„Wanted“, von Autor Mark Millar („Civil War“) und J.G. Jones („Final Crisis“) wird oftmals als „Watchmen der Superverbrecher“ gepriesen. Um es gleich vorneweg zu nehmen: Diesen Anspruch erfüllt „Wanted“ mit Sicherheit nicht, denn was Tiefe, Symbolik, Charakterzeichnung und Genialität angeht, kann es mit Alan Moores Meisterstück in keinster Weise mithalten. Macht aber nichts, denn das muss es auch gar nicht.
Die meisten werden bei „Wanted“ wohl zuerst an die gleichnamige Verfilmung des Comics von Timur Bekmambetov mit James McAvoy und Angelina Jolie denken. Allerdings hat dieser Film mit der Vorlage relativ wenig zu tun. Lediglich die Ausgangssituation ist dieselbe: Wesley Gibson hat ein Scheißleben; einen langweiligen Job, eine Freundin, die ihn betrügt etc. Doch eines Tages erfährt er, dass er anders ist und aus diesem Leben ausbrechen kann…
Während es in der Wanted-Verfilmung um eine ominöse Bruderschaft von Profikillern mit einem merkwürdigen Webstuhl geht, zu denen Wesley gehört, ist es im Comic eine Vereinigung von waschechten Superschurken.
Wie bereits erwähnt kann „Wanted“ den „Watchmen“ bei weitem nicht das Wasser reichen, aber dennoch sind einige Parallelen vorhanden, wie etwas das Ausbrechen aus den Normen des Superheldengenres. Während die Schurken in den normalen Comics am Ende gewöhnlich verlieren, haben sie in „Wanted“ gewonnen: In einer großen Schlacht besiegten die Superschurken die Helden und löschten danach die Erinnerung der Menschen an Helden und Schurken, um die Welt aus dem Geheimen heraus zu regieren.
Zwar handelt es sich bei diesen Schurken nicht um bekannte, sondern um Eigenkreationen von Mark Millar, allerdings sind diese mehr als deutlich an bereits existierende Vertreter dieser Zunft angelehnt. Professor Seltzer etwa (der das rote Cape seines einstigen Erzrivalen aus nostalgischen Gründen aufhebt), ist ganz eindeutig an Lex Luthor angelehnt, auch wenn Seltzer noch Haare hat. Seltzers Rivale in der Superschurkenbruderschaft, Mr. Rictus, ein kompromissloser Perversling, verdankt seine Existenz wohl dem Joker. In Fox erkennte man eindeutig Spuren von Catwoman, während Fuckwit an Bizarro erinnert und so weiter.
Durch diesen Umstand ist Wanted vor allem als etwas derbe Parodie zu verstehen, die in ihren Grundzügen an Garth Ennis‘ „The Boys“ erinnert, allerdings merkt man Mark Millar eine gewisse Liebe zu Superhelden- und Schurken an, während Ennis sie wirklich absolut nicht zu mögen scheint.
Neben der parodierenden Ebene ist Wanted vor allem eine kurzweilige, gut unterhaltende Geschichte ohne Kompromisse mit schönen Zeichnungen. Nichts wirklich außergewöhnliches und ganz sicher kein Meisterwerk, aber durchaus annehmbar.
Fazit: Superhelden und vor allem -schurken Fans können getrost einen Blick riskieren. Wer allerdings etwas sucht, das der Verfilmung ähnelt, muss wohl weitersuchen.