubtier wirkt.
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Verweise auf Murnaus „Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens“ die immer wieder gemacht werden (zum Beispiel in der Szene, in der sich Dracula senkrecht im Sarg aufrichtet), sowie die allgemeine Anspielung auf das Kino und seine Geschichte.
Fazit: „Bram Stoker’s Dracula“ ist trotz vieler Änderungen der vorlagengetreuste Dracula-Film und dazu auch noch einer der besten Vampirfilme. Eine perfekte Atmosphäre, interessante Figuren und ein glaubhafter Vampir, was will man mehr?

Trailer

Siehe auch:
Dracula aus anderer Perspektive Teil 1: „Anno Dracula“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 2: „Der Vampir“ und „Vlad“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 3: „Auf Draculas Spuren“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 5: „Der Rote Baron“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 6: „Dracula Cha-Cha-Cha“

Die Harry-Potter-Filme

Es gab eine Zeit, da war ich ein fast schon fanatischer Harry-Potter-Fan. Diese Zeit dauerte etwa vom Erscheinen des dritten Bandes bis zum Erscheinen des siebten Bandes.
Aber im Gegensatz zu meinen anderen Lieblingsfandoms (Star Wars, Herr der Ringe, Batman etc.) ließ das Interesse an Harry Potter bei mir spätestens nach der deutschen Veröffentlichung von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ stark nach, was wohl mehrere Gründe hat. Zum einen waren die ganzen Rätsel nun gelöst und das Spekulieren, das einen großen Teil des Reizes dieses Fandoms ausgemacht hat, hörte auf.
Doch als eigentlichen Grund sehe ich Band 7 an sich. Nach dem ersten Mal lesen stand ich den „Heiligtümern des Todes“ noch durchaus positiv gegenüber; zwar nicht der beste Schluss, den ich mir vorstellen kann, bzw. konnte, aber dennoch hatte mich das Buch sehr gut unterhalten und ich war durchaus zufrieden.
Allerdings – je länger ich darüber nachdachte und je mehr ich mich in Fanforen herumtrieb (bzw. in einem bestimmten), desto suspekter wurde mir das Buch (und damit auch zum Teil die ganze Reihe). Da offenbarten sich nach und nach Plot- und Logiklöcher von gewaltigem Ausmaß (Stichwort Fideliuszauber), ein naives, wenn nicht gar äußerst fragwürdiges Weltbild der Autorin (Jesus-Harry), flache Charaktere, die zum Abziehbild ihres früheren Selbst wurden (Snape) und – für mich am schlimmsten – ein Schurke, der das gewaltige Potential, das er in früheren Bänden besaß, gnadenlos verschenkte und zu einem gehirnamputierten Choleriker wurde (Voldemort).
Langer Vorrede, kurzer Sinn: Mein Verhältnis zur Harry-Potter-Saga ist nicht mehr das Beste. Dennoch lohnt es sich, die bisher erschienen sechs Verfilmungen noch mal einer Betrachtung zu unterziehen und sie zu rezensieren.
Eines noch Vorneweg: Das Hauptaugenmerk lege ich natürlich auf die Umsetzung von Buch zu Film.

Harry Potter und der Stein der Weisen

Story: „Du bist ein Zauberer, Harry.“ Diese vom Halbriesen Hagrid (Robbie Coltrane) ausgesprochenen Worte ändern das gesamte Leben des elfjährigen Harry Potter (Daniel Radcliffe), der bei ungeliebten Verwandten aufgewachsen ist. Von nun an darf er die Zaubererschule Hogwarts besuchen. Das bringt aber nicht nur Vorteile mit sich. Denn neben guten Lehrern wie dem weisen Schulleiter Albus Dumbledore (Richard Harris) oder der strengen, aber gerechten Professor McGonagall (Maggie Smith) gibt es auch ungerechte und fiese Dozenten wie Zaubertranklehrer Severus Snape (Alan Rickman), der einen Groll gegen Harry hegt. Zum Glück findet Harry in Ron Weasley (Rupert Grint) und Hermine Granger (Emma Watson) schon bald zwei gute Freunde.
Aber auch Gefahr lauert, denn der entleibte Lord Voldemort (Richard Brenner und Ian Hart), der Mörder seiner Eltern und schlimmster Schwarzmagier aller Zeiten, hat vor, zurückzukehren…

Kritik: Die Verfilmung des ersten Bandes wagt praktisch keine Experimente und hält sich sehr eng, fast schon sklavisch an die Vorlage. Regisseur Chris Columbus, vor allem durch Komödien wie „Kevin allein Zuhaus“ und „Mrs. Doubtfire“ bekannt, filmt das Buch Bild für Bild ab, fast ohne eigene Akzente zu setzen. Dabei kleidet er alles in eine extrem märchenhafte Atmosphäre, die manchmal schon fast störend ist.
Auch die drei Hauptdarsteller sind nicht wirklich das Gelbe vom Ei; sie sind vor allem niedlich, aber abgesehen davon leisten sie nicht wirklich viel.
Aber das wahre Kapital der Harry-Potter-Filme sind die Nebendarsteller. Dieser Sachverhalt zieht sich durch die gesamte Filmreihe und beginnt bereits im „Stein der Weisen“: Richard Harris und Maggie Smith sind ganz ohne Frage Idealbesetzungen für ihre Rollen und überzeugen vollkommen. Robbie Coltranes Hagrid ist zwar ein wenig kleiner, als ich ihm mir vorgestellt hatte, weiß aber ebenfalls zu überzeugen.
Alan Rickmans Snape ist etwas zwiespältiger, weil er eindeutig zu alt für die Rolle ist, aber beim ersten Film fällt das noch nicht wirklich ins Gewicht, davon abgesehen spielt er den Snape durchaus überzeugend.
Die Filmmusik dagegen hält leider nicht ganz, was der Name „John Williams“ verspricht. Der Altmeister, der unter anderem schon „Star Wars“, „Indiane Jones“, „Schindlers Liste“ und unzählige weitere Kultfilme und Blockbuster vertont hat, liefert zwar einen ganz soliden Score ab, aber auch nicht mehr. Er ist „Williams-Durchschnitt“, immer noch besser als vieles andere, aber gemessen an den großen Erfolgen des Meisters eher enttäuschend. Das einzig wirklich einprägsame Thema ist „Hedwig’s Theme“, das sich nicht umsonst zum Markenzeichen der Reihe entwickelt hat.
Fazit: „Harry Potter und der Stein der Weisen“ orientiert sich sklavisch an der Vorlage und bietet eine Atmosphäre, die fast schon kitschig ist. Vor allem die Nebendarsteller sorgen dafür, dass man sich den Film trotzdem ganz gerne anschaut.

Harry Potter und die Kammer des Schreckens

Story: Harry Potters zweites Schuljahr beginnt eher unangenehm: Zuerst wollen ihn seine verhassten Verwandten nicht aus dem Haus lassen, weil der Hauself Dobby (Toby Jones) unter mysteriösen Andeutungen Chaos anrichtet, und dann ist auch noch das Tor zum Gleis 9¾ verschlossen, und damit auch das Tor zur magischen Welt. Zum Glück kann man sich mit dem fliegenden Auto des besten Freundes Ron behelfen, auch wenn das später noch zu Ärger führt.
Immerhin sollte man meinen, dass alles erst einmal gut ist, sobald man in Hogwarts angekommen ist, aber leider ist auch dem nicht so. Denn eine seltsame Kreatur geht um und versteinert Schüler. Was hat es mit diesem Monster auf sich? Ist wirklich der Erbe Slytherins zurückgekehrt? Ist gar Draco Malfoy (Tom Felton), Harrys Erzfeind dieser Erbe? Und wie ist Dracos Vater Lucius (Jason Isaacs) in die ganze Geschichte verwickelt? Fragen über die Fragen, denen Harry, Ron und Hermine nachgehen müssen – oder zumindest wollen…

Kritik: Auch für die Leinwandadaption des zweiten Bandes zeichnet sich Chris Columbus verantwortlich. „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ ist dabei seinem Vorgänger sehr ähnlich, nur in allen Punkten ein wenig besser.
Während sich Niedlichkeit und mangelndes schauspielerisches Talent bei den Jungdarstellern noch in etwa ausgleichen, hat die Riege der bekannten britischen Nebendarsteller weiteren Zuwachs von zwei wirklich wunderbaren Schauspielern bekommen: Kenneth Branagh, bekannt als Regisseur und Darsteller von Shakespearverfilmungen, mimt den selbstverliebten Lehrer Gilderoy Lockhart. Während Branagh zwar nicht das im Roman beschrieben blendende Aussehen mitbringt, schafft er es doch spielend, die schleimigen und arroganten Attitüden des neuen Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste anzunehmen.
Der zweite Zuwachs ist schließlich Jason Isaacs als Lucius Malfoy, der es sogar schafft, Kenneth Branagh in Sachen Arroganz noch zu übertreffen; seine Arroganz ist eine kalte und bösartige. Nicht nur Isaacs Spiel, auch das Design der Figur, bis hin zum Spazierstock mit integriertem Zauberstab, hat mich voll überzeugt. In diesem Fall leistet der Film mehr als das Buch: Lucius Malfoy wurde erst durch den Film zu einer interessanten Figur und einem Schurken, der den bisher kaum aktiven Voldemort vertreten kann.
Apropos Voldemort: Auch die Leistung von Christian Coulsen, der am Ende als junger Voldemort auftritt, sollte noch positiv erwähnt werden.
Allgemein ist der zweite Film ein wenig düsterer (vor allem dank der Riesenspinnen und der Kammer des Schreckens), ein wenig spannender und actionreicher, kurz gesagt: Ein wenig besser. Noch immer fehlt der rechte Mut, eigene Zeichen zu setzen, aber innerhalb der Grenzen, die man sich selbst gezogen hat, funktioniert „Die Kammer des Schreckens“ besser als „Der Stein der Weisen“.
Fazit: Wieder einmal ein zweiter Teil, der besser gelungen ist als der erste. „Die Kammer des Schreckens“ hat ein bisschen mehr von allem, inklusive guter Unterhaltung.

Harry Potter und der Gefangene von Askaban

Story: Auch Harrys drittes Jahr an der Schule für Hexerei und Zauberei scheint unter keinem guten Stern zu stehen, denn der notorische Massenmörder und Voldemortanhänger Sirius Black (Gary Oldman) ist aus dem Zauberergefängnis Askaban ausgebrochen und scheint Harry jagen zu wollen.
Deswegen wird Hogwarts auch von Askabans Wächtern, den Dementoren, Glück aussaugenden Kapuzenträgern, bewacht, auf die Harry sehr anfällig reagiert. Zum Glück gibt es Professor Lupin (David Thewlis), den neuen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, der endlich einmal ein fähiger Professor dieses Fachs ist und Harry helfen kann.
Andere neue Lehrer sind da leider weniger kompetent, Professor Trelawney (Emma Thompson) etwa, die Lehrerin für Wahrsagen, prophezeit eigentlich immer nur eines, nämlich Harrys baldigen Tod, was diesem langsam lästig wird.
Doch nach wie vor schwebt Sirius Black Schatten bedrohlich über allem…

Kritik: Dass Chris Columbus bei diesem Film nicht mehr Regie geführt hat, merkt man aller spätestens, nachdem Harry den „Fahrenden Ritter“ und damit die Zaubererwelt betreten hat. Wie hat sie sich doch verändert, die magische Welt – es wirkt, als wäre Tim Burton plötzlich Zaubereiminister geworden. Von dem märchenhaften Kitsch der ersten beiden Filme ist nichts, aber auch gar nichts mehr übrig. Stattdessen gibt es eine schräge und düstere Atmosphäre inklusive sprechender Schrumpfköpfe.
Verantwortlich ist natürlich der neue Regisseur, Alfonso Cuarón. Und ich muss ehrlich sagen: Ich liebe seinen Stil, auch wenn der Atmosphärenwechsel zwischen Film 2 und 3 doch sehr krass ist.
So habe ich die Zaubererwelt gerne, gotisch, bedrückend, aber dennoch magisch, schräg und anders. Cuarón ist nicht einfach nur ein Handwerker, der das Drehbuch abfilmt, so wie Columbus es gemacht hat. Der mexikanische Regisseur ist fast schon als visionär zu bezeichnen. Nicht nur ähnelt die von ihm geschaffene Stimmung den Filmen von Tim Burton, Cuarón benutzt zudem eine äußerst ausgefallene Symbolik, die sich auf das Hauptthema des Films konzentriert: Die verstreichende Zeit. Zum ersten (und auch zum einzigen) Mal merkt man wirklich, dass innerhalb des Films ein Jahr verstreicht. Beim Schauen von „Der Gefangene von Askaban“ sollte man immer die Schuluhr von Hogwarts gut im Auge behalten.
Auch die Musik trägt zum atmosphärischen Gelingen des Films bei: John Williams schafft mit dem Soundtrack zum dritten Harry-Potter-Film den mit Abstand besten der Reihe, der sich auch vor den großen Werken des Meisters nicht zu verstecken braucht. Der Bombast weicht feinfühligen und mittelalterlich angehauchten Melodien, die wunderbar zur magischen Welt dieses Films passen.
Aber leider ist auch „Der Gefangene von Askaban“ nicht ohne Schwächen. Der wunde Punkt ist dieses Mal das Drehbuch. Während es bei Film 1 und 2 wegen des begrenzten Umfangs der Vorlagen noch gut möglich war, fast alles in den Film zu integrieren, ist dies beim dritten nicht mehr möglich, der Roman ist einfach zu dick und komplex. An sich ist das nicht schlimm, aber Drehbuchautor Steve Kloves setzt leider die falschen Schwerpunkte. Während der Anfangsteil bei den Dursleys zu lang gerät, kommen wichtige Informationen die Rumtreiber betreffend viel zu kurz, um nur ein Beispiel zu nennen.
Schauspielerisch bewegt sich „Der Gefangene von Askaban“ allerdings im üblichen Bereich. Das Trio ist erwachsen(er) geworden und hat seine jugendliche Frischheit eingebüßt, dafür spielen die drei allerdings auch besser. Die Nebendarsteller, alt wie neu machen ihre Sache gut, insbesondere Emma Thompson als Professor Trelawney ist amüsant. Gary Oldman hat leider zu wenig Zeit auf der Leinwand und irgendetwas gefällt mir nicht so ganz an seinem Spiel, obwohl ich nie so genau sagen kann, was das ist.
Dafür wurde mit Timothy Spall wieder einmal einen Idealbesetzung gefunden, ich könnte mir niemand anderes als Wurmschwanz vorstellen.
Einzig Michael Gambon, der den leide verstorbenen Richard Harris als Dumbledore ersetzt, enttäuscht. Harris war die Idealbesetzung für Dumbledore und legte immer die nötige Mischung aus Güte und ironischem Humor in die Rolle. Gambon erinnert mehr an Gandalf, was in diesem Fall aber kein Kompliment sein soll.
Fazit: Trotz eines Drehbuchs, das falsche Schwerpunkte setzt, ist „Der Gefangene von Askaban“ mit Sicherheit der visionärste Film der Reihe. Cuarón erweitert die magische Welt um viele tolle Ideen, die sich völlig natürlich einfügen.

Harry Potter und der Feuerkelch

Story: Harry kommt einfach nicht zur Ruhe: Erst gibt es einen Angriff der Anhänger Voldemorts (Ralph Fiennes), der so genannten Todesser, beim Sportereignis des Jahres, und dann nimmt Harry auch noch unwillentlich am…äh…nächsten Sportereignis des Jahres teil. Bei diesem Ereignis handelt es sich um das Trimagische Turnier, einen Wettkampf zwischen Hogwarts und zwei anderen Zaubererschulen aus Europa. Drei Champions, einer für jede Schule, müssen drei gefährliche magische Aufgaben lösen. Harry als vierter Champion war da eigentlich nicht eingeplant. Während sich jeder fragt, was das ganze soll, scheint Lord Voldemort immer stärker zu werden…

Kritik: Und schon wieder ein Wechsel bei der Regie. Dieses Mal bekam Mike Newell („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“) den Staffel(zauber)stab in die Hand gedrückt. Das Ergebnis ist leider bestenfalls zwiespältig. Abermals ist das Drehbuch eine große Schwäche des Films, es wurde nämlich wieder an den falschen Ecken und Enden gespart. Während große Actionszenen wie der Kampf gegen den Ungarischen Hornschwanz unnötig ausgedehnt werden, fehlt an anderen Stellen die Zeit, weshalb es zu Logiklöchern kommt, die man hätte vermeiden können. Wer das Buch nicht gelesen hat, fragt sich zum Beispiel, wie Barty Crouch jr. eigentlich aus Askaban entkommen konnte.
Musikalisch gibt es leider wieder einen Rückschritt. Komponist ist dieses Mal Patrick Doyle, da John Williams mit den Soundtracks zu „Die Rache der Sith“ und „Krieg der Welten“ zu beschäftigt war. Obwohl Doyle eine durchaus brauchbare Leitmotivstruktur entwickelt und auch die eine oder andere brauchbare Melodie einfügt (oder, im Fall von „Hedwig’s Theme“, variiert), besteht der Großteil des Scores aus ziemlichem Getöse, das zwar gut zu den Schauwerten passt, aber nicht sehr eigenständig ist.
Darüber hinaus bietet „Der Feuerkelch“ vor allem bombastische Schauwerte. Die Atmosphäre ist nach wie vor düster, allerdings weniger poetisch als beim Vorgänger, und die Symbolik ist ebenfalls verschwunden. Mike Newell sind wirklich ein paar tolle Szenen gelungen, aber er schafft es nicht, diese Szenen passend zu verbinden, so dass der Film immer unausgegoren wirkt. Dafür hat er schauspielerisch noch einmal zugelegt. Auch wenn Clémence Poésy, Robert Pattinson und Predrag Bjelac als Trimagische Champions eher blass bleiben, überzeugen die neu hinzugekommenen aus der britischen Schauspielerelite vollkommen. Egal ob Miranda Richardson als bösartige Reporterin Rita Kimmkorn oder Brendan Gleeson als Mad-Eye Moody; sie alle haben sichtlich Spaß an der Sache. Dieses Mal gibt es allerdings einen, der alle anderen, selbst den erfreulicherweise zurückgekehrten Jason Isaacs gnadenlos in den Schatten stellt: Ralph Fiennes als Lord Voldemort. Er kommt zwar nur in einer Szene wirklich vor, aber innerhalb dieses perfekt inszenierten Rahmens spielt er gnadenlos jeden Schauspieler an die Wand, egal ob gerade anwesend oder nicht. Fiennes Voldemort ist für jeden Schurkenfan eine Freude: Intelligent, mächtig, charismatisch, einzigartig.
Fazit: Es ist sehr schwierig, beim „Feuerkelch“ ein Fazit zu ziehen. Der Film beinhaltet Szenen, die zu den besten der ganzen Reihe gehören (Friedhofsszene), schafft es aber nicht, diese richtig zu verbinden und die „Lücken“ dazwischen angemessen zu füllen.

Harry Potter und der Orden des Phönix

Story: Das fünfte Schuljahr in Hogwarts bricht an und es wird düsterer denn je: Lord Voldemort ist zurückgekehrt und bedroht die magische Gemeinschaft. Diese allerdings ignoriert das geflissentlich, da der Zaubereiminister Cornelius Fudge (Robert Hardy) die Wahrheit einfach nicht akzeptieren will – und das obwohl Dumbledore (Michael Gambon) sie ihm ständig unter die Nase reibt.
Fudge fühlt sich dadurch von Dumbledore so bedroht, dass er nicht nur einen Propagandafeldzug gegen ihn und Harry Potter startet, sondern auch eine Großinquisitorin nach Hogwarts schickt, die jeden Widerstand gegen das Ministerium im Keim ersticken soll. Dolores Umbridge (Imelda Staunton) versucht ihrem Auftrag gerecht zu werden und alles und jeden unter ihre Kontrolle zu bringen. Harry und seine Freunde haben damit allerdings gewisse Probleme und gründen „Dumbledores Armee“, eine Art Widerstandsgruppe.
Doch währenddessen sammelt Voldemort weiter Macht und Anhänger…

Kritik: Regisseurwechsel die Dritte (und Letzte). Die Arbeit, die der relative Newcomer David Yates abgeliefert hat, scheint auf jeden Fall den Verantwortlichen bei Warner Bros. so gut gefallen zu haben, dass sie ihn sofort für die restlichen Filme verpflichtet haben.
Und in der Tat schlägt sich Yates nicht schlecht. Er wendet sich stilistisch eher von Newell ab und mehr zu Cuarón hin, ohne allerdings einen von beiden plump zu kopieren. Man merkt sofort, dass Yates ein Liebhaber der Vorlage ist, denn überall gibt es Hinweise auf gestrichene Handlungsstränge aus dem Roman (zum Beispiel das kurz auftauchende Bild von Sirius’ Mutter).
Sehr schön ist auch das Design, dass, mehr noch als bei den anderen Filmen, sehr viktorianisch angehaucht ist. Eine deutliche Verbesserung gegenüber dem „Feuerkelch“ sind die Todesser, die dieses Mal keine trashigen Ku-Klux-Klan-Roben in schwarz tragen, sondern edle und dennoch furchterregende Masken, die eine viel bessere Wirkung entfalten.
Auch das Drehbuch ist dieses Mal besser gelungen als bei den beiden vorherigen Filmen, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass dieses Mal Michael Goldenberg und nicht Steve Kloves am Skript saß. Goldenberg schafft es besser, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden; „Der Orden des Phönix“ wirkt kompakter als zum Beispiel „Der Feuerkelch“, auch wenn er viel zu kurz ist. In der Tat ist es mir nach wie vor ein Rätsel, warum man aus dem längsten Buch den kürzesten Film gemacht hat; meiner Meinung nach hätten dem „Orden des Phönix“ 20 Minuten mehr, in denen man noch ein wenig Hintergrund einbauen kann, sehr gut getan.
Wie jedes Mal sind die Neubesetzungen wieder hervorragend. Mit Evanna Lynch wurde erstmals eine Jugendliche gecastet, die sofort voll überzeugen kann. Ebenfalls toll besetzt ist Dolores Umbridge. Zwar sieht Imelda Staunton um einiges netter aus, als ich mir die Buch-Umbridge vorgestellt habe, aber sie spielt so herrlich süßlich-böse und sieht in ihren pinken Kleidern wunderbar widerlich aus. Auch Helena Bonham Carter als Bellatrix Lestrange ist eine Augenweise – leider hat sie viel zu wenig Leinwandzeit.
Erfreulicherweise zeigt auch Daniel Radcliffe dieses Mal, dass er durchaus schauspielern kann, wenn man ihn lässt. Der Rest der alten Garde um Maggie Smith, Ralph Fiennes, Jason Isaacs etc. agiert wie immer tadellos. Nur Gambon hat es immer noch nicht geschafft, den richtigen Ton für Dumbledore zu treffen. In einer Szene ist der Schulleiter von Hogwarts gar völlig Out of Character, allerdings ist das wohl eher dem Drehbuch anzukreiden.
Fehlt noch ein Wort zur Filmmusik: Dieses Mal stammt sie von Nicloas Hooper, der, ganz ähnlich wie Yates, eher ein Unbekannter ist. Beim ersten Hören des Soundtracks klingt dieser, mit Ausnahme des sehr passenden Umbridge-Themas und der wilden Streicher beim Kampf in der Mysteriumsabteilung, nicht sehr einprägsam, aber jedes Mal, wenn ich ihn wieder höre, entdecke ich eine neue elegante Feinheit.
Mit besagter Kampfszene in der Todeskammer wurde auch erstmal eine richtig tolle Actionszene hinzugefügt, in der erwachsene Zauberer so richtig zeigen können, was sie drauf haben. Die Appariergestalten sind zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber sie gefallen mir immer besser.
Fazit: Trotz einiger Drehbuchschwächen wirkt „Der Orden des Phönix“ runder als die Filme 3 und 4. Hinzu kommen tolle Darsteller, eine tolle Atmosphäre und die beste Actionszene der Reihe.

Harry Potter und der Halbblutprinz

Story: Vom Ausgestoßenen zum Helden: Nach der Verleumdungskampagne im letzten Jahr ist Harry nun, da die Wahrheit ans Licht gekommen ist, plötzlich „der Auserwählte“.
Einen solchen hat die Zaubererschaft wohl auch bitter nötig, denn sie befindet sich im Krieg. Voldemorts Angriffe werden schlimmer und brutaler, weshalb Dumbledore Harry nun persönlich unter seine Fittiche nimmt und ihm wichtige Informationen über die Vergangenheit des Dunklen Lords zeigt. Doch auch Voldemort hat seinen „Auserwählten“: Draco Malfoy soll in Hogwarts ein bestimmte Aufgabe erledigen. Und was hat Horace Slughorn (Jim Broadbent), der neue Lehrer für Zaubertränke mit allem dem zu tun?
Und als wäre das alles nicht schon genug, verliebt sich dieses Jahr auch noch jeder in jeden, was zu weiteren Komplikationen führt.

Kritik: Steve Kloves is back – und leider merkt man’s auch. Der gute Mann wiederholt seine Fehler aus den Filmen 3 und 4 und macht noch ein paar neue dazu. Für meinen Geschmack wird der Fokus viel zu sehr auf die Romantikszenen und viel zu wenig auf Voldemorts Vergangenheit gelegt. Schlimmer als dieser Umstand ist allerdings das Hin und Her zwischen heiterer Romantik und düsterer Bedrohung; weil beides ständig abwechselt, weiß der Zuschauer nie so recht, in welcher Stimmung er sich gerade befinden soll.
Der Angriff auf den Fuchsbau ist ein sehr gutes Beispiel. Mal davon abgesehen, dass Harry sich ziemlich dämlich verhält (was aber nicht das erste Mal wäre) ist dieser Angriff eigentlich recht stimmig – nur leider wirkt er aufgrund des romantischen Gekabbels, das direkt danach kommt, völlig unnötig. Anscheinend hat dieser Angriff der Todesser kaum Nachwirkungen. Derartiges gibt es immer und immer wieder, was die ganze Dramaturgie kaputt macht. Streckenweise wirkt der Film, als wolle man die düstere Stimmung für die jüngeren Zuschauer erträglicher machen. Wenn Regisseur gegen Drehbuchautor arbeitet, kann das eigentlich nicht gut gehen, aber genau diesen Eindruck erweckt der „Halbblutprinz“.
Wenn man sich den Film so anschaut, könnte man fast auf den Gedanken kommen, dass David Yates ganz ähnlich denkt wie ich. Während er die düsteren Szenen in tollen, extrem atmosphärischen Bildern einfängt, scheinen ihn die romantischen Szenen nicht zu interessieren; meistens sind sie freiwillig bis unfreiwillig komisch und wirken fast schon satirisch. Dennoch stört die massive Anzahl dieser Szenen die Atmosphäre der Bedrohung empfindlich. Ebenfalls störend ist die fehlende Präsenz Voldemorts; ich habe Ralph Fiennes in diesem Film schmerzlich vermisst. Der Werwolf Fenrir Greyback (dargestellt von Dave Legeno) taugt leider gar nichts, weshalb Bellatrix Lestrange als Hauptschurkin herhalten muss, und dafür hat sie, trotz guten Spiels, einfach zu wenig Leinwandzeit.
Sehr erfreulich ist die Darstellung Tom Feltons als Draco Malfoy, der sich langsam aber sich als der Begabteste der Jungdarsteller herausstellt. Dieses Mal hat er auch mehr Gelegenheit zu zeigen, was er kann.
Auch Michael Gambons Dumbledore ist dieses Mal besser als in den anderen Filmen. Zwar ist der Gandalfanteil immer noch sehr, aber Gambon gibt sich dieses Mal ordentlich Mühe und spielt einen soliden Schulleiter.
Von den neuen Darstellern sind vor allem Jim Broadbent als liebenswerter Horace Slughorn und die beiden jungen Tom Riddles überzeugend. Helen McRorys Narcissa Malfoy ist dagegen praktisch nicht existent, und über Fenrir Greyback reden wir erst gar nicht.
Nicolas Hoopers Musik ist ähnlich angelegt wie im vorherigen Film, eher dezent, aber passend und atmosphärisch, auch wenn er dieses Mal mehr auf Chöre zurückgreift.
Fazit: Yates leistet in Punkto Atmosphäre wieder tolle Arbeit, aber das Drehbuch ist ziemlich daneben und erweckt den Anschein, als ob es gegen den Regisseur arbeiten würde. Dem wirklich gelungenen Anfang folgt ein Hin und Her zwischen Düster und Heiter, das schließlich von einem ziemlich emotionslosen Schluss gekrönt wird.


Gesamtfazit: Ein solches lässt sich leider sehr schwer finden. Wenn ich die Filmreihe mit einem Wort beschreiben würde, wäre es „durchwachsen“. Die Stile der Regisseure sind viel zu verschieden, als dass man die Filme als Einheit sehen könnte, wie das zum Beispiel bei Peter Jacksons Verfilmung des „Herrn der Ringe“ der Fall ist. Jeder Harry-Potter-Film hat seine Vor- und Nachteile, keiner ist wirklich misslungen, aber keiner ist auch wirklich außergewöhnlich.
Auf die Frage, welcher mir denn nun am besten gefällt, würde die Antwort vermutlich „Film 5 und Film 3“ lauten. Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie die Filme 7.1 und 7.2 werden. Wird Yates es schaffen, sich gegen Kloves durchzusetzen? Wird Ralph Fiennes trotz der Vorlage noch einen guten Voldemort spielen können? Und warum heuert man nicht einfach einen brauchbaren Drehbuchautor an?
Die Antworten gibt es ab November.

Trailer Film 1
Trailer Film 2
Trailer Film 3
Trailer Film 4
Trailer Film 5
Trailer Film 6

Siehe auch:
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1
Die Soundtracks zu den Harry-Potter-Filmen
Der Soundtrack zu Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
Die zehn besten Szenen aus den Harry-Potter-Filmen